Sie fielen vom Himmel
in der Tür, hatte die Arme seitlich an den Haltegriffen, starrte vorschriftsmäßig geradeaus in Sprungrichtung und wartete auf ein Zeichen. Als es kam, stieß er sich mit den dicken Gummisohlen vom Türrand ab, warf beide Arme in die Luft nach vorn und fiel in den unter dem Flugzeugrumpf stehenden großen Torfkasten. Übungssprung aus der Maschine, nannten sie das, nachdem sie in der Halle an Flaschenzügen hochgezogen worden waren und hin und her schwangen. Plötzlich brüllte dann eine Stimme: »Wind vom Hallentor! In den Wind drehen! Höhe 15 Meter … 10 Meter … 5 Meter … Ab!« Die Haltevorrichtung wurde ausgeklinkt, und man fiel auf eine dicke Matte, über die man sich abrollen lassen mußte. Dann ging es zur Übungstreppe, die bereits einen Ausschnitt hatte wie eine Flugzeugtür, aber man war noch angeschnallt und konnte pendeln. Im Freien wurde das anders … da sprang man frei, die Knochen knackten, und es kam darauf an, den letzten Nerv anzuspannen, um nicht von Lehmann III oder Oberfeldwebel Michels zusammengebrüllt zu werden.
Schütze Walter Dombert kletterte aus dem Torfkasten. Er blickte dabei hinüber zu Eugen Tack, der neben seinem zusammengefallenen Fallschirm stand und von Lehmann III eine Standpauke erhielt.
»Über die Schulter abrollen!« schrie Lehmann III. »Beine vorwerfen … dann zieht Sie der Schirm von allein hoch! Und dann um das Ding 'rum und zusammenreißen! Hundertmal hat der Kerl das in der Halle geübt, hundertmal gesehen! Sie trübe Tasse, Sie! Sie verlorenes Holzauge!«
Eugen Tack stand stramm und sah Lehmann III aus gütigen Augen an.
»Wie sind Sie eigentlich zu den Fallschirmjägern gekommen?!« schrie Lehmann III hochrot. »Gerade zu uns?!«
»Ich fühlte eine innere Berufung dazu«, sagte Eugen Tack leichthin.
Lehmann III riß den Mund auf und zog hörbar die Luft ein. Aber er schwieg. Er war machtlos gegen diese Antwort. Mit einem unverständlichen Gemurmel wandte er sich ab und ging zu Oberfeldwebel Erich Michels hinüber, der am Torfkasten seine Notizen machte.
»Was Neues, Erich?« fragte Lehmann III.
»Nee. Nur 'n Befehl vom Kommandeur. Der Ersatz soll beschleunigt ausgebildet werden! Unser Lehrbataillon wird aufgelöst.«
Feldwebel Lehmann III sah Michels mit schräg gestelltem Kopf an. »Soll das heißen, daß wir wieder …« Er nickte mit dem Kopf zur Seite.
Michels hob die Schultern. – »Möglich. An der Front stinkt es!«
»Scheiße.« Lehmann III klemmte die Flüstertüte unter den Arm und begab sich zurück zu seiner Gruppe. Er jagte Eugen Tack noch viermal mit dem Windesel über den Rasen und war dann froh, als die Übung eingestellt wurde und die Kompanie sich sammelte.
Am Feldrand saß der Unteroffizier Helmuth Kelter und hatte ein Heft vor sich auf den Knien. Mißtrauisch umschlich ihn Lehmann III und tippte ihn auf die Schulter. »Was gibt das, wenn es fertig ist?« fragte er.
»'ne Prüfung mit 1!« Köster sah zu Lehmann auf. »Die Abmessungen der Ju 52 sind«, dozierte er: »Spannweite 29,25 m, Länge 18,9 m, Höhe 4,5 m! Ihre Motoren haben 2.280 PS und können eine Gipfelhöhe von etwa 6.000 m erreichen. Ihre Ausführung in Ganzmetall verhindert die Brandgefahr, Splitterwirkung wie bei Holzbau kann nicht auftreten, sie ist gegen Witterung unempfindlich und braucht keine Halle.«
»Und sonst biste normal, was?!« Lehmann III trat gegen das Heft. Es fiel in den Rasen. »Wer will denn den Quatsch wissen? Die Hauptsache ist, du kommst richtig unten an!«
Köster nickte. »Die Berechnung des Falles stammt von dem englischen Physiker Newton. Die Formel lautet: ½ g × t². Bei wachsender Beschleunigung des Falles brauche ich bei einem Sprung aus 1.600 m, wenn sich der Schirm erst 600 m über dem Erdboden öffnet, bis zur Öffnung des Schirmes genau 15,1 Sekunden. Die 600 m am Fallschirm bis zur Landung dauern etwa 20 Sekunden! Ich bin also innerhalb 35,1 Sekunden aus 1.600 m gelandet!«
»Uff!« Lehmann III schob die Feldmütze in den Nacken. »Du bist als Kind nicht mal hart auf den Kopf gefallen, was? Überleg mal, Helmuth. Überleg ganz scharf! – Glaubst du, die Amis stellen sich unten hin und berechnen deinen Fall? Die heben die Knarre und halten drauf! Die kämmen mit den MGs die ganze Herrlichkeit ab, die da an weißen Seidenpilzchen vom Himmel schaukelt!« Er stellte seine Flüstertüte neben sich und setzte sich zu Köster auf die Wiese. »Hast du gehört: Wir sollen in den Einsatz.«
»Leutnant Mönnig brachte es vom
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