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Sie kamen bis Konstantinopel

Sie kamen bis Konstantinopel

Titel: Sie kamen bis Konstantinopel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank S Becker
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hob erleichtert die Hände, verbeugte sich in Richtung des Altars und eilte zum Ausgang. »Wir haben so lange nichts mehr von ihm gehört. Aber was Wunder, die Zeiten sind schlecht …« Eilig überquerte Memilian das Atrium, öffnete eine Türe unter der Säulenreihe und rief: »Maria, welches Glück! Ein Mönch mit einer Botschaft von unserem Sohn!«
    Padraich betrat den kleinen, weiß gekalkten Raum, sah die Frau auf der Liege und fühlte sich fast noch elender als an dem schrecklichen Tag vor über zwei Jahren.
    »Nimm Platz, ich hole einen Krug Bier«, rief Memilian aufgeregt und verschwand in einem Nebenraum. Die Frau richtete sich ächzend auf und ihr zerfurchtes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. »Kennst du unseren Sohn gut?«, wisperte sie. Als Padraich stumm nickte, streckte sie ihre skelettartige Hand aus. Er ging auf sie zu, sie umfasste seine Finger, führte sie zum Mund und berührte sie mit den Lippen. »Danke, dass du zu uns gekommen bist. Wie geht es ihm?«
    »Er ist …«, begann Padraich, doch in diesem Moment kehrte der Diakon mit dem Bier und zwei Bechern zurück.
    »Maria ist zu krank, aber wir beide können feiern«, rief er überschwänglich und schenkte ein. »Trinken wir auf unseren Sohn. Ist er noch so fleißig?«
    Padraich, der auf einem Hocker neben Marias Bett Platz genommen hatte, brachte es nicht übers Herz, sofort mit der Wahrheit herauszuplatzen. »Ja, er war einer der Besten. Nur etwas in sich gekehrt«, fügte er leise hinzu.
    »Ja, das war er immer«, seufzte die Frau. »Unser einziger Junge, ein so stilles und ernstes Kind. Geht es ihm auch gut?«
    »Nun«, nahm Padraich seinen ganzen Mut zusammen, »leider …«
    »Ist er krank? Aber doch nichts Schlimmes?«, keuchte die Frau und ihre knochige Hand umklammerte wieder das Handgelenk des Besuchers.
    »Nein«, zuckte der Mönch zurück, »es geht ihm jetzt sehr gut, denn Gott hat …«
    »Na siehst du, Maria«, unterbrach ihn der Diakon beschwichtigend, um dann achselzuckend fortzufahren. »Ständig macht sie sich Sorgen. Ich sage ihr immer: ›Habe Vertrauen zum Herrn, er wird einen so frommen Jungen beschützen.‹ Aber so sind Mütter halt …« Er nahm einen Schluck. »Wie heißt du überhaupt? Wie unhöflich von uns, sich nicht danach zu erkundigen. Aber das unerwartete Glück«, er trank noch etwas, um, als der Mönch seinen Namen genannt hatte, zu fragen: »Wie ist das Leben in Irland? Lernt man da wirklich so viel, wie man hier hört?«
    Padraich, dessen Herz wild hämmerte, war froh, den schrecklichen Augenblick noch etwas aufschieben zu können. Bereitwillig erging er sich in Schilderungen des Klosteralltags, doch jedes Mal, wenn die Eltern etwas wissen wollten, das ihren Sohn betraf, fehlte ihm der Mut, die Wahrheit zu gestehen. So hörte er sich reden, das Klosterleben schildern, von dem jungen Memilian erzählen, und als er merkte, wie glücklich die kranke Mutter jedes Wort aufsog, begann er unwillkürlich, seinen Bericht mit erfundenen Einzelheiten auszuschmücken.
    Mit der Zeit wurde die Frau immer schwächer und schließlich erhob sich ihr Mann. »Ich muss ihr jetzt die Suppe kochen«, sagte er entschuldigend. »Du bleibst doch sicher noch? Du kannst gerne bei uns übernachten!«, fügte er mit dem Blick auf das kleine Fenster hinzu, hinter dem sich der Abendhimmel rötete. Doch Padraich, dem fast schlecht vor Scham war, bedankte sich und schützte vor, schon bei einem frommen Bürger der Stadt Quartier gefunden zu haben.
    »Komm näher«, hörte er Maria flüstern, und als er niederkniete und die zitternde Hand auf seiner Stirn spürte, hätte er heulen mögen. »Du hast den weiten Weg für uns gemacht«, flüsterte sie, »Gott segne dich. Er wird mich bald zu sich rufen. Ich danke ihm, dass er mir noch dieses Glück geschenkt hat …«
    Sie verstummte und Padraich stand rasch auf.
    »Gib Acht«, riet ihm Memilian beim Abschied. »Nachts treibt sich auf den Straßen Colonias allerlei Gesindel herum.«
    Der Mönch nickte, verabschiedete sich, zugleich erleichtert und schuldbewusst, und schulterte sein Bündel. Mit langen Schritten ging er direkt auf die Stadtmauer zu, bis er auf einen runden Turm stieß, der die Nordwestecke der Befestigung bildete. Die Strahlen der untergehenden Sonne ließen den oberen Teil in rötlichem Glanz erstrahlen; das dunkle Mauerwerk darunter schmückten Linien und bogenförmige Muster aus weißen, sorgfältig behauenen Steinen.
    Unschlüssig verharrte Padraich, als er das

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