Sie haben sich aber gut gehalten!
Mike Mozart», sage ich lächelnd und erwidere seinen warmen Händedruck. «Sind Sie denn auch in der Musikbranche tätig wie Amadeus?»
«Mozart ist DJ , und zwar der beste und coolste in ganz München», antwortet Juliane schwärmerisch. «Wie er Klassik mit Rap und Rock zu einem mega-avantgardistischen Sound mischt, einfach genial.»
«So, so, dann legen Sie also Platten in Diskotheken auf,
Herr
Mozart!?», mischt sich Volker plötzlich ein, der zu uns getreten ist.
Ein lautes «Juhuuu» unterbricht die Befragung des
Herrn
Mozart. Lotte schlendert an Herberts Arm auf uns zu. Sie trägt ein farbenfröhliches Hawaiihemd und die rosa Schlangenlederstiefel zu weiten schwarzen Männerhosen, die in der Taille von einem grünen Gürtel zusammengehalten werden. Mein Vater hat sein volles Haar mit Gel gebändigt und sich in einen dunklen Anzug gezwängt – was er höchst ungern und nur zu ganz besonderen Anlässen tut. Ob er sich mir zuliebe oder für Lotte überwunden hat, bliebe zu klären. Für wen auch immer, in dieser Aufmachung könnte er sofort als Eintänzer auf einem Luxuskreuzfahrtschiff anheuern. Als Paar sind die beiden nicht weniger schillernd als meine blonde Tochter in ihrem modischen lavendelfarbenen Minikleid neben dem schwarzgekleideten Glatzkopf-Mozart.
Volker hasst jegliche optische Auffälligkeiten, was auf Lottes Konto geht. Weshalb er ihre Ankunft als willkommene Gelegenheit ergreift, die ganze Versammlung aufzulösen. «So, nachdem wir vollzählig sind, können wir endlich los! Du fährst bei deiner Mutter mit», wendet er sich an Juliane, lässt Mozart einfach stehen, als wäre er Luft, und stellt damit klar, dass ihr neuer Freund nicht willkommen ist.
Charlie, Marie und Fabian steigen wortlos wieder in Volkers Wagen.
Mein Vater geleitet Lotte zu seinem Auto und öffnet ihr galant die Tür, was sie mit einem kichernden «Vielen Dank, Berti!» quittiert und uns ein fröhliches «Bis später!» zuruft.
«Wohin mitfahren?» Juliane zieht unwillig die Stirn kraus. Ihr Blick wandert von ihrem Vater zu mir. «Wieso ist Papa überhaupt hier?»
«Heute ist Muttertag, und Lotte ist
meine
Mutter, falls du das vergessen hast, junge Dame», weist er sie zurecht.
Juliane zuckt mit den Schultern. «Nee, hab ich nicht. Dann verrate mir doch, wohin du die ganze Sippschaft entführst.»
«Ins
Garden
, zum Brunch! Also steig ein, unser Tisch wartet.» Und zu mir gewandt: «Du kannst mir nachfahren, ich habe ein Navi und weiß, wo man am besten parken kann.»
Das Alphatierchen denkt mal wieder an jeden, amüsiere ich mich über seine Fürsorglichkeit. Besuchern gegenüber benimmt er sich jedoch wie ein ungehobelter Schnösel. Aber ich weiß, dass seine Spießigkeit der anhaltenden Rebellion gegen Lotte entspringt. Immer noch versucht er, seiner flippigen Mutter den wohlgeratenen Sohn vorzuleben, und lehnt alles Unkonventionelle ab. Solange er es verhindern kann, nisten sich in seiner Familie keine unangepassten Individuen ein.
«Danke, Volker, aber das ist nicht nötig», antworte ich mit honigsüßem Lächeln. «Zum Bayerischen Hof finde ich auch allein.»
Er funkelt mich kurz an, als wolle er Alleingänge nicht dulden, zuckt dann aber doch nur die Schultern. «Wie du meinst.» Damit steigt er hocherhobenen Hauptes in seinen Wagen, knallt die Tür zu und braust mit quietschenden Reifen davon.
«Ja, bis gleich!», rufe ich ihm nach und wende mich wieder Mozart zu, der neben Juliane unschlüssig von einem Bein aufs andere tritt. «Sie sind natürlich herzlich eingeladen. Falls Sie keine anderweitigen Verpflichtungen haben», füge ich hinzu und deute auf mein Auto.
«Vielen Dank, Frau Wittgenstein, ich nehme die Einladung sehr gern an!», antwortet er höflich. «Darf ich dann vielleicht die Fahrt übernehmen?»
Angenehm überrascht von so viel gutem Benehmen, nicke ich, mustere dann aber etwas unschlüssig sein schwarzes Monster-Fahrzeug. Dieses Ding mit den wuchtigen Reifen sieht eher nach aggressivem Fahrverhalten aus als nach Gemütlich-durch-die-Gegend-Zuckeln.
Mozart scheint meine Bedenken zu ahnen. «Ich fahre seit zwölf Jahren unfallfrei und bin Antialkoholiker. In meinem Panzer wird Ihnen nichts geschehen», versichert er grinsend.
«Das ist natürlich ein Argument», entgegne ich. «Vor allem, weil ich immer schon mal in einem
Panzer
fahren wollte.»
Wohlerzogen hilft Mike Mozart mir auf den Beifahrersitz und Juliane beim Einsteigen auf den Rücksitz. Während er dann um den Wagen herum
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