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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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bleiben, bis ich es wieder brauchte.
    Ich war ganz aufgekratzt, als ich die Frisierkommode wieder an ihren Platz zurückschob. Einige Wochen zuvor hatte ich angefangen, meine Trinkgelder zu sparen, und inzwischen hatte ich schon fast sechzig Pfund. Bis dahin hatte ich die fünf oder zehn Pfund extra, die Freier mir nach einem Termin gegeben hatten, immer an Ardy weitergereicht. Aber jetzt hatte ich angefangen, etwas von dem Geld heimlich zu horten und in meinem BH oder im Schuh zu verstecken, bis ich nach Hause kam. Ardy war in letzter Zeit so locker mit mir, so sicher, dass ich ihm nie Schwierigkeiten machen würde, dass er mir nicht mal mehr dabei zusah, wenn ich mich auszog. Nach all diesen Monaten glaubte er endlich, ich hätte akzeptiert, was ich war, und ich sei jetzt gezähmt, mein Wille sei gebrochen.
    Aber seit meinem Gespräch mit Ira war irgendetwas in mir wieder aufgewacht. Es gab Hoffnung, es gab eine Chance – ich musste sie bloß ergreifen und alles in meiner Macht Stehende tun, um diese Hoffnung Wirklichkeit werden zu lassen. Ich war Mutter und durfte nichts unversucht lassen, um meinenKindern zu helfen. Ich wusste nicht, wo Pascha war, aber eines Tages würde ich ihn finden. In der Zwischenzeit wollte ich Sascha und Luda unterstützen. Langsam, ganz langsam würde ich weitersparen, bis ich genug zusammenhatte, um es nach Hause zu schicken. Ich würde erst wieder anrufen, wenn ich mein Versprechen halten konnte. Die Chance, mit den Kindern zu sprechen, würde ich mir versagen, bis ich etwas für sie tun konnte.
    Ich hatte Angst, war aber gleichzeitig voller Vorfreude und ganz aufgeregt, als ich das Geld versteckte. Ich musste es schaffen, dass mehr Freier mir noch mehr Trinkgeld gaben, und zu dem Zweck musste ich mich ungeheuer anstrengen, um ihnen zu gefallen – ich musste ihnen in die Augen schauen, lächeln, wenn sie mit mir redeten, und ihnen schmeicheln, wenn sie mich berührten. An den fetten Mann oder einen von den anderen Kunden dachte ich nicht, wenn sie in mich eindrangen. Ich dachte bloß an das hinter der Tapete versteckte Geld.
    Alles war ruhig, als ich mich aufrichtete und die Frisierkommode betrachtete. Ich lächelte in mich hinein und ging unter die Dusche.
     
    »Zieh alles aus«, sagte Ardy ruhig.
    Ich war gerade von der Arbeit gekommen, und er war mir nach oben gefolgt.
    »Was soll das heißen?«
    »Ich sagte, zieh alles aus.«
    »Aber wieso?«
    »Ich will dich einfach sehen.«
    Ardy war wütend. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. In meinem BH hatte ich fünfzehn Pfund versteckt. Wusste er von dem Geld hinter der Tapete?
    »Ich möchte dir etwas sagen«, erklärte ich hastig. »Ich habe heute Trinkgelder bekommen.«
    »Ach ja?«
    »Ja.«
    »Nur heute?«
    »Ja.«
    »Hm«, machte er bloß und sah mich weiter an. »Und weißt du auch, was heute noch passiert ist? Ich habe Geld gefunden.«
    »Ja, wirklich? Wo?«
    »Hinter der Tapete. Da waren Abdrücke auf dem Teppich vor der Frisierkommode zu sehen, und da ist mir klar geworden, dass jemand sie bewegt haben musste; also habe ich nachgesehen.«
    »Das ist ja merkwürdig«, sagte ich. »Wo mag das herkommen?«
    Ohne ein weiteres Wort schlug mich Ardy. Der Schmerz explodierte in meinem Gesicht, als ich nach hinten flog.
    »Was soll denn das?«, schrie ich.
    »Das fragst du noch? Du verdammtes Miststück.« Er packte mich bei den Haaren, zog mich zur Frisierkommode und machte eine Schublade auf. Da lagen die Geldscheine, die ich versteckt hatte.
    »Da hast du deine Antwort!«, rief er. »Das ist doch wohl dein Geld, oder? Glaubst du etwa, mir ist nicht aufgefallen, wie fröhlich du in letzter Zeit warst? Glaubst du, Defrim und Anna ist das nicht auch aufgefallen? Hältst du uns alle für komplette Idioten?«
    Wieder schlug er mich, und mich packte die Wut. Ich musste mir ganz schnell etwas einfallen lassen.
    »Was soll denn das?«, kreischte ich. »Das war doch für deinen Geburtstag. Das war für dich, das Geld.«
    »Was?«
    Abrupt ließ Ardy mich los, und ich spürte ein Rinnsal Blut auf meinem Gesicht, als ich ihn flehentlich ansah. »Ja, für deinenGeburtstag, oder hast du etwa nie Geburtstag? Ich weiß, das ist erst in ein paar Monaten, aber ich wollte dir etwas wirklich Schönes besorgen. Eine Überraschung.«
    In seinem Gesicht spiegelte sich Verwirrung. »Und was wolltest du für mich besorgen?«
    »Ich habe da was gesehen.«
    »Wo? Du gehst doch nie aus dem Haus.«
    »Einmal im Supermarkt. Defrim hat mich

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