Sie kamen bis Konstantinopel
greinte. Dann sank sie zurück, überwältigt von einem tiefen Glücksgefühl. Als sie die Augen wieder öffnete, war das Zimmer von Nachtschwärze erfüllt, aus der nur eine einzige Lampe einen kleinen, hellen Kreis herausschnitt. Niemand schien mehr anwesend zu sein, doch als sie sich etwas aufrichtete, bemerkte sie im Halbdunkel Schirins strenge Züge.
»Wo ist mein Kind?«, flüsterte Pelagia. Die Frau antwortete Unverständliches, zeigte in Richtung des Nebenzimmers, aus dem Geplätscher zu hören war.
»Ualed?«, fragte Pelagia ängstlich. Das arabische Wort für ›Junge‹ war so oft in den letzten Tagen gefallen, dass sie es wohl nie wieder vergessen würde. Doch Schirin sah sie nur mit unbewegter Miene an, antwortete »Bint« und verließ den Raum.
Die junge Mutter erschrak. Was mochte ›Bint‹ bedeuten? War das Kind verkrüppelt? Oder gar tot? Sie richtete sich auf und rief, so laut sie konnte: »Maria!«
Schritte, dann stand die Hebamme neben ihr. Mit den Worten »Gott sei gepriesen!« reichte sie ihr ein Bündel, aus dem ein friedliches, runzliges Gesichtchen mit geschlossenen Augen lugte. Pelagia wickelte das Kind aus, und dann wusste sie, was Bint bedeutete. Doch in diesem Moment war es ihr gleichgültig und sie küsste ihre schlafende Tochter.
***
Daud kam zwei Tage später zurück. Tage, in denen sich Pelagia immer ängstlicher fragte, wie er sich wohl verhalten würde. Doch als er ihr Zimmer betrat, schien er die Neuigkeit schon erfahren zu haben, denn er ließ sich nichts anmerken, umarmte Pelagia und drückte das kleine Mädchen, das sogleich zu schreien begann, an seine stoppelbärtige Wange. »Sie ist wunderschön«, sagte er andächtig. »Fatima soll sie heißen. Wie die Tochter Mohammeds, gepriesen werde sein Name.« Mit diesen Worten reichte er das Kind Pelagia zurück, die es an die Brust legte.
Die nächsten Wochen kostete Pelagia ihr Glück voll aus. Die kleine Fatima entwickelte sich zu einem fröhlichen Kind, das meist zufrieden nuckelte, nicht übermäßig schrie und nachts ruhig an der Mutterbrust einschlief. Daud hatte eine Sklavin als Amme gekauft: Helena, eine junge, rundliche und stupsnasige Frau von naiver Offenheit. Sie stammte aus einer nordafrikanischen Bauernfamilie, war vor Jahren als Kind von sarazenischen Seeräubern verschleppt worden und sprach zu Pelagias großer Freude sowohl Volkslatein als auch Arabisch. Helena kümmerte sich nicht nurum das Kind, sondern half Pelagia auch beim Anziehen und Schminken, begleitete sie ins Bad und brachte ihr außerdem nach und nach Arabisch bei. Regelmäßig saßen die zwei Frauen im Hof, in dessen Ecken jetzt die Oleander rosa blühten, während Pelagia sich mit den kratzigen Kehllauten der fremden Sprache abmühte.
»Oh Gott«, stöhnte sie, »das lerne ich nie.«
»Wieso?«, entgegnete Helena aufmunternd, »ich habe es auch geschafft. Und du, Herrin, bist gewiss nicht dümmer als ich.«
»Manchmal bin ich mir da nicht so sicher. Also, wie hieß doch die Mehrzahlform von Bint?«
»Banat, Herrin. Aber beim Jungen weißt du es noch, oder? Ualed ist einer, und bei vielen sagt man …«
»Aulad«, seufzte Pelagia. »Nur wozu soll ich mir das merken – ich habe ja noch nicht mal einen einzigen zustande gebracht.«
»Du bist jung, das wird noch«, tröstete sie Helena. »Ist der Herr schon wieder eifrig?« Bei diesen Worten machte sie eine so eindeutige Handbewegung, dass Pelagia die Röte ins Gesicht schoss.
»Nun, noch nicht. Aber die Geburt ist ja erst fünf Wochen her. Bisher habe ich noch überhaupt keine Lust.«
»Aber vorher schon?«, erkundigte sich die Sklavin mit unschuldiger Miene.
»Du stellst vielleicht Fragen!«, wehrte Pelagia ab, um dann einzugestehen. »Ehrlich gesagt, nein. Zumindest nicht auf Daud«, fügte sie zögernd hinzu.
»Schade, aber es geht ja auch so«, stellte Helena nüchtern fest. »Lass ihn nur kräftig dein Gärtchen beackern. So kriegt er bald seinen ersehnten Jungen, heiratet dich und du bist fein raus.«
Pelagia nickte. Seit Fatimas Geburt hatte Daud nicht wieder davon gesprochen, sie zu seiner rechtmäßigen Frau zu machen.
»Dann kannst du endlich essen, soviel du magst«, sinnierte Helena weiter, »du bekommst einen dicken Hintern, dein Bauch wird rund und eh du dich versiehst, nimmt er sich eine Geliebte, so dass du deine Ruhe hast!«
»Wunderbare Aussichten!«, lachte Pelagia. »Nur möchte ich nie so werden. Und was ist, wenn er auf Dicke steht?«
»Dann jammere ihm
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