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Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Titel: Sie sehen aber gar nicht gut aus! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Strzoda
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Arten von Flüssigkeiten transportieren ließen. Peter fuhr die berüchtigte Bundesstraße entlang. Während er unsere Rettungswache passierte, hämmerte Born To Be Wild aus seinen Boxen. Seine Hand umklammerte den Kaffeebecher mit der Abbildung eines amerikanischen Trucks, den ihm seine Tochter zum 40. Geburtstag geschenkt hatte.
    Kurz bevor Peter mit seinem Lkw die Anschlussstelle der Autobahn erreicht hatte, griff er zu seiner Zigarettenschachtel, nahm eine Kippe heraus, zündete sie an und legte das Päckchen zurück in die Ablage. In einem Moment der Unachtsamkeit rutschte die brennende Zigarette aus Peters Hand. Sie rollte über das Hosenbein und den Sitz in den Fußraum und fing an, sich durch die Fußmatte zu schmelzen. Peter schrie fluchend auf, beugte sich nach unten, um das Malheur zu beheben. Der Versuch, die Kippe mit einer Hand zu ergreifen, ging daneben, und zwar gründlich. Während die andere Hand das Lenkrad festhielt, angelte er vergeblich nach der Zigarette. Als er sich wieder aufrichtete, riss Peter unwillkürlich am Lenkrad, sodass das Unglück seinen Lauf nahm. Wenn man einen fast 30 Tonnen schweren Lkw fährt und während einer Geradeausfahrt bei 80 Kilometern pro Stunde unvermittelt am Lenkrad dreht, ist das Desaster unvermeidlich: Der Lkw ändert schlagartig seine Richtung und verliert dabei Stabilität und Spur. Er kippt und stürzt.
    Zur gleichen Zeit ging es in unserer Rettungswache ruhig und gelassen zu. Manni saß am Küchentisch, las ein Boulevardblättchen und nippte wiederholt an seiner Tasse schwarzen Filterkaffees. Wie immer murmelte er dabei einige unverständliche Worte.
    Plötzlich zerteilte der Alarmempfänger die Stille. Und Manni war nicht nur quirlig, er war auch zackig bei der Sache, wenn etwas passierte. Insbesondere, wenn es um Fahrten mit Blaulicht und Martinshorn ging. Er hatte seinen Spitznamen schließlich nicht umsonst bekommen. Stellen Sie sich bitte mal einen Comic vor, zum Beispiel Tom und Jerry . Kater Tom steht locker und lässig mit Zigarre, Zylinder und Schnapsglas da, während Jerrymaus einen Ballon direkt hinter ihm zum Platzen bringt. Im nächsten Bild sieht man nur noch Zigarre, Zylinder und Schnapsglas – und eine Staubwolke. Ohne Tom. So ähnlich sah eine Szene mit Manni aus, wenn der Alarmempfänger auslöste.
    Sieben Minuten später war Manni mit seinem Kollegen bereits am Ort des Geschehens und machte Meldung.
    Manni: »Hier ist der RTW 1/83/2. Ein Lkw hat sich auf die Seite gelegt.«
    Leitstelle: »1/83/2, verstanden. Um welchen Fahrzeugtyp handelt es sich?«
    Manni: »Um einen Lkw. Das sagte ich bereits.«
    Kurze Funkstille. Irgendetwas rauschte im Lautsprecher unseres Funkgerätes. Man konnte förmlich sehen, wie der Leitstellendisponent in sich zusammengekauert auf seinem Bürostuhl schwitzte. Der Kopf hochrot, die Adern geschwollen, mit Schweißperlen auf der Stirn. Die Atmosphäre: dynamitgeladen. Auch der Disponent wusste, mit welchem Rettungsassistenten aus unserem Bereich er es hier zu tun hatte.
    Manni: »Da sprudelt etwas aus dem Lkw.«
    Leitstelle: »Muss ich mir hier alles selbst zusammenreimen?«
    Manni: »Könnte Benzin sein.« Stille. »Nein, Moment. Die Brühe läuft aus dem hinteren großen Tank aus.«
    Leitstelle: »Chemieunfall? Geben Sie mir bitte die Ziffern der Warntafeln durch.«
    Manni: »Das Zeug blubbert gerade ins Erdreich. Auf jeden Fall scheint es ein Chemielaster zu sein.«
    Leitstelle: »Bitte Funkstille bis auf Widerruf, mehrere Alarmierungen ...«
    Auf Knopfdruck waren ein vollständiger Sanitätszug, der ABC-Trupp der nahe gelegenennen Feuerwehr, verschiedene Rettungshubschrauber, das Technische Hilfswerk und mehrere Rettungswagen und Notärzte zur Einsatzstelle unterwegs, insgesamt etwa 50 Einsatzfahrzeuge. Der Dialog zwischen Manni und dem Leitstellendisponenten war aber noch nicht beendet.
    Manni: »Wir haben es mit einer flockenden weißen Flüssigkeit zu tun. Da ist ein riesiger Krater im hinteren Teil des Lkw.«
    »Können Sie mir jetzt endlich sagen, was auf den orangefarbenen Warntafeln steht?«, schnauzte der Disponent. Die Gefahrentafel ist eine rechteckige, orangefarbige Tafel, anhand deren man den Inhalt eines Fahrzeugtanks identifizieren kann. Die darauf abgebildete Gefahrnummer gibt Aufschluss über die Art der Gefahr.
    »Es gibt keine Warntafeln«, antwortete Manni, bestand aber darauf, dass die Warneinrichtung beim Umkippen abgefallen sein musste. Den Einwand, diese Tafeln müssten sich dann doch

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