Sie sehen dich
was ich da jetzt machen soll.«
»Rede mit ihm«, sagte sie.
»Das hab ich schon«, sagte Mike. »Ich hab ihm das mit den Vögeln und den Bienen erklärt. Ich habe ihm gesagt, dass Sex dann am besten ist, wenn Liebe mit im Spiel ist. Ich habe versucht, ihm beizubringen, dass er Frauen respektieren soll und sie nicht zu Objekten degradieren darf.«
»Zumindest diesen letzten Punkt«, sagte Tia, »hat er wohl nicht so richtig verinnerlicht.«
»Diesen letzten Punkt hat noch nie ein männlicher Teenager auf der Welt verinnerlicht. Ich bin nicht mal sicher, ob irgendein männlicher Erwachsener auf der Welt das wirklich verinnerlicht hat.«
Tia trank einen Schluck Kaffee. Sie ließ die sich daraus ergebende Frage ungestellt im Raum stehen. Er sah die Krähenfüße in ihren Augenwinkeln. Sie betrachtete sie jetzt häufig im Spiegel. Alle Frauen haben Probleme mit ihrem Körper, Tia jedoch war mit ihrem Aussehen bisher immer zufrieden gewesen. In letzter Zeit haderte sie aber doch gelegentlich, wenn sie sich im Spiegel ansah. Sie hatte sich die Haare gefärbt, um die ersten grauen Strähnen zu überdecken. Sie achtete genauer auf die ganz normalen Alterserscheinungen, wie tiefer werdende Falten und erschlaffende Haut, und sie machte sich Sorgen deswegen.
»Bei erwachsenen Männern ist das was anderes«, sagte sie.
Er wollte etwas Versöhnliches sagen, beschloss aber, lieber zu schweigen, solange er noch in Führung lag.
Tia sagte: »Da haben wir ja eine richtige Büchse der Pandora geöffnet.«
Er hoffte, dass sie noch über Adam sprach. »Sieht wohl so aus.«
»Ich will Bescheid wissen. Und gleichzeitig hasse ich dieses Wissen.«
Er nahm ihre Hand. »Was machen wir mit der Party?«
»Was meinst du?«
»Da können wir ihn nicht hingehen lassen«, sagte er.
»Also müssen wir uns was einfallen lassen, damit er zu Hause bleibt?«
»Aber was?«
»Er hat mir erzählt, dass er mit Clark zu Olivia Burchell geht. Wenn wir ihm das einfach verbieten, merkt er sofort, dass irgendwas im Busch ist.«
Mike zuckte die Achseln. »Pech für ihn. Wir sind Eltern. Wir dürfen irrational handeln.«
»In Ordnung. Dann sagen wir ihm also, dass er morgen Abend zu Hause bleiben soll.«
»Gut.«
Sie biss sich auf die Unterlippe. »Er hat die ganze Woche getan, was wir ihm gesagt haben, und auch seine Hausaufgaben gemacht. Normalerweise darf er freitagabends weggehen.«
Beide wussten, dass es Streit geben würde. Mike war zwar bereit zu kämpfen, aber nur, wenn es auch Sinn hatte. Man musste genau darüber nachdenken, wann und wofür man kämpfte, sonst verzettelte man sich. Und wenn sie Adam verboten, zu Olivia Burchell zu gehen, würde er Verdacht schöpfen.
»Sollten wir ihm nicht lieber sagen, dass er zu einer bestimmten Zeit zu Hause sein muss?«, schlug er vor.
»Und was machen wir, wenn er sich nicht daran hält? Stehen wir dann bei den Huffs auf der Matte?«
Sie hatte Recht.
»Hester hat mich heute in ihr Büro bestellt«, sagte Tia. »Ich soll morgen in Boston eine Vorverhandlung führen.«
Mike wusste, wie viel Tia das bedeutete. Seit sie wieder arbeitete, hatte sie praktisch nur Routinejobs bekommen. »Hey, das ist ja klasse.«
»Ja. Das heißt aber auch, dass ich dann nicht zu Hause bin.«
»Kein Problem. Ich krieg das schon hin«, sagte Mike.
»Jill übernachtet bei Yasmin. Um die brauchst du dich dann nicht zu kümmern.«
»Gut.«
»Hast du nicht noch eine bessere Idee, wie du Adam davon abhalten kannst, zu dieser Party zu gehen?«
»Ich lass mir das noch mal durch den Kopf gehen«, sagte Mike. »Vielleicht fällt mir was ein.«
»Gut.«
Dann verdunkelte ihr Gesicht sich wieder. Er erinnerte sich. »Du hattest was von zwei Punkten gesagt.«
Sie nickte, und etwas veränderte sich in ihrer Miene. Nicht viel. Ein Pokerspieler hätte es wohl einen Tell genannt. So war das, wenn man lange verheiratet war. Man konnte die Tells leicht lesen – oder der Partner bemühte sich einfach nicht mehr, sie zu verstecken. Jedenfalls wusste Mike, dass ihn keine guten Neuigkeiten erwarteten.
»In einem Chat ist mir auch noch was aufgefallen«, sagte Tia. »Das war vorgestern.«
Sie griff in ihre Handtasche und zog den Bericht heraus. Chatten. Da unterhielten sich Jugendliche miteinander, indem sie etwas in ihre Computer eintippten. Wenn man es gedruckt mit den Namen und Doppelpunkten vor sich hatte, sah es aus wie ein schlecht gemachtes Drehbuch. Die Eltern, von denen die meisten als Teenager viele pubertäre
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