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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Deshalb hat Mom mich ja auch wieder hergebracht.«
    »Hast du deine Mom gefragt, was los ist?«
    »Die sagt mir sowieso nichts.«
    Yasmin wischte sich beim Tippen die Tränen ab. »Die wollen uns immer nur beschützen, was?«
    Jill fragte sich, ob Yasmin das ironisch oder ernst gemeint hatte  – aber wahrscheinlich war es eine Mischung aus beidem. Yasmin blickte wieder auf den Bildschirm. Sie zeigte darauf.
    »Hier, guck dir das an.«
    Es war eine MySpace-Seite mit dem Titel: »Männlich oder Weiblich?   – Die Geschichte der XY.« Im Hintergrund waren Unmengen an Affen und Gorillas zu sehen. Unter Lieblingsfilme stand Planet der Affen und Hair. Dazu lief Peter Gabriels Stück Shock the Monkey. Dazu waren noch Links zu National-Geographic-Videos eingebaut, in denen es immer um Affen ging. Dazu ein YouTube-Kurzfilm mit dem Titel: »Dancing Gorilla.«
    Das Schlimmste war aber das Bild  – ein Schulfoto von Yasmin mit einem aufgemalten Bart.
    Jill flüsterte: »Das ist ja unglaublich.«
    Yasmin fing wieder an zu weinen.
    »Wie bist du auf die Seite gestoßen?«
    »Marie Alexandra, die blöde Zicke, hat mir den Link geschickt. Und der halben Klasse gleich mit.«
    »Wer hat die Seite gemacht?«
    »Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich sie selbst. Sie klingt in ihrer Mail ganz besorgt, aber ich hab sie fast dabei kichern gehört, als sie das geschrieben hat.«

    »Und die Mail hat sie auch noch an andere Mitschüler geschickt?«
    »Ja. An Heidi, Annie, …«
    Jill schüttelte den Kopf. »Tut mir echt leid.«
    »Das tut dir leid?«
    Jill sagte nichts.
    Yasmin lief rot an. »Irgendjemand wird dafür büßen.«
    Jill sah ihre Freundin an. Vor diesem Vorfall war Yasmin außerordentlich nett und fast schon liebenswürdig gewesen. Sie hatte Klavier gespielt, getanzt und über alberne Filme gelacht. Jetzt sah Jill nur noch die Wut in ihr. Das machte ihr Angst. In den letzten Tagen war so viel danebengegangen. Ihr Bruder war weggelaufen, ihr Vater steckte in irgendwelchen Schwierigkeiten, und jetzt wurde Yasmin auch noch wütender als je zuvor.
    »Yasmin, Jill?«
    Mr Novak rief sie von unten. Yasmin wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Sie öffnete die Tür und rief: »Ja, Daddy?«
    »Ich hab euch ein bisschen Popcorn gemacht.«
    »Wir kommen sofort.«
    »Beth und ich haben überlegt, ob wir vier in die Mall fahren sollen. Wir können ins Kino gehen oder ihr könnt an den Automaten spielen. Was haltet ihr davon?«
    »Wir kommen gleich runter.«
    Yasmin schloss die Tür.
    »Mein Dad muss hier raus. Sonst dreht er noch durch.«
    »Wieso?«
    »Das war vollkommen irre vorhin. Mr Lewistons Frau war hier.«
    »Hier bei euch? Niemals.«
    Yasmin nickte mit weit aufgerissenen Augen. »Also, ich glaub wenigstens, dass sie das war. Ich kenn sie ja nicht. Aber sie war mit seiner alten Schrottkiste hier.«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Sie haben sich gestritten.«

    »Mein Gott.«
    »Ich hab kein Wort verstanden. Aber sie sah ziemlich genervt aus.«
    Von unten: »Das Popcorn ist fertig!«
    Die Mädchen gingen runter. Guy Novak erwartete sie. Er lächelte angestrengt. »Im IMAX läuft der neue Spiderman-Film«, sagte er.
    Es klingelte an der Tür.
    Guy Novak drehte sich um. Sein Körper erstarrte.
    »Dad?«
    »Ich geh schon hin«, sagte er.
    Er ging zur Tür. Mit etwas Abstand folgten die beiden Mädchen. Beth war auch da. Mr Novak sah aus dem kleinen Fenster, runzelte die Stirn und öffnete die Tür. Eine Frau stand davor. Jill sah Yasmin an. Die schüttelte den Kopf. Das war nicht Mr Lewistons Frau.
    Mr Novak fragte: »Was kann ich für Sie tun?«
    Die Frau spähte an ihm vorbei, sah die beiden Mädchen und sah Yasmins Dad dann wieder an.
    »Sind Sie Guy Novak?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Ich heiße Loren Muse. Können wir uns unter vier Augen unterhalten?«

    Loren Muse stand in der Tür.
    Sie sah die beiden Mädchen hinter Guy Novak. Die eine war vermutlich seine Tochter, die andere, tja, vielleicht gehörte sie zu der Frau, die noch hinter den beiden Mädchen stand. Die Frau war, wie sie schnell feststellte, nicht Reba Cordova. Sie sah gut und halbwegs entspannt aus, aber man konnte nie wissen. Muse behielt sie im Auge, suchte nach irgendwelchen Zeichen dafür, dass sie unter Druck stand.
    Im Flur waren keine Anzeichen von Gewalt oder Zerstörung zu
sehen. Die Mädchen wirkten etwas schüchtern, ansonsten aber ganz normal. Vor dem Klingeln hatte Muse kurz das Ohr an die Tür gedrückt. Sie hatte nichts Ungewöhnliches

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