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Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Sie sehen aber gar nicht gut aus!

Titel: Sie sehen aber gar nicht gut aus! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Strzoda
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allem dazu verwendet, Patienten von A nach B zu fahren, die zwar eine Betreuung, aber nur eine geringe Überwachung benötigen. Hierzu gehören die Blutdruck- oder Blutzuckermessung. Im Rettungswagen ist viel mehr möglich. Man kann einen Notfallpatienten maschinell beatmen oder diesen einer sehr genauen EKG-Diagnostik unterziehen. Der Rettungswagen ist im Gegensatz zum Krankenwagen mit lebensrettenden Notfallmedikamenten ausgerüstet und bietet aufgrund seiner Größe viel mehr Platz.
    Die Tatsache, »nur« einen Krankenwagen zu fahren, schützt die Besatzung jedoch keineswegs davor, auch mal in eine akute Notfallsituation zu geraten.
    Nach der Hinfahrt und einem ausgedehnten Mittagessen beim Chinesen verließen Lenny und ich die Bad Heilbrücker Kurklinik, die drei Fahrstunden von unserer Stadt entfernt lag. Eine Stunde, die wir in bester Laune auf der Straße verbracht hatten, später passierten wir ein Autobahnkreuz, hinter dem ein immer größer werdender Stau begann. Kurz darauf gelangten wir an einen Grünstreifen, auf dem mehrere verbeulte Autos standen. Menschen waren ausgestiegen und liefen herum. Ein weißes Fahrzeug lag auf dem Dach. Für uns hieß das: anhalten und unsere Hilfe anbieten.
    Dem ersten Anschein nach waren drei Personen in dem auf dem Dach liegenden Fahrzeug eingeschlossen. Der Retter macht grundsätzlich einen Unterschied zwischen den Begriffen »eingeschlossen« und »eingeklemmt«. Ersterer bedeutet, dass es dem Fahrzeuginsassen lediglich nicht möglich ist, die Tür zu öffnen und das Fahrzeug zu verlassen. Zum Beispiel kann dies passieren, wenn die Tür durch einen Aufprall stark in Mitleidenschaft gezogen wurde oder der Rahmen des Fahrzeugs verzogen ist. Das heißt aber nicht zwingend, dass dem Fahrzeuginsassen viel passiert sein muss. Er kann dies im besten Fall sogar unverletzt überstehen. Ein eingeklemmter Fahrzeuglenker hingegen ist durch Teile des Autos verletzt und buchstäblich durch ebendiese eingeklemmt. Stellen Sie sich einen Aufprall mit 80 Kilometern pro Stunde vor. Das Auto ist dann mindestens einen Meter kürzer, als es vor der Kollision war. Zwar wird das Blech bis zu einem gewissen Grad zusammengeschoben – das meiste davon wird jedoch in den Fahrzeuginnenraum gedrückt. Dort sitzt blöderweise der Fahrer, der durch das Metall in arge Bedrängnis kommt und eingeklemmt wird. Ein Patient in einer derartigen Lage gilt bis zum Beweis des Gegenteils als schwer verletzt – und wird auch so behandelt.
    Momentan wirkte das Ganze eher ungefährlich und entspannt. Aber es war eine Tatsache, dass wir die Leute erst einmal nicht aus ihren Fahrzeugen befreien konnten. Der Unfall war offenbar gerade erst passiert, da sich außer uns kein weiteres Einsatzfahrzeug in der Nähe befand und auch am Funk nichts von einem derartigen Unfall zu hören war.
    Die erste Maßnahme nach der Sichtung war daher: Lagemeldung an die Rettungsleitstelle. Denn ohne Lagemeldung kam keine weitere Hilfe. Die Unfallbeteiligten waren überrascht und gleichzeitig sehr angetan, uns zu sehen. Klarer Fall: Wenn ich einen Unfall hätte und eine halbe Minute später zufällig der Rettungsdienst dastünde, würde ich mich ebenfalls freuen.
    Kurze Zeit darauf hatte sich ein Insasse des Autos bereits selbst befreit, zwei saßen noch drin. Frau Heller, die ältere, etwas übergewichtige Dame des Trios, befand sich in Rückenlage im Fond des Autos. Der Wagen lag an einem Hang, die Schnauze zeigte bergabwärts.
    »Ich komme nicht raus. Meine Herren, könnten Sie mich bitte befreien?«, rief Frau Heller lachend, strampelte mit den Beinen und erinnerte entfernt an einen überdimensionalen Maikäfer, der nicht in der Lage war, sich umzudrehen. Frau Hellers Gewicht und die Wirkung der Schwerkraft schienen in diesem Moment die größten Probleme für sie bei dem Vorhaben zu sein, sich überhaupt in eine andere Lage zu bringen.
    Die Dame gab an, keine Schmerzen zu haben, konnte alles bewegen und versicherte uns, bester Gesundheit zu sein. Lenny und ich entschlossen uns daher, Frau Heller aus ihrer misslichen Lage zu befreien und sie einfach an den Füßen herauszuziehen. Wir versahen sie dann mit einer Halskrause, legten sie anschließend auf unsere Trage und wiesen einen Passanten an, bei Frau Heller zu bleiben und uns umgehend zu informieren, wenn sich Frau Hellers Zustand verändern sollte – in welche Richtung auch immer.
    Als Nächstes widmeten wir uns dem Fahrer, der uns ebenfalls versicherte, völlig unverletzt zu

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