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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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und Ihnen noch ein paar Fragen stellen. Ihre Freundin Beth kann bei den Kindern bleiben. Ich bleibe auch hier. Wenn Sie nichts dagegenhaben, würde ich Ihrer Tochter gern ein paar Fragen über ihre Mutter stellen.«
    »Gut«, sagte er. Und das nahm viel Druck von ihr. Wenn er erst einmal lange hin und her überlegt hätte, tja, der Exmann ist immer ein guter Tatverdächtiger. Sie war sich auch immer noch nicht hundertprozentig sicher, dass er nichts damit zu tun hatte. Sie konnte auch an einen weiteren großen Schauspieler aus der Liga von DeNiro oder Cordova geraten sein. Aber auch in diesem Fall konnte sie sich das nicht richtig vorstellen. Es spielte jetzt aber auch keine Rolle. Clarence würde ihn sowieso vernehmen.
    Clarence sagte: »Sind Sie bereit, Mr Novak?«

    »Ich muss es meiner Tochter sagen.«
    »Es wäre mir lieber, wenn Sie das nicht tun«, sagte Muse.
    »Wie bitte?«
    »Wie ich schon sagte, sind wir noch gar nicht sicher, ob es sich bei der Leiche wirklich um Ihre Frau handelt. Falls es nötig ist, werde ich es Ihnen überlassen, es Ihrer Tochter zu sagen.«
    Guy Novak nickte benommen. »Okay.«
    Clarence ergriff seinen Arm und sagte leise: »Kommen Sie, Mr Novak. Hier entlang.«
    Muse sah ihnen nicht nach. Sie trat ins Haus und ging in die Küche. Die beiden Mädchen saßen mit weit aufgerissenen Augen am Tisch und taten, als äßen sie Popcorn.
    Eins der Mädchen fragte: »Wer sind Sie?«
    Muse lächelte knapp. »Ich heiße Loren Muse. Ich arbeite für den Bezirk.«
    »Wo ist mein Vater?«
    »Bist du Yasmin?«
    »Ja.«
    »Dein Vater hilft meinen Beamten. Er kommt bald zurück. Aber jetzt muss ich dir ein paar Fragen stellen, okay?«

31
    Betsy Hill saß auf dem Fußboden im Zimmer ihres Sohns. Sie hatte Spencers altes Handy in der Hand. Der Akku war schon seit Langem leer. Also hielt sie es einfach fest, starrte es an und wusste nicht, was sie tun sollte.
    Einen Tag nachdem ihr Sohn tot aufgefunden worden war, hatte sie Ron beim Ausräumen des Zimmers erwischt  – genau wie er Spencers Stuhl vom Esstisch in den Keller geräumt hatte. Betsy hatte ihm sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass er damit aufhören
sollte. Bis zu einem gewissen Punkt konnte man sich verbiegen, aber irgendwann zerbrach man  – den Unterschied hatte sogar Ron verstanden.
    Noch Tage nach dem Selbstmord hatte sie schluchzend in Fötushaltung auf dem Fußboden gelegen. Sie hatte wahnsinnige Bauchschmerzen gehabt und einfach nur sterben wollen. Die Todesqualen hätten überwältigend werden und sie dann verschlingen sollen. Aber das war nicht geschehen. Sie legte die Hände auf das Bett ihres Sohns und strich die Laken glatt. Dann legte sie ihr Gesicht auf sein Kissen  – aber sein Geruch war verflogen.
    Wie hatte das passieren können?
    Sie dachte an ihr Gespräch mit Tia Baye, überlegte, was das bedeutete und welche Schlussfolgerungen sich daraus ergaben. Eigentlich gar keine. Letztlich war Spencer tot. Da hatte Ron schon Recht. Auch wenn sie jetzt die Wahrheit erfuhren, änderte das daran nichts  – und auch ihre Wunden würden nicht schneller verheilen. Selbst wenn sie die Wahrheit erfuhr, würde es sie nicht dieser verdammten Akzeptanz näherbringen, weil sie die eigentlich gar nicht suchte. Welche Mutter  – eine Mutter, die bei ihrem Kind schon so viele Fehler gemacht hatte  – würde einfach so weiterleben, die Schmerzen hinter sich lassen und das Ganze irgendwie vergessen wollen?
    »Hey.«
    Sie blickte auf. Ron stand in der Tür. Er versuchte, ihr zuzulächeln. Sie steckte das Handy in ihre Gesäßtasche.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    »Ron?«
    Er wartete.
    »Ich muss erfahren, was an dem Abend wirklich passiert ist.«
    Ron sagte: »Ich weiß.«
    »Wir bekommen ihn dadurch nicht zurück«, sagte sie. »Das ist mir klar. Wahrscheinlich geht es uns dann nicht einmal besser. Aber ich denke, wir müssen es trotzdem versuchen.«

    »Warum?«, fragte er.
    »Ich weiß es nicht.«
    Ron nickte. Er trat ins Zimmer und wollte sich zu ihr herunterbeugen. Einen Moment lang dachte sie, er wollte sie umarmen, und bei dem Gedanken erstarrte ihr Körper. Als er das sah, stoppte er, blinzelte ein paarmal und richtete sich wieder auf.
    »Ich geh lieber wieder«, sagte er.
    Er drehte sich um und verschwand. Betsy zog das Handy aus der Tasche. Sie steckte das Ladegerät ein und schaltete es an. Sie hielt das Handy weiter umklammert, krümmte sich in die Fötushaltung und fing an zu weinen. Sie dachte an ihren Sohn,

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