Sie fielen vom Himmel
»daß die Abtei auf meinem Zielplan verzeichnet steht! Auf alle Fälle wünsche ich, daß das Kloster bombardiert wird! Unverzüglich, General Gruenther! Alle anderen Ziele sind unwichtig! Meine Regimentskommandeure sind der Ansicht, daß der Schwerpunkt der deutschen Verteidigung im Kloster zu finden ist! Ich schließe mich dieser Ansicht an!«
General Gruenther blickte auf die Bilder, die vor ihm lagen. Die wundervolle Abtei, die Höfe und Wandelgänge … deutlich konnte man sie erkennen. Aus 70 Meter Höhe hatten seine Aufklärer diese Aufnahmen gemacht. Von einem deutschen Soldaten, einer deutschen Stellung war nichts zu sehen. Das Kloster war unbesetzt!
»Bei der Bedeutung solcher Ziele und Entscheidungen muß ich erst den Rat General Clarks einholen. Bitte, melden Sie sich wieder, General Freyberg.«
Er legte den Hörer auf, ehe Freyberg weitertoben konnte, und versuchte, Clark zu erreichen, der sich im Landekopf von Anzio aufhielt. Als dies mißlang, wandte sich Gruenther in seiner Not an General Harding, den Stabschef General Alexanders, des Oberkommandierenden.
»Harding«, sagte er stockend. Seine Stimme war heiser vor Erregung. »Freyberg drängt mich, das Kloster von Monte Cassino zu bombardieren. Er vermutet starke deutsche Stellungen auf dem Klostergelände. Nach seiner Ansicht haben sie das Kloster zu einer Festung ausgebaut. Das ist Unsinn! General Clark hat bereits vor Tagen mit den Generälen Keyes und Ryder gesprochen, die mit ihren Korps seit Wochen vor und neben Cassino liegen! Sie haben bestätigt, daß das Kloster nicht besetzt ist und keine Notwendigkeit zu seiner Bombardierung besteht!«
»Und Freyberg?« fragte Harding zurück.
»Freyberg allein ist anderer Ansicht! Er behauptet, daß das Kloster schuld sei, daß seine Neuseeländer sich am Fuß des Berges verbluten! Er will den Riegel mit einem ungeheuren Feuerüberfall aufsprengen und die zerstörten Stellungen besetzen. Wir hätten so den Weg ins Liri-Tal und nach Rom frei.« Gruenther tupfte sich die Stirn, er schwitzte plötzlich. »Aber die Stellungen liegen unterhalb des Klosters, Harding. Unterhalb!«
Harding schwieg. Dann, nach einer ganzen Weile des Schweigens, sagte er: »Ich werde dem Oberkommandierenden darüber Vortrag halten.«
Bis zum Nachmittag des 12. Februar wartete General Gruenther auf eine Nachricht Alexanders. Clark hatte – als er erreicht wurde – wiederum eine Zerstörung des Klosters strikt abgelehnt. Freyberg saß am Telefon und drängte. Seit dem 11. Februar rannten die indischen Truppen gegen Cassino an und brachen im Feuer der Fallschirmjäger zusammen. Am Nachmittag des 12. Februar hielt Gruenther die Antwort Hardings in der Hand. Er überlas sie immer wieder und fuhr mit ihr zum Gefechtsstand Clarks. Der große, schlanke, schmalköpfige amerikanische Befehlshaber der 5. Armee blickte auf das Papier.
»Wenn General Freyberg es für erforderlich hält, ist die Abtei zu bombardieren. Alexander.«
Clark warf den Zettel weg. »Nie!« rief er. »Nie würde ich einen solchen Befehl geben, wenn Freyberg ein amerikanischer General wäre! Aber er ist Neuseeländer, das Liebkind Alexanders! Ich werde mit Alexander sprechen!«
Die Aussprache war kurz, knapp, eisig. »Wenn Freyberg sagt, das Kloster ist befestigt, dann muß ich mich auf das Urteil dieses erfahrenen Mannes verlassen!« entgegnete Alexander auf die Vorhaltungen Clarks. »Ich bedauere es tief, daß ein solch schönes und altes Bauwerk der Zerstörung zum Opfer fällt, aber sie ist gerechtfertigt, wenn die Deutschen es zu militärischen Zwecken entweihen. Schließlich sind mir meine Leute mehr wert als ein Haufen historischer Steine! Wir stehen vor der Frage: 10.000 Tote oder Zertrümmerung eines Steinklotzes, den man ja später wiederaufbauen kann!«
General Clark schlug erregt die Hände aufeinander. »Wir haben keine Beweise! Es sind Vermutungen Freybergs. Er kommt nicht weiter und sucht einen Grund! Bedenken Sie, Herr General: Im Kloster befinden sich fast 1.300 italienische Flüchtlinge. Kranke, Greise, Verletzte. Ein Luftangriff bedeutete ihren Tod! Den Tod von Hunderten unschuldiger Frauen und Kinder! Und wenn die Deutschen das Kloster jetzt wirklich noch nicht besetzt haben, werden sie sich nach der Bombardierung sicherlich in den Trümmern festsetzen! Wissen Sie, was das heißt? Es gibt keine bessere Verteidigungsstellung als Trümmer! Kein Dach kann einstürzen, kein Haus brennt mehr … aber Berge von Schutt und Steinen schützen
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