'Sie können aber gut Deutsch'
denken …?«
Zu Besuch bei einer Integrationsverweigerin
Die Parallelwelt, in der Integrationsverweigerer leben, befindet sich – wie könnte es anders sein –, in einem Hochhaus. Das Hochhaus wiederum steht in einer großen Siedlung, in der die Häuser alle in bunten Pastellfarben gestrichen sind, dazwischen Spielplätze, kleine Grünflächen, große Parkplätze. Das Ganze soll freundlich wirken, die bunten Farben sollen zum Ausdruck bringen, es ist nicht so schlimm, wie man denkt, hier spielen Kinder und leben Menschen, es soll – während es in Wirklichkeit trostlos wirkt, trostlos und öde, auch wenn die Sonne scheint und der Himmel an diesem Tag blau ist. Die Namen auf den Klingelschildern sind genau zur Hälfte Deutsch und zur Hälfte nicht, und einer der Letzteren gehört zur Familie K., die im Erdgeschoss lebt, im Erdgeschoss und – insbesondere die Frau – in einer Parallelwelt der Integrationsverweigerer.
Sagt wer? Sagt der Mann, der mich mit dieser Familie zusammengebracht hat, der häufig versucht hat, ihr zu helfen, zum Beispiel viel Zeit damit verbracht hat, nach einem Deutsch-Kurs für die Frau zu suchen, noch länger damit, eine Finanzierung für diesen aufzutreiben, weil die Familie nicht dazu bereit war, ihn zu bezahlen, vielleicht auch kein Geld dazu hatte. Beides klappte, die Frau ging jedoch kein einziges Mal hin.
Sagt übrigens auch die Familie selbst. Sie kennen den Begriff »Parallelwelt« nicht, natürlich nicht, aber sie sprechen von ihrer eigenen Welt, in der sie leben, sie fühlen sich wohl darin.
Ihre Welt in Form ihrer Wohnung ist blitzblank poliert, dass hier vier Kinder im Alter zwischen acht Monaten und elf Jahren leben, ist schwer vorzustellen. Im Wohnzimmer eine überdimensionierte schwarze Ledercouch, ein Aquarium, ein Schaukelpferd, das wiehern kann, im Vitrinenschrank ein Flachbildfernseher, der in meiner Anwesenheit ununterbrochen läuft und Al-Dschasira zeigt, sowie eine kitschige digitale Standuhr in Form einer Moschee. An den Wänden golden gerahmte Segenssprüche auf Arabisch. Segenssprüche? Woher weiß ich, dass es keine West-feindlichen Koranzitate sind, die den Dschihad rechtfertigen? Ich weiß es nicht.
Der Hausherr sagt »Frau kommt« zur Begrüßung und verschwindet dann für die nächsten zwanzig Minuten spurlos. Der Hausherr, den ich im Vorfeld fragen musste, ob ich mit seiner Frau sprechen darf. Ich werde inzwischen wunderbar von einer der Töchter unterhalten, die Deutsch spricht, weil sie hier zur Schule geht, und mir später helfen wird, mit ihren Eltern zu kommunizieren. Es waren die Kinder, die mir die Haustür aufgemacht hatten, und als ich wissen wollte, ob ihre Eltern denn da seien, hatte die kleine Schwester die Frage folgendermaßen an den Bruder weitergegeben: »Ist Papa da?«, als zähle die Mutter nicht. Die Tochter der Familie, die am besten Deutsch spricht, und ich unterhalten uns über Tiere, ich lasse mir die Fische zeigen und erzähle ihr von meinem Hund.
Wie aus der Pistole geschossen antwortet die Achtjährige: »Wir Muslime dürfen keinen Hund haben. Hunde sind unreine Tiere, sie können nicht ins Haus. Lebt dein Hund im Garten?« Und schon habe ich innerhalb von Minuten etwas über die muslimische Religion gelernt, auch über die Parallelwelt der Integrationsverweigerer, in der Hunde nicht willkommen sind.
Familie K. kam vor vier Jahren und acht Monaten aus Palästina nach Deutschland, zwei ihrer Kinder sind hier zur Welt gekommen, bis heute kann die Frau des Hauses kein einziges Wort Deutsch. Das ist keine schriftstellerische Übertreibung, die Frau spricht wirklich nicht ein Wort Deutsch. Sie will es nicht sprechen; man kann auch sagen: Sie weigert sich, es zu sprechen. Sie betritt das Wohnzimmer in einem schwarzen Gewand und Kopftuch, sie lächelt schüchtern, aber sehr freundlich, sie sagt kein Wort. Ich stelle Fragen, es antwortet der Mann. Er antwortet einsilbig, und ich bin mir nicht sicher, ob das an unseren sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten, an der Struktur der arabischen Sprache, die ich nicht kenne, an meinen Fragen oder an seinem Desinteresse liegt. Will ich etwas von der Frau wissen, schaut sie zu Boden, wenn sie antwortet, während der Mann sie anschaut, abwartend und prüfend. Ihre Antworten fallen noch kürzer aus als die ihres Mannes, was ich nicht für möglich gehalten hätte. Warum sie in Deutschland leben? Der Kinder wegen. Wie es ihnen in Deutschland gefällt? Okay. Wie es mit der deutschen
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