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Sie kannten keine Gnade - Western (German Edition)

Sie kannten keine Gnade - Western (German Edition)

Titel: Sie kannten keine Gnade - Western (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherman Lee
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deinen Arm. Aber jetzt laß sie in Ruhe." Ratcliff nahm den Stetson ab und kratzte sich am Kopf. "Die Mädchen bleiben hier. Nogales, Rowdy, Snake und du, wir gehen mal rüber in den Stall."
    Sie schritten über den Hof und betraten den Stall. Er war niedriger, aber länger als das Haus.
    "Sehr schön", sagte Ratcliff. "Ihr wohnt hier. Bei den Ziegen ist es warm. Und da hinten liegt ein ganzer Berg Heu. Was wollt ihr mehr?"
    "Ich bin sensibler Mediziner", sagte Doc Snake. Er zog die Nase hoch. "Ich kann nicht in einem Stall wohnen."
    "Bloody Arrow ist verletzt. Er braucht dich, Doc", sagte Ratcliff. Er wandte sich zu dem Comanchen. "Wie siehst du das, mein roter Freund?"
    "Der Medizinmann wohnt, wo ich wohne", sagte der Comanche drohend.
    Doc Snake seufzte. Er zuckte resigniert mit den Schultern. "Ich leide zum Wohl der Menschheit. Sofern die Comanchen da hinzuzurechnen sind", brabbelte er.
    "Und Nogales ist in einem Stall großgeworden", sagte Ratcliff. "Stimmt doch, Nogales, oder? Dir macht's nichts aus in einem Stall zu wohnen."
    "Laß meine Mutter aus dem Spiel", sagte der Mexikaner.
    Rowdy Randalls Blick musterte die Ballen und den Berg aus Heu und Stroh hinter den Farmgeräten. "Den zeig ich mal Doreen", sagte er.
    Drüben im Blockhaus fauchte Isabella Gutierrez Sarah Sampson an, "Damit wir uns recht verstehen. Kochen und Putzen ist hier deine Aufgabe. Ich mache hier keinen Finger krumm."
    "Dir wird langweilig werden", sagte Sarah ruhig.
    "Ich werde singen", sagte Isabella Gutierrez knapp. "Ich bin Sängerin und habe zu üben. Mr Ratcliff und ich haben Pläne."
    "Ich singe auch", sagte Sarah.
    "Wehe du singst!" keifte Isabella Gutierrez. Sie winkte die Rothaarige zu sich und rauschte ins hintere Zimmer. "Komm, Doreen. Hilf mir aus dem Mantel."
    In den nächsten Tagen begann es zu schneien. Der Dezember war hereingebrochen. Die Tage wurden kürzer, die Nächte lang und kalt. Der Wind heulte um die Hütten.
    Die Schneedecke draußen wuchs.
     

*
     
    Zwanzig Meilen östlich von Art Ratcliffs Versteck stapften mit großer Mühe zwei Pferde durch das weiße Chaos der Prärie. Ihre Reiter trugen Wollmützen unter Zylinder und Stetson. Die Männer hatten die Hüte weit ins Gesicht gezogen. Die Krägen ihrer Wintermäntel waren hochgeklappt. Der Wind peitschte ihnen den Schnee um die Nase.
    In einem Hain voll hoher Ulmen machten sie endlich Rast. Geschützt vor dem Wind, entfachten sie in einer Kuhle ein Feuer. Reverend Sequoiah Watts suchte nach Brennbarem, während Big Sam eine große Dose Bohnen öffnete. Schließlich loderte das Feuer hell und verströmte seine Wärme.
    Sie aßen schweigend. Dann seufzte Reverend Sequoiah, "Es ist kein Weiterkommen mehr, Samuel."
    "So sieht es aus, Reverend", sagte Big Sam leise.
    "Ohne die Sonne am Tag oder die Sterne in der Nacht finden wir keinen Weg", sagte Sequoiah Watts. "Die Prärie ist ein weißes Meer. Sie wird uns verschlingen, wenn wir nicht aufpassen. Dann enden wir wie mein Volk auf der großen Wanderung vor vierzig Jahren, auf dem Pfad der Tränen."
    Big Sam blickte ernst ins Feuer. "Das wollen wir nicht."
    "Wir sollten hier kampieren, bis wir die Sonne wiedersehen", sagte Reverend Sequoiah Watts. "Was hältst du davon?"
    "Ein paar Tage halten wir's hier schon aus", entgegnete Big Sam.
    Sie saßen eine zeitlang schweigend und hörten dem Knacken und Prasseln des Feuers zu. Jeder war in seine Gedanken versunken. In der Ferne heulte ein Kojote.
    Reverend Sequoiah Watts begann eine getragene Melodie zu summen. Big Sam erkannte sie schnell. Es war Amazing Grace. Als der alte Indianer zu singen begann, stimmte er mit ein. Sie sangen die Hymne auf Indianisch. Die ungewohnten Worte zur vertrauten Melodie rührten Big Sams Herz auf eine Weise an, die er nicht erklären konnte. Es war ihm, als ob eine neue Zeit anbräche.
    Schon am nächsten Morgen hörte es auf zu schneien. Als die fahle Wintersonne endlich durch die grauen Wolken brach, gewannen die beiden Sucher flugs ihre Orientierung zurück.
    "Reverend Sequoiah", sagte Big Sam. "Darf ich deine Taschenuhr mal wieder kurz haben?"
    Der Cherokee lachte und gab ihm das glänzende Ding. "Behalt sie doch einfach", sagte er. "Du fragst mich jeden Tag dreimal nach ihr."
    "Weil ich selber keine habe. Sie ersetzt uns nun mal den Kompaß", sagte Big Sam und nahm sie in Empfang.
    "Schon gut", sagte Reverend Sequoiah und trat das Feuer aus. Die Sonne blitzte über die Wipfel der Ulmen.
    Big Sam ließ die Taschenuhr aufschnappen.

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