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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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Zeugnisse, und die konnte ich nicht vorzeigen.
    Nachdem ich ein paar Wochen gesucht hatte, fand ich Arbeit in einem Café, wurde aber drei Tage darauf wieder hinausgeworfen, als ein paar Gäste mich erkannten. Deshalbfreute ich mich auch so über einen Anruf von Gul, die mich fragte, ob ich nicht wieder am Empfang in ihrer Wohnung arbeiten wolle, denn sie hatte ihren Klub inzwischen wieder eröffnet. Obwohl ich eigentlich nicht in diese Welt zurückwollte, brauchte ich doch das Geld, also stimmte ich zu.
     
    Bald nach meiner Rückkehr brachte Gul ein neues Mädchen in die Wohnung. Englische Mädchen arbeiteten nicht für sie, denn sie verlangte von allem, was die Frauen verdienten, die Hälfte. Die Neue jedenfalls, die sehr jung und verängstigt war, kam ganz offensichtlich aus dem Ausland. Mir war sofort klar, dass es ihr so erging wie mir.
    »Sie wird hier schlafen, damit du ein Auge auf sie haben kannst«, sagte Gul, denn wenn ich nachts arbeitete, blieb ich anschließend in der Wohnung. »Sie schuldet einem Freund von mir Geld und muss schnell was verdienen, also gib ihr jeden Kunden, den du ihr zuteilen kannst.«
    Ich achtete darauf, freundlich zu der Neuen zu sein, und nach ein paar Tagen erzählte sie mir ihre Geschichte. Sie dachte, sie könne mit den richtigen Papieren und einem Arbeitsvertrag ganz legal von Russland nach England gehen. Doch nachdem die Männer, die die Reise arrangiert hatten, sie am Flugplatz abgeholt hatten, sperrten sie sie ein, vergewaltigten sie und sagten ihr dann, sie schulde ihnen zwölftausend Pfund für die ganze Mühe, die sie damit gehabt hätten, sie in dieses Land zu bringen.
    »Ich muss das ja bloß sechs Monate lang machen, dann werden sie mich gehen lassen«, fügte sie unter Tränen hinzu.
    Aber ich wusste selbstverständlich, dass es nie so kommen würde.
    »Du musst unbedingt weglaufen«, sagte ich zu ihr. »So viel Geld verdienst du hier nie im Leben. Die behalten dich ewig.«
    So wie Naz seinerzeit mir geholfen hatte, versuchte ich jetzt, diesem Mädchen Mut zu machen. Ich war genau wie diese Kleine gewesen – so voller Angst, dass ich beinahe wie gelähmt gewesen war –, und ich hatte damals nur einen einzigen Menschen gebraucht, der mir half, einen Ausweg aus all dem zu sehen. Nach ungefähr einer Woche hatte ich sie überzeugt, dass sie fliehen sollte, und in der Zeit sparte ich heimlich etwa hundert Pfund für sie, bis sie bereit war zu flüchten.
    »Ich schließe die Tür nicht ab, wenn wir ins Bett gehen, dann kannst du früh am Morgen raus, wenn ich noch schlafe«, sagte ich.
    »Aber willst du denn nicht wissen, wohin ich gehe?«, fragte sie.
    »Nein«, antwortete ich. »Wenn ich das weiß, zwingt mich am Ende noch einer, es zu verraten.«
    Am Tag darauf erzählte mir Gul, dass das Mädchen verschwunden sei. Ich tat so, als sei ich schockiert und wütend.
    »Dieses Miststück!«, rief ich. »Einen Schwamm wollte sie sich kaufen, hat sie gesagt, also habe ich sie raus zu den Geschäften gelassen.«
    »Aber wie konntest du nur so dumm sein?«, kreischte Gul.
    »Na ja, sie ist vorher auch schon mal draußen gewesen und immer wiedergekommen, also habe ich mir nichts dabei gedacht. Tut mir leid.«
    Gul war so wütend, dass sie mich in ein Pub mitnahm, wo die Zuhälter des Mädchens warteten. »Nun erklär denen das mal schön«, zischelte sie.
    Die Männer waren regelrechte Gangster, und allein bei ihrem Anblick bekam ich es schon mit der Angst. Stundenlang befragten sie mich, erkundigten sich danach, was die Kleinegesagt hatte, wohin sie meiner Meinung nach gegangen sein könnte, worüber wir geredet hätten, aber ich nahm all meinen Mut zusammen und verriet ihnen nichts. Meine Jahre als Prostituierte hatten mich immerhin gelehrt, meine Gefühle zu verbergen und solche vorzuspielen, die ich gar nicht empfand.
    »Also hören Sie, ich bin genauso entsetzt wie Sie, und ich bin richtig wütend auf die kleine Kuh!«, schimpfte ich. »Meinen Job aufs Spiel setzen oder Ärger mit euch Typen kriegen, das ist nun wirklich das Letzte, was ich brauchen kann. Ich will einfach nur in Ruhe leben, okay? Ich habe keine Ahnung, wo das Miststück hin ist, ich habe mich ja nie für sie interessiert. Sie war bloß eine Neue, die nichts zu erzählen hatte. Zu mir hat sie nie ein Wort darüber gesagt, wo sie herkommt oder wo sie hingehen will. Um ganz ehrlich zu sein, ich bin überrascht, dass sie den Mumm hatte abzuhauen.« Lässig zog ich an meiner Zigarette und verbarg meine

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