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Sie haben sich aber gut gehalten!

Sie haben sich aber gut gehalten!

Titel: Sie haben sich aber gut gehalten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilli Beck
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Kindergartenkinder an einem ganzen Tag nicht.
    Lässig schiebt Volker die Hände in die Hosentaschen. «Ich hätte einen Vorschlag», sagt er und übergeht die unangenehme Frage.
    Typisch! Darin ist er Weltmeister. Sobald es für ihn unerfreulich werden könnte, weicht er aus, wohl in der Hoffnung, dass sich dann alles von selbst erledigt. Ähnlich wie Lottes Ablenkungsmanöver. Scheint in der Familie zu liegen. Damit hat er mich schon immer auf die Palme gebracht. Besonders in der Zeit, als sein Verhältnis zu Ruth begann, überhörte er meine Fragen nach seinem Zuspätkommen kategorisch.
    «Raus damit!», erwidert Lotte aufgeregt.
    Ich hebe nur skeptisch die Augenbrauen und rechne mit dem Schlimmsten. Für einen Moment scheint es, als wolle er sich zu uns aufs Bett setzen. Na, das brauche ich dringend. Mir genügt es, dass er mein Schlafgemach überhaupt betreten hat. Der nächste Gedanke lässt mich frösteln. Hat er sich etwa von Ruth getrennt und will mir Avancen machen? Das hört man ja immer wieder. Die junge Geliebte hat genug von dem alten Sack, der sie mit seinen eingefahrenen Gewohnheiten und Macken an den Rand der Verzweiflung treibt, und setzt ihn kurzerhand vor die Tür. Der Streit scheint jedenfalls noch nicht beigelegt zu sein, sonst hätte er doch längst seinen Koffer geschnappt und wäre zurückgeeilt zu der Frau, die ihn angeblich wortlos versteht.
    «Falls ihr für den heutigen Tag noch keine Pläne habt, würde ich …» Seine Stimme klingt freundlich-sachlich, aber auch ein klein wenig unsicher.
    Die Türglocke unterbricht Volkers Rede.
    Lotte springt wie von der Tarantel gestochen auf (im letzten Moment kann ich gerade noch das Tablett zur Seite ziehen) und saust mit einem kichernden «Das muss Herbert sein!» davon.
    Ich bleibe zurück.
    ALLEIN mit meinem Exmann. Im Schlafzimmer!

[zur Inhaltsübersicht]
    19
    U ngewollt muss ich an John denken. Wenn er die Szene sehen könnte … Würde er meiner Erklärung glauben oder die Situation missverstehen? Volker tut das anscheinend. Denn er mustert mich unverwandt, als erwarte er eine Aufforderung – zu was auch immer.
    Na super!
    Peinliche Stille breitet sich aus. Unbehagen kriecht meinen Rücken hoch. Automatisch ziehe ich die Decke unters Kinn. Nur mit Mühe gelingt es mir, nicht ausfallend zu werden. Dabei würde ich ihn am liebsten hochkant aus meinem Schlafzimmer werfen.
    «Hübsch hier», durchbricht Volker das Schweigen. Aufmerksam blickt er sich um und sucht dabei immer wieder meinen Blick.
    Ich fasse es nicht! Nicht mal, als wir noch glücklich verheiratet waren, hat er sich dermaßen intensiv für Einrichtung oder Möbel interessiert. Was soll jetzt plötzlich diese alberne Schmeichelei? Hegt er irgendwelche Hintergedanken? Flirtet er etwa mit mir?
    «Hmm», brumme ich mit eisiger Miene. Insgeheim frage ich mich, ob er die peinliche Situation absichtlich ignoriert oder so unsensibel ist und einfach nicht spürt, wie unpassend seine Anwesenheit ist.
    Unvermittelt schlendert er zum Fenster und befühlt mit fachmännischem Gemurmel die Vorhänge. «Es ist so … Wie soll ich sagen …», stottert er.
    «Feminin?», zische ich scharf, als wäre ich die Chefin eines Sado-Maso-Etablissements.
    Begeistert nickt er mir zu. «Ja, genau! Wirklich sehr feminin.» Er wendet sich wieder um und starrt schweigend aus dem Fenster.
    Er muss sofort raus hier, beschließe ich. Und einen Lidschlag später fällt mir das passende Rausschmeißer-Thema ein: «Was von Ruth gehört?»
    «Bitte?» Abrupt dreht er sich um. Seinem geschockten Blick nach zu urteilen, könnte man meinen, ich hätte ihm eine unsittliche Frage gestellt.
    «Ruth!», wiederhole ich genervt. «Du erinnerst dich? Die Frau, mit der du zusammenlebst. Ihr hattet Streit. Muss ja ziemlich heftig gewesen sein, wenn du mitten in der Nacht mit Sack und Pack hier aufkreuzt.»
    «Ach, na ja …» Er windet sich wie ein Aal, fasst sich mit den Fingern in den Kragen, als müsse er ihn lockern, um Luft zu bekommen.
    Ha! Ganz offensichtlich sucht er verzweifelt nach einem Weg, der Inquisition zu entkommen.
    Ein nicht zu identifizierendes Poltern aus dem Erdgeschoss löst uns aus der Erstarrung.
    Erschrocken fahre ich hoch. «Was war das?», frage ich und lasse mich gleich darauf wieder in die Kissen zurückfallen. Egal was da unten vor sich gehen mag, Hauptsache, es treibt Volker endlich aus dem Zimmer.
    «Keine Ahnung.» Er hebt die Schultern, blickt Richtung Tür und verkündet schließlich:

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