Sie kamen bis Konstantinopel
Körpergewicht nach vorne, seine Hände fuhren herab und drückten den bärtigen Kopf unter Wasser. Schlagartig verwandelte sich die friedliche Szene in einen Kampfplatz. Gurgelnde Laute drangen aus der Wanne, platschend fuhren des Kaisers Arme empor, Wasser spritzte durch den Raum, Dampfwolken wallten auf. Dann gelang es Konstans, sich aus dem tödlichen Griff zu befreien. Mit verklebtem Bart, die Augen schreckgeweitet, tauchte sein Kopf über den Wannenrand, hustend spie der weit geöffnete Mund Wasser aus.
»Spiel!«, zischte Andreas in Pelagias Richtung, während ein muskulöser Arm nach seinem Hals zu greifen versuchte. »Und sing!«
Zitternd nahm Pelagia die Kithara und begann, so laut sie es vermochte, ein fröhliches Trinklied zu singen. Immer wieder kippte ihre Stimme, während die zwei Männer miteinander rangen, doch vermochte sie es, die Hilferufe des Kaisers zu übertönen. Mehrfach schien es, als sei es Andreas gelungen, ihn endgültig unter Wasser zur drücken, allein, immer wieder konnte Konstans sich ihm entwinden und erneut nach Luft schnappend auftauchen. Plötzlich ließ Andreas los.
Der Kaiser wuchtete seinen stark behaarten Oberkörper auf den Wannenrand und starrte mit wasserverklebten Augen in Pelagias Richtung. »Hilf mir!«, gurgelte er, während Wasser aus seinem Bart rann.
Die junge Frau sah ihn entsetzt an und verstummte. In ihrem ganzen Leben sollte sie das, was nun folgte, nie mehr aus ihrem Gedächtnis tilgen können. Nachts würde sie aus dem Schlaf fahren und wieder vor sich sehen, wie Andreas nach der bronzenen Seifenschale griff. Wie er sie hob, um sie mit voller Wucht auf den bärtigen Kopf sausen zu lassen. Wie ein roter Fleck auf der Schläfe des Kaisers aufplatzte. Wie Blut die vor Nässe herabhängenden Bartspitzen färbte. Wie Konstans zusammensackte und in die Wanne zurückglitt. Wie sich das Wasser über ihm schloss und leicht wogte, während eine rote Wolke darin wucherte, bis zuletzt alles purpurfarben war …
Vor Schreck wie gelähmt starrte Pelagia auf die Wanne mit dem regungslosen Körper. »Du hast ihn umgebracht«, flüsterte sie erschüttert, »und jetzt?«
Andreas blickte benommen auf die Blutspritzer auf seiner Tunika, danach auf die Seifenschale in seiner Hand. Mit leisem Klacken stellte er sie auf den Wannenrand. »Du, du wolltest doch …«, stotterte er, dann riss er sich zusammen. »Wir müssen fliehen, sonst sticht uns seine Leibwache nieder.«
Pelagia nickte hektisch. »Hinten gibt es ein Fenster. Das müsste groß genug sein.«
Andreas zwängte sich zuerst durch die Öffnung und half ihr von außen.
»Die Pferde sind vorne angebunden, wo die Soldaten lagern«, raunte er. »Wir müssen laufen. Kannst du?«
Pelagia nickte, und sie rannten los.
***
Völlig außer Atem, von Seitenstechen gepeinigt, erreichte sie das Haus, in dem sie seit vier Monaten wohnte. Vorbei an dem verblüfften Paulos, der ihr geöffnete hatte, stürzte sie durch die Türe. »Ist Mizizios da?«, keuchte sie.
»Ja, oben, aber was ist …«
Pelagia hörte nicht auf ihn, nahm mit letzter Kraft die Stufen und warf sich an die Brust ihres Geliebten. »Er ist tot, ich muss fliehen …« Zu mehr reichte ihre Kraft nicht mehr.
Der schwarzgelockte Mann nahm sie in die Arme und strich ihr über das Haar. »Beruhige dich«, entgegnete er mit der angenehmen Stimme, die sie so liebte. »Was ist geschehen?«
Sie lehnte sich zurück, blickte in das Gesicht mit den großen, dunklen Augen und begann, hemmungslos zu weinen. »Andreas hat den Kaiser erschlagen«, schluchzte sie und erzählte, was geschehen war.
Mizizios sah sie nachdenklich an. »Du darfst auf keinen Fall fliehen«, meinte er zuletzt, »das käme einem Schuldeingeständnis gleich. Sie würden dich finden, wo auch immer du dich versteckst …« Er strich sich über das Kinn, während er im Raum auf und ab ging. »Für Andreas kann ich nichts tun, aber du bist unschuldig. Ich muss zuerst zu den Soldaten sprechen, mir vertrauen sie.«
Er ging zur Türe. »Paulos, bring mir Stiefel, Schwert und Mantel!«
Kurze Zeit später war er mit langen Schritten auf dem Weg zur Festung, in der die kaiserlichen Söldner stationiert waren, gefolgt von der atemlosen Pelagia.
Doch schon auf dem Weg dahin war eine seltsame Unruhe in der Stadt zu spüren. Männer rannten durch die Gassen, Geschäfte wurden verriegelt und Mütter zerrten ihre Kinder ins Haus.
»Der Pogonatos ist tot«, hörten sie plötzlich eine alte Frau aus einem
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