Sie kamen bis Konstantinopel
freundlichsten gegenüber stehen.‹ Und in der vierten Sura steht: ›Der Messias Isa, der Sohn der Maria, ist der Gesandte Allahs und sein Wort, das er in Maria legte, und Geist von ihm.‹ Aber er war kein Gott, wie eure Priester behaupten.«
»Aber er wurde doch gekreuzigt und ist danach auferstanden!«
»Auch das gehört zu den Verfälschungen unverständiger Menschen«, antwortete Daud ernst. »Isa war ein Prophet. In der gleichen Sura steht: ›Sie sprachen: Siehe, wir haben den Messias Isa, den Sohn der Maria, den Gesandten Allahs, ermordet.‹ Doch ermordeten sie ihn nicht, sondern einen ihm ähnlichen.«
Pelagia schüttelte den Kopf. »Da hat euer Mohammed etwas falsch verstanden, denn …«
»Nein!«, gab Daud scharf zurück. »Der Koran ist das ungeschaffene Wort Allahs, nicht etwas, das sich irgendwer ausgedacht hat. Da gibt es nichts falsch zu verstehen!«
»Ja, aber …« Doch Pelagia verstummte und ließ ihre Finger über die Tauben des Armbands gleiten. Es hatte keinen Sinn, über Religion zu streiten.
»Muss ich deinen Glauben annehmen?«, fragte sie schließlich zögernd, »um deine Frau sein zu können?«
»Nein«, antwortete er ruhig. »Muslimische Männer dürfen Dhimmi-Frauen heiraten. Sogar unser Kalif Mu'âwija hat eine Christin zur Frau. Außerdem steht im Koran in der zweiten Sura: ›Es sei kein Zwang im Glauben.‹ Dies gilt für alle Völker des Buches.«
»Was sind Dhimmi-Frauen?«, erkundigte sich Pelagia misstrauisch.
»Zu den Dhimmi gehören alle Andersgläubigen, die als Schutzbefohlene der Umma, also der Gemeinschaft der Gläubigen, unter islamischer Herrschaft leben. Diese Möglichkeit haben Angehörige der ›Völker des Buches‹, die wie Juden und Christen auch die Offenbarung empfangen haben.« Daud drückte ihre Hand. »Nun, solche Einzelheiten müssen dich nicht weiter bekümmern. Schenk mir einfach einen Sohn, meine Gazelle. Ich habe beschlossen, ihn Suleiman zu nennen. Dann darfst du den Ehrennamen Umm Suleiman führen.«
»Wie soll ich heißen?«
»Mutter des Suleiman. Das ist so Sitte bei uns. Aber jetzt«, bei diesen Worten erhob sich Daud, »muss ich nach meiner Mutter sehen. Ob sie es bequem hat, ob es ihr an nichts fehlt. Später wirst du sie kennenlernen. Ihr werdet euch sicher gut verstehen.«
»Gewiss«, lächelte Pelagia, als Daud zur Türe ging. Sie dachte lange über das Gespräch nach und ließ ihre Gedanken in die Zukunft wandern. Daud liebte sie, er war fähig und willensstark, ihm stand eine große Laufbahn am Hofe des Kalifen bevor. Eine Zukunft, die sie mit ihm teilen würde. Solange ihr Mann so war, konnte es ihr ziemlich gleichgültig sein, was ansonsten die Sarazenen glaubten und taten. Auch wenn sie jetzt noch Sklavin war, würde sie am Ende doch erreichen, was sie stets erstrebt und in Syrakus bereits zum Greifen nahe geglaubt hatte: Eine Familie, Reichtum und Ansehen. Lächelnd drehte sie den goldenen Armreif an ihrem linken Handgelenk.
Am nächsten Tag musste Daud zum Hof des Kalifen, so dass Pelagia ihren Mann erst am Folgetag wiedersehen konnte. In Erwartung seines Besuchs hatte sie ihre Haare gelockt, die Augen mit dunklem Khol umrandet, sich mit Rosenwasser eingerieben und das goldene Armband angelegt. Doch als Daud endlich ihr Zimmer betrat, schob er ihre Hand brüsk beiseite.
»So geht das nicht!«, herrschte er sie an. »Du bringst Schande über mein Haus!«
»Ich?«, entgegnete Pelagia erstaunt. »Ich sitze doch nur herum.«
»Und triffst dabei andere Männer!«
»Rechnest du Sergios zu den Männern?«, lachte sie. »Den hast du doch selbst angeschafft!«
»Du weißt genau, dass ich nicht von ihm rede.«
»Von wem dann?«
»Von diesem Lockenkopf, an dem dir so viel lag, dass ich ihn in Alexandria unbedingt nehmen sollte.«
»Von Urso?« Pelagia wurde ernst. »Das war doch völlig harmlos, wir haben nur gesessen und …«
»Schluss, ich will davon nichts hören!«, zischte Daud und sein links Augenlid zuckte. »Ich werde ihn verkaufen, weit weg, nach Kufa …«
»Nein!« Pelagia fuhr auf. »Er hat mir auf dem Schiff das Leben gerettet. Lass ihn frei!«
»Warum sollte ich?«
»Weil …«, Pelagias Stimme versagte und sie begann zu schluchzen, »weil du mich liebst …«
Daud schwieg verblüfft, dann lenkte er ein. »Gut, so sei es. Aber er soll sich künftig von meinem Haus fernhalten!«
»Darf ich mich wenigstens von ihm verabschieden?«, fragte Pelagia und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, wobei sie
Weitere Kostenlose Bücher