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gehört, nur dass Guy Novak etwas von Popcorn und einem Film nach oben gerufen hatte.
»Worum geht es?«, fragte Guy Novak.
»Es wäre besser, wenn wir uns allein unterhalten könnten.«
Sie betonte das Wort allein und hoffte, dass er den Hinweis verstand.
»Wer sind Sie?«, fragte er.
In Anwesenheit der Mädchen wollte Muse sich nicht als Ermittlerin der Staatsanwaltschaft zu erkennen geben. Also beugte sie sich vor, sah die Mädchen an, und sah Guy Novak dann fest in die Augen. »Es wäre besser, wenn wir uns allein unterhalten könnten, Mr Novak.«
Endlich begriff er. Er wandte sich an die Frau und sagte: »Beth, geh doch mit den Mädchen in die Küche und gib ihnen das Popcorn.«
»Okay.«
Muse wartete, bis die drei verschwunden waren. Sie versuchte, Guy Novak einzuschätzen. Er wirkte ziemlich fahrig, aber sein Verhalten ließ darauf schließen, dass ihr Erscheinen ihn weniger verängstigte als verärgerte.
Clarence Morrow, Frank Tremont und ein paar Streifenpolizisten waren in der Nähe und behielten die Umgebung im Auge. Noch bestand die schwache Hoffnung, dass Guy Novak Reba Cordova entführt hatte und sie irgendwo hier festhielt, allerdings erschien Loren das mit jeder Sekunde unwahrscheinlicher.
Guy Novak bat sie nicht ins Haus. »Und was ist jetzt?«
Muse zeigte ihm ihre Marke.
»Soll das ein Witz sein?«, fragte er. »Hat Lewiston Sie angerufen?«
Muse hatte keine Ahnung, wer Lewiston war, beschloss aber,
ihn erst einmal reden zu lassen. Also wackelte sie scheinbar unschlüssig mit dem Kopf.
»Das ist ja unglaublich. Ich bin doch nur an ihrem Haus vorbeigefahren. Weiter nichts. Seit wann ist das denn verboten?«
»Kommt drauf an«, sagte Muse.
»Worauf.«
»Auf die Absicht, die Sie damit verfolgten.«
Guy Novak schob seine Brille hoch. »Wissen Sie, was der Mann meiner Tochter angetan hat?«
Sie hatte keine Ahnung, aber auf jeden Fall hatte es Guy Novak beunruhigt. Das gefiel ihr – damit konnte sie arbeiten.
»Ich höre mir gern auch Ihre Version an«, sagte sie.
Dann begann er darüber zu schimpfen, was ein Lehrer zu seiner Tochter gesagt hatte. Muse sah ihm ins Gesicht. Wie bei Neil Cordova hatte sie auch hier nicht den Eindruck, dass der Mann ihr etwas vorspielte. Er fluchte über die Ungerechtigkeit, die man seiner Tochter Yasmin angetan hatte, und dass der Lehrer noch nicht einmal welche auf die Finger bekommen hatte.
Als er Luft holte, fragte Muse: »Was sagt Ihre Frau dazu?«
»Ich bin nicht verheiratet.«
Das wusste Muse natürlich. »Oh, ich dachte, die Frau bei den Mädchen …«
»Beth. Sie ist nur eine Freundin.«
Wieder wartete sie und hoffte, dass er weitererzählte.
Er atmete ein paarmal tief durch und sagte: »In Ordnung, ich hab’s begriffen.«
»Begriffen?«
»Ich nehme an, dass die Lewistons Sie angerufen und sich beschwert haben. Ich hab’s begriffen. Ich werde mit meinem Anwalt darüber sprechen, welche Möglichkeiten mir zur Verfügung stehen.«
Muse erkannte, dass sie so nicht weiterkam. Sie musste es anders versuchen. »Darf ich Sie noch etwas anderes fragen?«
»Wieso nicht?«
»Wie hat Yasmins Mutter auf die Sache reagiert?«
Seine Augen verengten sich. »Warum fragen Sie das?«
»Das ist doch eine naheliegende Frage.«
»Yasmins Mutter nimmt keinen sehr großen Anteil an Yasmins Leben.«
»Trotzdem. Bei so einem einschneidenden Ereignis?«
»Marianne hat uns verlassen, als Yasmin noch klein war. Sie lebt in Florida und sieht ihre Tochter vielleicht vier- oder fünfmal im Jahr.«
»Wann war sie zum letzten Mal hier oben?«
Er runzelte die Stirn. »Was hat das denn damit … Moment, kann ich Ihre Marke noch mal sehen?«
Muse zog sie raus. Dieses Mal sah er sie sich genauer an. »Sie sind vom Bezirk?«
»Ja.«
»Haben Sie was dagegen, dass ich bei Ihnen im Büro anrufe und das bestätigen lasse?«
»Ganz wie Sie wollen.« Muse griff in die Tasche und zog ihre Visitenkarte heraus. »Hier.«
Er las sie laut vor. »Loren Muse. Chefermittlerin.«
»Ja.«
»Chef«, wiederholte er. »Wie kommt das? Sind Sie persönlich mit den Lewistons befreundet?«
Wieder fragte Muse sich, ob das ein cleveres Ablenkungsmanöver war oder ob Guy Novak das ernst meinte.
»Bitte sagen Sie mir, wann Sie Ihre Exfrau zum letzten Mal gesehen haben.«
Er rieb sich das Kinn. »Hatten Sie nicht gesagt, dass es um die Lewistons geht?«
»Bitte beantworten Sie nur meine Frage. Wann haben Sie Ihre Exfrau zum letzten Mal gesehen?«
»Vor drei
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