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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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immer daran: Uns geht die Sonne nicht unter!
    »Wieviel Tote?« fragte Dr. Pahlberg, angewidert von seinen Gedanken.
    »Siebenunddreißig, Herr Stabsarzt. Aber bis zum Abend sind es bestimmt fünfzig! Was von der HKL zu uns kommt, ist größtenteils hoffnungslos. Die leichteren Fälle bleiben in den Sammelstellen.«
    »Sparen Sie Tetanus, Krankowski.« Dr. Pahlberg schluckte. Was er zu sagen hatte, war ein Schlag gegen das ärztliche Ethos, war ein Tritt auf den Eid des Hippokrates, dem er sich verpflichtet fühlte mit seiner ganzen Seele. »Bei völlig hoffnungslosen Fällen nicht mehr. Nur noch bei Schußbrüchen und solchen Verletzungen, die Aussicht haben, durchzukommen.«
    »Jawohl, Herr Stabsarzt.« Krankowskis Augen flatterten. »Und die Verbände, Herr Stabsarzt?«
    »Die lassen Sie den armen Kerlen drum. Wir müssen ihnen ja wenigstens etwas lassen …«
    Er ging in den provisorischen OP und drehte an der Kurbel des Feldtelefons. »Nachschub I, bitte, Major Ebert!« Er wartete eine Weile und sah dabei Dr. Heitmann zu, der zwei kleine Pillen auf die Hand schüttete und sie mit einem Ruck in den Mund warf. »Sie sollten das nicht tun, Heitmann«, sagte Dr. Pahlberg leise. »Sie füttern Ihr Herz solange mit Pervitin, bis Sie den schönsten Infarkt bekommen!«
    Dr. Heitmann winkte ab. »Wem sagen Sie das, Pahlberg. Aber ohne dieses Zeug halte ich nicht mehr durch. Ich mache schlapp! Ich bin in meinem Leben nie ein drahtiger Soldat gewesen, immer nur ein Zivilist, ein bullernder, bei den Bauern beliebter Landarzt. Ich bilde mir wenigstens ein, beliebt gewesen zu sein. Ich habe Furunkel behandelt, Beine und Arme geschient, Blinddärme 'rausgenommen, grippale Infekte mit den verschiedenen Mitteln geheilt, Großmütterchens Podagra mit Bienengift eingerieben und einmal – ein seltener Fall – bei einer Bauernmagd eine ausgewachsene Gonorrhöe bekämpft. War übrigens eine Infektion von einem Handelsvertreter für Jauchepumpen! 'ne Pointe für jeden Stammtisch! Tja – und jetzt soll ich Soldat spielen, Knochen zersägen, Mägen aufschlitzen. Gehirne zurückstopfen, zerfetzte Unterleiber potent erhalten. Ich kann das einfach nicht, Pahlberg. Ich habe keine Nerven mehr dazu. Ich klammere mich an dieses verfluchte Pervitin, um überhaupt noch mitzumachen.«
    Das Telefon rappelte. Dr. Pahlberg nahm den Hörer ab. »Herr Major Ebert? Hier Stabsarzt Pahlberg. Feldlazarett in Albaneta. 34. Fallschirmjäger-Division. Ich brauche Mullbinden. Zellstoff, Watte, Tetanus, Morphium, Äther, Jod, Antispasmika. Sauerstoff, Herzmittel … ich brauche einfach alles! Ich habe nur noch 300 Tetanus und keine Binden mehr! Die Verwundeten sterben mir unter den Händen! Nicht einmal genügend Nahtmaterial! Es geht um das Leben unserer Jungs, Herr Major!«
    Er schwieg. Die Stimme am anderen Ende der Leitung sprach. Mit schwerer Hand legte Dr. Pahlberg den Hörer wieder auf. Dr. Heitmann verzog das schlaffe Gesicht. »Nichts, Pahlberg?«
    Dr. Pahlberg nickte. »Gestern ist ein Lastwagen, ein 2-Tonner, mit allem Material an uns abgegangen. Mit allem, was wir brauchen, Heitmann. Der Wagen ist auf dem Weg zu uns verschwunden.«
    »Verschwunden?«
    Dr. Pahlberg drehte sich zum Fenster, seine Stimme schwankte. Er hätte schreien können vor Qual. »Partisanen …«
    Vor dem Haus luden sie neue Verwundete ab.

Drittes Buch

    de mortuis nil nisi bene.
(Sagt über Tote nichts als Gutes)

    RÖMISCHES SPRICHWORT

Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt:
16. Februar 1944 … Das ehrwürdige Bauwerk der Abtei von Cassino, das, wie gestern ge meldet, durch die feindliche Luftwaffe angegriffen wurde, obwohl sich in ihm kein deutscher Soldat befand, ist größtenteils zerstört und niederge brannt …
    General Freyberg, der Kommandeur der auf den Monte Cassino angesetzten neuseeländischen Truppen, saß in seinem Stabsquartier und hielt den Hörer des Feldtelefons in der Hand. Er war erregt, um nicht zu sagen ungeheuer wütend. Immer wieder trommelten seine Finger auf die Tischplatte und schoben nervös die großen Karten hin und her, auf denen, zusammengestellt aus Luftaufnahmen der Aufklärer, das Gebiet um Cassino, durchsetzt mit den taktischen Kreisen und Pfeilen der einzelnen angreifenden Regimenter, abgebildet war. Am anderen Ende der Telefonleitung saß General Alfred M. Gruenther, der Stabschef General Clarks. »So geht das nicht weiter!« schrie Freyberg in den Hörer und beugte sich über den Tisch, seine Faust auf die Karte des Monte

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