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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Stunden ihrer Zeit mit fast der gleichen Tätigkeit am guten alten Telefon verbracht hatten, klagten heute über diese Entwicklung. Mike sah das Problem nicht. Seine Generation hatte ihre Telefone, die jetzige hatte ihre Chatrooms und SMSes. Trotzdem machten sie eigentlich genau das Gleiche. Es erinnerte ihn an die alten Leute, die über die Videospiele der Jugendlichen schimpften, während sie selbst in den Bus nach Atlantic City stiegen, um die Geldautomaten mit Münzen zu füttern. Das war doch einfach nur Heuchelei.
    »Hier, guck mal.«
    Mike setzte die Lesebrille auf. Er benutzte sie erst seit ein paar Monaten und praktisch genauso lange verabscheute er das lästige Ding auch schon. Adams Name in diesem Chatroom lautete immer noch HockeyAdam1117. Den Namen hatte er schon vor Jahren gewählt. Die Zahl war eine Kombination aus der Rückennummer seines Lieblingseishockeyspielers Mark Messiers, der mit der 11 spielte, und Mikes 17 aus seiner Zeit in Dartmouth. Komisch, dass Adam den Namen nicht geändert hatte. Vielleicht war das aber auch ganz logisch. Andererseits, und das war wohl am wahrscheinlichsten, konnte es auch überhaupt keine Bedeutung haben.
    CeeJay8115: Alles ok?
HockeyAdam1117: Alles gelaufen. Mund halten, alles im Griff.
    Die eingeblendete Uhrzeit zeigte, dass dann eine ganze Minute lang nichts eingegeben wurde.
    CeeJay8115: Noch da?
HockeyAdam1117: Ja.
CeeJay8115: Alles ok?
HockeyAdam1117: Alles ok.
CeeJay8115: Gut. Bis Freitag.
    Das war das Ende.
    »Mund halten, alles im Griff«, wiederholte Mike.
    »Ja.«
    »Was soll das heißen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Vielleicht geht’s um irgendwas aus der Schule. Vielleicht haben sie jemanden beim Schummeln beobachtet oder so.«
    »Möglich.«
    »Oder es bedeutet gar nichts. Könnte irgendetwas aus so einem Online-Adventure-Game sein.«
    »Möglich«, sagte Tia noch einmal, war aber offensichtlich nicht überzeugt.
    »Wer ist CeeJay8115?«, fragte Mike.
    Sie schüttelte den Kopf. »Das ist das erste Mal, dass der Name mir im Chat mit Adam aufgefallen ist.«
    »Oder sie.«
    »Stimmt, oder sie.«
    »Bis Freitag. Dann geht CeeJay8115 auch zur Party bei den Huffs. Bringt uns das weiter?«
    »Ich wüsste nicht wie.«
    »Und jetzt? Fragen wir Adam nach ihm?«

    Tia schüttelte den Kopf. »Das ist alles zu unbestimmt, oder findest du nicht?«
    »Doch«, stimmte Mike zu. »Außerdem erfährt er dann, dass wir ihn bespitzeln.«
    Beide standen nebeneinander in der Küche. Mike las die Zeile noch einmal. Der Inhalt hatte sich nicht verändert.
    »Mike?«
    »Ja.«
    »Worüber muss Adam den Mund halten, damit sie alles im Griff haben?«

    Nash hatte den buschigen Schnurrbart in die Tasche gesteckt und sich auf den Beifahrersitz des Lieferwagens gesetzt. Pietra fuhr. Die strohhaarige Perücke hatte sie abgenommen.
    Nash hielt Mariannes Handy in der rechten Hand. Es war ein Blackberry Pearl. Man konnte damit E-Mails schicken, Fotos machen, Videos angucken, Texte schreiben, den Terminkalender und das Adressbuch mit der Datenbank im PC abgleichen und darüber hinaus auch noch telefonieren.
    Nash drückte eine Taste. Das Display wurde hell. Ein Foto von Mariannes Tochter erschien. Er musterte es kurz. Bedauernswert, dachte er. Er ging auf das Icon für die E-Mails, suchte eine E-Mail-Adresse heraus und tippte den Text ein:
    Hi! Ich bin für ein paar Wochen in Los Angeles. Ich melde mich, wenn ich wieder da bin.
    Er unterschrieb mit Marianne, kopierte den Text und schickte ihn an zwei weitere Adressen. Dann schickte er die Mails ab. Die Leute, die Marianne kannten, würden sie vorerst nicht vermissen. Soweit Nash das beurteilen konnte, machte sie so etwas öfter  – verschwinden, um dann später irgendwann wieder aufzutauchen.
    Aber dieses Mal … Na ja, verschwinden würde sie schon.
    Pietra hatte Marianne etwas in den Drink getan, als Nash sie mit der Kain-Affe-Theorie abgelenkt hatte. Danach, im Lieferwagen, hatte Nash sie geschlagen. Er hatte hart und immer wieder zugeschlagen. Erst hatte er sie geschlagen, um ihr Schmerzen zuzufügen. Damit sie ihm erzählte, was sie wusste. Als er sicher war, dass sie ihm nichts verheimlichte, hatte er sie totgeschlagen. Und zwar in aller Ruhe. Im Gesicht eines Menschen gab es vierzehn Knochen. Er hatte sich bemüht, so viele wie möglich davon zu brechen oder einzuschlagen.
    Nash hatte Mariannes Gesicht mit fast chirurgischer Präzision zerschlagen. Einige Techniken dienten dazu, einen Gegner außer Gefecht zu setzen, indem sie

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