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Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition)

Titel: Sie kommen!: Ein Blog vom Ende der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine Roux
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hat wirklich Glück, dass die Kettenwand zwischen uns ist. Sonst hätte ich ihm wahrscheinlich seinen verflixten Hals umgedreht.
    »Du versuchst nicht mal, den Kampf aufzunehmen? Ein bisschen Feuer zu zeigen? Ein kleines Bekenntnis?«
    »Ich kann mich nicht zu einem verheirateten Mann bekennen. Das ist wie … ich weiß nicht … wie der Versuch, einen Hamburger mit süßem Brötchen zu essen.«
    »Was?«
    »Ach, vergiss es, ich bin bloß hungrig«, knurre ich. »Wozu soll ich mich denn bekennen, wenn der Mann sich bereits anderweitig bekannt hat. Es gibt auch nichts, wovor ich Angst haben müsste, weil er mir gar nicht gehört, nie mir gehört hat.«
    »Anderweitig bekannt? Seine Frau ist für ein paar lächerliche Wochen verschollen, und er verliebt sich prompt in dich? Glaubst du nicht, das ist ein Zeichen für heftigen inneren Gefühlsaufruhr? Schreit das nicht nach einer baldigen und unvermeidlichen Scheidung?«
    »Warum steigst du nicht mal vom hohen Ross des rechtschaffenen verheirateten Spießers herunter.«
    »Es gibt doch gar kein Ross, Allison, nicht mehr. Meine Frau ist … irgendwo anders … jemand anders«, sagt er, seine Stimme webt sich in die dünne Luft. »Und vielleicht ist das der Punkt. Leute ändern sich. Vielleicht lag das mit ihm und Lydia längst auf Eis. Das hättest du sicher herausgefunden, wenn du dir je die Mühe gemacht hättest, mit ihm darüber zu reden.«
    »Nein, keine Chance! Du kannst mir doch nicht erzählen, ich soll den Kampf aufnehmen, Feuer zeigen, und im nächsten Atemzug feststellen, dass du Corie aufgegeben hast – das kannst du einfach nicht bringen!«
    »Liebst du ihn?«
    »Vergiss es.«
    » Tust du das? «
    »Ja.«
    »Dann hör auf, dich wie eine gottverdammte beschissene Pussy aufzuführen.«
    »Wow«, sage ich und sacke schwer gegen die Zementwand hinter mir. Vergiss die Wand, die Ketten, den ganzen Raum. Ich fühle, wie es mich in die Eingeweide trifft. »Du hast die Hemmungen des Vaterschicksals wirklich überwunden. So viel ist sicher.«
    »Habe ich recht?«, fragt er.
    »Sicher, ja. Du hast recht.«
    »Dann geh wieder an die Arbeit, und bring uns hier raus.«
    KOMMENTARE
    Isaac:
    27. Oktober 2009 13:34 Uhr
    Wie gemein, uns einen ganzen Tag lang auf die Folter zu spannen. Kommt bald Teil 3? Besser wär’s!
    Steveinchicago:
    27. Oktober 2009 14:06 Uhr
    sie liebt es, uns zu quälen, isaac. da wir gerade von quälen sprechen, wie fühlt es sich an, mit einem hobbypsychologen eingesperrt zu sein? und erzähl mir nicht, wir müssen noch einen tag warten, um den rest zu erfahren!

28. O KTOBER 2009 – B ESESSEN , T EIL 3
    Die Politik der kleinen Schritte ist jetzt nicht länger angemessen.
    Ned und ich haben eine neue Leidensgenossin. Ihr Name ist Renny, und sie lebt in meiner Zelle. Wir sind jetzt Zellenkumpane. Sie ist ein wahres Schandmaul – dreist, selbstsicher und dazu bestimmt, unser grausames Schicksal zu teilen. (Ich bin nicht restlos überzeugt, dass sie uns wirklich umbringen wollen, aber Ned besteht darauf.) Renny hatte das beschissene Pech, versehentlich über den Schlupfwinkel der Gemahlinnen der Schwarzen Erde zu stolpern. Ich nenne es Schlupfwinkel, weil ich sie mir gerne als Superschurken in einem miesen, billigen Horrorfilm vorstelle. Ich erzähle Ned, dass wir der Schlange den Kopf abschneiden müssen, aber auch abseits biblischer Anspielungen wirkt er nicht belustigt. Als Renny sich geweigert hat, an ihrem ›Gebetsdienst‹ teilzunehmen, wurde sie zusammen mit dem anderen Müll nach hier unten verbannt. Sie ist eine unschätzbare Reserve.
    »Verfickte Schlampen.«
    Das waren ihre ersten Worte, und sie deuteten sacht an, dass sich hier eine tiefe und bedeutsame Freundschaft entwickeln würde. Sie hat eine weiche, dunkle Gesichtsfarbe, eine hohe Stirn und scharfe Wangenknochen. Ihre Nägel sind abgebrochen, aber sie waren einst in fluoreszierendem Orange und Gelb lackiert. Ihr rot-schwarzes Haar besteht aus einem Wirrwarr dichter Korkenzieherlöckchen, die in jede denkbare Richtung abstehen und von einem breiten Stirnband zusammengehalten werden. Ich klopfe neben mich, und sie kommt und setzt sich.
    »Was hast du oben gesehen?«, frage ich.
    »Außer durchgeknallten Schlampen? Die wollten, dass ich mit ihnen bete, na schön, meinetwegen, ich bete auch, wenn ich dafür ein Sandwich kriege. Dann brachten sie mich in eine Waschküche, die sie auf eine Million Grad geheizt hatten, und ließen mich mit ihnen niederknien, um mich zu ›reinigen‹.

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