Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)
Profi dem anderen.
»Scheiße«, sage ich. Es fühlt sich an, als hätte sie mich in den Magen geboxt. Ich will Ned wiedersehen und seine Kinder, aber mehr als das will ich meine Mom. Das ist der Preis.
»Du wolltest dich wohl vergewissern?«, fragt Ted. Natürlich. Er war ja dabei gewesen, hatte die Handtasche und die Notiz gesehen. Er hatte offenbar den Verdacht, ich käme erst hierher, statt direkt nach Colorado aufzubrechen.
»Ich habe das hier gefunden«, erkläre ich und gebe ihnen den Zettel aus meiner Tasche. Ich bin froh, dass sie etwas zu betrachten haben, so kann ich schnell meine Augen mit den Handrücken trocken tupfen. Ich sage nicht: »Ich bin so froh, dass ihr da seid« oder »ich kann wirklich Hilfe brauchen«, aber ich denke es. Die Erleichterung, sie hierzuhaben – dass sie in aller Harmlosigkeit meinen gigantischen Fehltritt korrigiert haben –, setzt mir zu, und ich fühle mich wie ein weinerliches Baby.
»Liberty Village? Was ist das für ein blöder Witz?«, fragt Renny und kichert.
»Das ist kein Witz«, entgegne ich und schnappe den Zettel aus ihrer Hand. »Das ist der Ort, zu dem meine Mutter unterwegs ist und wo ich hingehen werde. Es ist bereits das zweite Mal, dass sie ihn erwähnt hat. Ich habe neulich einen entsprechenden Zettel in ihrer Handtasche gefunden. Es gibt diesen Ort. Das weiß ich. Und dort gehen wir hin, wenn ihr beide darauf besteht, mir zu folgen.«
»Dann also Liberty Village«, zirpt Ted. »Sieh an … wo ist das noch mal?«
»Colorado.«
»Ja, richtig! Achtung, Colorado, wir kommen!«
»Aufregend«, sage ich und stecke die Pistole am Rücken in meinen Hosenbund. »Kommt, lasst uns runtergehen und sehen, ob noch irgendwelche Dosennahrung da ist.«
» Mein kleines Pferdchen , was?«, fragt Renny und klopft auf die rosa Aufschrift meines Rucksacks.
»Ja, du weißt ja, wie ich ticke.«
KOMMENTARE
Norwegen:
28. Oktober 2009
Ich bin so froh, dass du noch wohlauf bist.
Du hast mich echt zu Tode geängstigt mit deiner Erklärung, ganz allein loszuziehen!
Bleib stark, Allison, und bitte, bleib in Sicherheit.
steveinchicago:
30. Oktober 2009 17:54 Uhr
schätz dich glücklich, solche guten freunde zu haben. es ist offensichtlich, dass ihr zusammenbleiben solltet. zusammen seid ihr stärker, vergiss das nicht.
Allison:
30. Oktober 2009 18:03 Uhr
Ja, ja, du hast ja so recht, Steve. Ich schätze auch, ich komme von diesen Spaßvögeln einfach nicht los.
31. O KTOBER (H ALLOWEEN ) – D IE W ELT DER SPUKENDEN D ÄMONEN
»Das ist nah!«
»Das ist nicht nah.«
»Hast du nicht gehört ? Das ist definitiv nah«, sagt Ted und bedeckt seinen Kopf mit den Händen, als würden wir in einem Erdbeben kauern und nicht die Interstate entlangfahren. Aber ich kann es ihm nachfühlen, das Gedonner macht auch mich nervös. Heute Abend fallen Bomben auf Iowa City.
In einer guten Zeit erreichen wir die Stadtgrenze. Erstaunlich, wie schnell man fahren kann, wenn es keine Radarfallen gibt, keine Cops, keinen Verkehr und nur ein paar gelegentliche Umwege. An manchen Orten ist der Highway völlig verstopft, kilometerlange Schlangen von Fahrzeugen in gerader Reihe mit toten Fahrern oder leer. Merkwürdig, das über Kilometer zu betrachten: Hunderte von Autos, die scheinbar geduldig auf ein Signal warten, das niemals kommt. Jedes Mal, wenn wir eine solche Reihe passieren, bin ich überzeugt, dass die Fahrzeuge sich gleich bewegen werden oder jemand uns zu Hilfe winkt, aber es passiert nie. Was für eine Schlacht hier auch immer stattgefunden hat, sie muss schon lange her sein.
Um ehrlich zu sein, ich bin nicht sicher, ob da wirklich Bomben fallen, aber es klingt so. Auf manchen Streckenabschnitten ist das Krachen ohrenbetäubend, und in der Ferne flackern orangefarbene Lichtflecken. Gewehrfeuer, das gedämpfte Dröhnen entfernter Maschinen. Das Gewitter des Krieges donnert in der Halloween-Nacht über Iowa City hinweg, und weit und breit ist nichts »Süßes oder Saures« in Sicht. Kein freundliches Haus, in dem das Licht brennt, niemand daheim.
Der alte Chevy Cavalier, den wir klauen konnten, bietet kaum mehr, als wir zum Vorwärtskommen brauchen. Die Heizung stottert, beginnt erst anfallartig für ein paar Minuten die Kabine zu erwärmen, um dann zu einem Ventilator zu degenerieren, der weder kalt noch heiß bläst. Ich kann nicht klagen – wir drei heizen den Wagen mit unserer Körperwärme auf eine erträgliche Temperatur. Es ist ohnehin kein guter Zeitpunkt, um sich
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