Sie haben sich aber gut gehalten!
schon gewundert. Wie vernünftig, dir einen Grill zu wünschen, Rosemarie.»
Meine Geduld ist am Ende. «Nein, ich habe mir keinen Ziegelgrill gewünscht!», erkläre ich mit Nachdruck. «Und ich möchte auch keinen, denn Fleisch –»
«Fleisch gehört in die Pfanne.» Lotte erscheint auf der Terrasse, Herbert im Schlepptau. «Gebratenes auf offenem Feuer ist krebserregend. Gefällt dir der Kuchen, Liebchen? Haben Marie und ich gebacken. Keine Panik», grinst sie, als sie meine entsetzte Miene registriert. «Die Küche ist schon wieder aufgeräumt, und wir können feiern. Es gab keine Brände oder Unfälle, und alles ist an seinem Platz.»
Langsam wird mir Lotte unheimlich. Sie steht in letzter Zeit einfach zu oft auf meiner Seite. Zerstört oder angezündet hat sie heute auch noch nichts – der verschüttete Kaffee war das einzige Missgeschick.
«Also, meine Lieben», hebt Volker gewichtig an wie der Clanvorstand. «Es hat etwas länger gedauert … Ich musste ewig rumtelefonieren … Offensichtlich werden heute mal wieder alle Mütter der Stadt ausgeführt … Aber dank meiner Kontakte ist es mir gelungen, doch noch einen Tisch fürs Mittagessen zu ergattern … Ich würde vorschlagen, ihr werft euch in Schale, und dann fahren wir los.»
«Und mein Bauvorhaben?» Fabian ist nicht gewillt, so einfach von seinem Plan abzulassen.
«Damit kannst du später beginnen, Sohn. Heute führe ich die Familie zur Feier des Tages aus.»
«Menno», mault Fabian wie ein aufmüpfiger Teenager, widerspricht aber nicht weiter und verzieht sich.
Ich wundere mich über seine Einsicht, und besonders über meinen Exmann. Er lässt plötzlich wieder den fürsorglichen Familienvater raushängen!? Und Ruth? Eins, zwei, drei vergessen? Dazu sein seltsames Benehmen vorhin in meinem Schlafzimmer und wie er jetzt den Hausherrn mimt. Also, bei allem freundschaftlichen Umgang miteinander, ich rieche den Braten doch meilenweit.
Misstrauisch beobachte ich ihn aus den Augenwinkeln. Das Alphamännchen blickt selbstherrlich in die Runde, als wolle er die Mitglieder seines Rudels abzählen.
«Wo ist eigentlich Juliane?», fragt er dann tatsächlich.
Ah! Der Erzeuger hat gemerkt, dass ein Junges fehlt.
«Sie war auf einer Party und hat bei einer Freundin übernachtet, wollte aber gegen Mittag zurück sein», sagt Lotte. «Sie wird bestimmt gleich anrauschen.»
Charlie angelt sein Handy aus der Hosentasche. «Ich versuche mal, sie zu erreichen. In welchem Restaurant hast du reserviert, Papa? Juliane kann doch direkt hinkommen», schlägt er vor.
«Im
Garden
», antwortet Volker. «Das ist ein Wintergarten-Restaurant im Hotel Bayerischer Hof.»
Julianes Handy ist ausgeschaltet, also sendet Charlie eine SMS , und Volker ist zufrieden.
«Diese Handys sind wirklich ein Segen», lächelt Lotte ihrem Lieblingsenkel zu.
Mein Vater nickt mit glänzenden Augen. Was auch immer Lotte sagt oder tut, er ist hellauf begeistert.
Nicht nur die sanftmütige Marie hat Charlie gut im Griff, stelle ich fest. Auch Chaos-Lotte beherrscht diese Disziplin, wenn auch mit anderen Mitteln. Mit was auch immer sie meinen Vater verhext hat, seine Wäsche zu waschen gehört leider nicht ins Programm.
Volker dagegen scheint den betont zärtlich Umgang zwischen meinem Vater und seiner Mutter absichtlich zu ignorieren. Geschäftig drängt er erneut zum Aufbruch. «Trödelt nicht rum, Kinder, der Tisch bleibt nicht ewig reserviert.»
Es dauert eine Weile, bis alle ausgehfein zurechtgemacht sind. Zwei Badezimmer sind dem Ansturm einfach nicht gewachsen. Als endlich alle fertig sind, versammeln wir uns im Erdgeschossflur. Volker hat sich das passende Jackett zur Hose übergezogen. Die beiden Jungs haben sich in saubere Jeans, weiße Hemden sowie Jacketts geworfen. Charlie hat sogar auf seine unvermeidliche Mütze verzichtet. Marie trägt ein ärmelloses weißes Sommerkleid, dazu goldene Sandalen und eine goldene Beuteltasche über der Schulter. Ich habe mein Make-up aufgefrischt, eine Perlenkette umgelegt und die dazu passenden Ohrringe angesteckt.
Bevor wir das Haus verlassen, übernimmt Volker generalstabsmäßig die Fahrtaufteilung. «Charlie, Marie und Fabian fahren bei mir mit, Herbert und Lotte in Rosys Wagen.»
«Wir steigen schon mal ein», sagt Charlie, nimmt seine Marie an der Hand und zieht auch Fabian hinter sich her.
Mein Vater verzieht unwillig den Mund. Offensichtlich möchte er sich nicht
verteilen
lassen. «Kleine Planänderung», gibt er
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