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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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gottgewollter Kaiser des Römischen Reiches. Wer könnte ihn zur Abdankung zwingen?« Er schüttelte den Kopf. »Da müsste schon sein Sohn aus Konstantinopel mit einem Heer anrücken, um den Alten in ein Kloster zu verbannen. Meinst du, der junge Konstantinos wird das tun, während die Sarazenenflotte schon die Inseln nahe der Hauptstadt verheert? Nur weil ihn ein Klagebrief aus Syrakus erreicht?«
    Pelagia presste die Lippen zusammen und starrte grimmig nach vorne, wo bereits die Häuser des Vorortes Daphne zu erkennen waren. Dort lag ein Badehaus, das der Kaiser gerne aufsuchte. Seit ihrem Auftritt in seinem Palast, befahl er Pelagia gelegentlich, so auch heute, ihn von einem Nebenraum aus mit Musik zu unterhalten, während er sich im Dampfbad räkelte.
    »Wenn er tot wäre«, überlegte sie nach einer Weile laut, »dürfte ihm wohl kaum jemand eine Träne nachweinen. Die Exarchen in Karthago und Ravenna wären gewiss erleichtert. Und Papst Vitalianus? Der ist vom Kaiser oft genug gedemütigt worden. Denk daran, dass Konstans ihm erst vor kurzem die Oberhoheit über den Bischofssitz von Ravenna entzogen hat. Das hat ihn wohl mehr gekränkt als die Ausplünderung Roms. Er könnte voll heimlicher Freude einen Trauergottesdienst anberaumen, während in Rom, Syrakus, Karthago und Konstantinopel das Volk auf den Straßen tanzt …«
    »So etwas darf man nicht einmal denken!«, gab der Cubicularius erschrocken zurück. Doch die junge Frau sah, wie er die Stirn in Falten legte und nachzudenken schien.
    »Mit achtunddreißig Jahren ist er zwar noch nicht alt, aber wenn ihm beispielsweise das heiße Bad nicht bekäme …«, fuhr sie fort.
    »Und warum sollte das gerade jetzt geschehen?«, entgegnete Andreas zweifelnd.
    »Was weiß ich«, erwiderte Pelagia mit unschuldiger Miene. »Ich bin doch nur ein schwaches Weib!«
    Den Rest der Strecke schwieg sie, beobachtete aber aus den Augenwinkeln den jungen Mann neben sich.
    Nachdem sie an dem Abend vor zwei Wochen zu Mizizios zurückgekehrt war, hatte sie vergeblich versucht, etwas von ihm über die Versammlung zu erfahren. Und so hatte sie all ihren Mut zusammengenommen und Andreas angesprochen. Sie hatte ihn nicht lange drängen müssen – zu groß war sein Zorn auf den Kaiser und gemeinsam hatten sie oft die Missstände am Kaiserhof beklagt. Pelagia wusste zudem, dass der Kaiser dem Stadtpräfekten befohlen hatte, einen Haufen Goldstücke zu beschaffen. Und sie hatte auch munkeln gehört, was mit Andreas' Vater geschehen könnte, sollte es ihm nicht gelingen, die geforderte Summe aus den Einwohnern von Syrakus herauszupressen. Das Auspeitschen oder Abschneiden von Nase und Ohren gehörte dabei keineswegs zu den schlimmsten Strafen, die bei der Missachtung der kaiserlichen Befehle drohten.
    ***
    Als sie das Badehaus erreichten, zeigte aufsteigender Rauch, dass bereits eingeheizt war. Die Soldaten hockten sich unter dem Säulengang auf den Boden, wo sie lautstark zu würfeln begannen. Andreas folgte dem Kaiser nach innen, während Pelagia in einem Nebenraum ihre Kithara aus einem Lederbeutel zog. Sobald ihr Andreas das Zeichen geben würde, dass Konstans in der großen Steinwanne lag, würde sie sich in eine Ecke des Raumes setzen und mit ihrem Spiel beginnen. Doch diesmal schien es länger zu dauern. Nach einiger Zeit wurde sie neugierig, nahm ihr Instrument und schlich hinüber. Als sie um die Ecke lugte, sah sie den bärtigen Kopf des Kaisers. Er ruhte auf dem Wannenrand, halb verdeckt durch eine große, bronzene Seifenschale. Die Augen waren geschlossen, leichtes Schnarchen verriet, dass er eingeschlummert war. Über ihn gebeugt stand Andreas und sah auf die Wanne herab, aus der leichte Dampfschwaden aufstiegen. Der kräftige, untersetzte Mann fuhr herum, als er Pelagias Schritte vernahm, dann atmete er tief durch.
    »Soll ich …«, fragte sie leise, doch er schüttelte den Kopf, wobei er den rechten Zeigefinger auf die Lippen legte.
    Unschlüssig verharrte Pelagia, als Andreas stumm eine Geste machte, als wolle er etwas herunterdrücken. Fragend sah sie ihn an, so dass er die Bewegung wiederholte. Er hielt beide Handflächen über das bärtige Haupt, senkte sie langsam herab. Als sie begriff, was er meinte, durchfuhr sie ein Schreck. Wollte er den Kaiser im Bad ertränken? Hatte er ihre Überlegungen so verstanden? Ein Mord, mit ihrer Billigung? Aber hatte sie es denn nicht so gemeint? Was um Gottes willen sollte sie tun?
    Jetzt verlagerte Andreas sein ganzes

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