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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)
Autoren: Madeleine Roux
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da wandern ein paar Zombies durch die Straßen. Irgendwas scheint sie alle in die gleiche Richtung zu ziehen, nach Westen zum Campus der Universität. Es gibt kein Anzeichen menschlichen Lebens, keine Spur von anderen Überlebenden, nur ineinandergerammte Autos, die sich zu Haufen türmen. Das Schlachtfeld eines plötzlichen Gemetzels, Brandspuren und Bremsstreifen verzieren überall die Straße – es sieht genauso aus wie ein Filmset.
    Während unseres Staffelmarathons haben Ted und ich eine Theorie entwickelt. Es gibt zwei Arten von Zombies: Stöhner und Dümpler. Beide sind aus offensichtlichen Gründen gefährlich, aber sehr verschieden. Stöhner sind laut, sie stöhnen (ach!) und ächzen und kreischen, wenn sie dich jagen. Sie agieren schneller, zielgerichteter, waghalsiger. Dümpler sind wegen ihrer Lautlosigkeit zweifellos gefährlicher, können sich unbemerkt anschleichen. Aber sie sind langsam und scheinen auch stark verzögert zu reagieren. Ted und ich vermuten, die Stöhner seien hungrig und deshalb ein bisschen wild, Dümpler laufen mit vollem Tank, deshalb bemühen sie sich höchstens darum, ihre knochigen Finger in dein Gesicht zu krallen. Während der Scheißeschicht haben wir von beiden Sorten ein paar gesehen, aber hauptsächlich Stöhner. Ich muss sagen, ich bevorzuge Stöhner, denn sie kündigen ihre Ankunft an.
    Ich fühle mich entsetzlich müde, so ausgepumpt, dass ich kaum noch den Blick scharf stellen kann, aber ich werde diesen letzten Trip zu den Fenstern auch noch schaffen, und wenn es der letzte beschissene Akt meines Lebens ist. Ein gutes Beispiel geben, das ist mir klar geworden, ist der Schlüssel zur Anführerschaft. Wenn ich als Erste die Toilette leere, werden die anderen es mir, ohne zu klagen, nachtun, und wenn ich es gründlich mache, setze ich einen guten Maßstab.
    Und in diesem Moment geschieht es: Ich hebe den Eimer, halte die Luft an und richte mich auf, um die Jauche aus dem Fenster zu schütten. Da höre ich das Geräusch. Einen Ton, den ich eine Weile nicht gehört habe, ein Klang, bei dem jeder Mensch, der noch Puls hat, hochfährt und atemlos lauscht.
    Wuff … Rerr … Wuff, ruff!
    Ein Hund, eine Promenadenmischung, und er starrt mich von der Mitte der Straße aus an. Vielleicht ist starren nicht das richtige Wort: Er guckt treu, lieb, niedlich, bettelt mit seinen großen Schokoladenaugen. Er hat dunkle, spitze Ohren, eines in die Höhe gestellt, das andere schlappt. Seine Nase ist braun-rosa marmoriert, und er hat einen robusten, wenn auch ausgehungerten Körper. Da muss deutscher Schäferhund drin sein und vielleicht etwas Pitbull – das Fell hauptsächlich hellbraun und schwarz. Seitlich aus seinem Maul hängt die größte Zunge, die ich je gesehen habe.
    »Komm her, kleiner Mann!«, rufe ich.
    »Was machst du?«, knurrt Ted.
    »Ich rufe den Hund, oder wonach sieht es aus?«
    »Das kannst du nicht, Allie, was, wenn er infiziert ist? Und er dürfte ziemlich hungrig sein, er wird all unser Essen fressen.«
    »Sei nicht so herzlos, Arschloch. Wir können ihn nicht da draußen lassen! Na los, komm her, wir tun dir schon nichts.«
    Der Hund vollführt einige langsame Schritte in unsere Richtung. In diesem Augenblick steht für mich fest, dass er ein kluger und guter Hund ist. Nicht so dumm, auf einen fremden Menschen zuzustürmen, der einen Eimer voll Scheiße balanciert. Vorsichtig schütte ich den Mist aus dem Fenster und setze den Eimer ab. Das scheint das Zeichen zu sein, auf das der Hund gewartet hat. Er trottet heran, beschnuppert mein Hosenbein und leckt dann meine Gürtelschnalle ab.
    »Ich liebe dich auch«, sage ich und tätschele seinen dicken, etwas verfilzten Kopf. »Komm mit uns, wir haben Leckerlis.«
    Jeder übernimmt klaglos seinen Anteil an der Scheißeschicht, seit der Hund aufgetaucht ist. Was zur Hölle hat so ein fideler Köter bloß an sich, dass Menschen all ihre Sorgen vergessen, ihre massivsten Probleme bewältigen und wacker durchhalten? Es hat Phil regelrecht umgekrempelt, ihm neuen Lebensmut gegeben, einen neuen Daseinszweck, und so ähnlich ist es auch bei allen anderen. Holly kam mir nie wie ein Hundemensch vor, und Janette hatte nur Katzen, aber Dapper (das ist sein Name) hat sie alle im Sturm erobert. Sicher, er frisst, er ist ein weiteres Maul zu füttern und zu tränken, und er muss aus Hygienegründen regelmäßig in den Laden gelassen werden, aber er macht uns alle ein bisschen weniger irre.
    Und ich schlafe wieder. Dapper ruht bei
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