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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Unabhängigkeit sie ihren Kindern gewähren. Die Entscheidung liegt ganz bei euch. Ihr müsst über alles Bescheid wissen. In der Familie herrscht keine Demokratie. Ihr müsst nicht alles bis ins letzte Detail regeln, aber ihr müsst einschreiten können, wenn es nötig ist. Wissen ist Macht. Eine Regierung kann diese Macht missbrauchen, weil ihr das Interesse der Menschen nicht unbedingt am Herzen liegt. Bei euch ist das was anderes. Ihr beide seid klug genug. Was soll da schon schiefgehen?«
    Mike sah ihn nur an.
    Tia sagte: »Mo?«
    »Ja.«
    »Ist das einer dieser raren gemeinsamen Augenblicke?«

    »Mein Gott, das will ich nicht hoffen.« Mo setzte sich auf einen der Hocker am Küchentresen. »Und was habt ihr gefunden?«
    »Ich hoffe, dass du das jetzt nicht in den falschen Hals kriegst«, sagte Tia. »Aber ich glaube, es wäre besser, wenn du jetzt gehst.«
    »Er ist mein Patensohn. Auch mir liegt sein Wohlergehen am Herzen.«
    »Er ist nicht dein Patensohn. Und wenn ich deine Argumente von eben noch einmal aufgreifen darf, interessiert sich keiner mehr für ihn und sein Wohlergehen als seine Eltern. Und auch wenn du ihn wirklich gern hast, dazu gehörst du nun mal nicht.«
    Er starrte sie nur an.
    »Was ist?«
    »Ich kann es nicht ausstehen, wenn du Recht hast.«
    »Was glaubst du, wie es mir geht?«, sagte Tia. »Bis du mir eben zugestimmt hast, war ich felsenfest davon überzeugt, dass es richtig war, ihm nachzuspionieren.«
    Mike sah den beiden zu. Tia zupfte sich an der Unterlippe herum. Das tat sie nur, wenn sie in Panik war. Der Witz sollte das nur überspielen.
    Mike sagte: »Mo.«
    »Ja, ja, alles klar. Ich geh ja schon. Aber eins noch.«
    »Was?«
    »Gibst du mir mal eben dein Handy?«
    Mike verzog das Gesicht. »Wieso. Funktioniert deins nicht?«
    »Gib’s mir einfach, ja?«
    Mike zuckte die Achseln. Er zog sein Handy aus der Tasche und reichte es Mo.
    »Wer ist dein Anbieter?«, fragte Mo.
    Mike sagte es ihm.
    »Und ihr habt alle das gleiche Handy? Adam auch?«
    »Ja.«
    Mo starrte noch eine Weile auf das Handy. Mike sah Tia an.
Sie zuckte die Achseln. Mo drehte das Handy um und gab es Mike zurück.
    »Was sollte das denn?«
    »Erklär ich euch später«, sagte Mo. »Jetzt kümmert euch erst mal um euren Sohn.«

5
    »Und was hast du auf Adams Computer entdeckt?«, fragte Mike.
    Sie saßen am Küchentisch. Tia hatte schon Kaffee gemacht. Sie trank einen entkoffeinierten Frühstückskaffee. Mike hatte sich für einen schwarzen Espresso entschieden. Einer seiner Patienten arbeitete für einen Hersteller von Pad-Kaffeemaschinen. Als Dankeschön für eine erfolgreich verlaufene Transplantation hatte er Mike eine geschenkt. Die Maschine war sehr einfach zu bedienen: Man nahm das Pad, legte es ein, die Maschine machte den Kaffee.
    »Zwei Sachen«, sagte Tia.
    »Okay.«
    »Erstens ist er morgen Abend bei den Huffs zu einer Party eingeladen«, sagte Tia.
    »Na und?«
    »Und die Huffs fahren übers Wochenende weg. Laut dieser E-Mail werden sie die ganze Nacht versuchen, sich abzufüllen.«
    »Mit Alkohol, Drogen oder was?«
    »Das wird aus der E-Mail nicht klar. Sie wollen sich irgendeine Ausrede ausdenken, damit sie da übernachten und sich, ich zitiere, ›so richtig zudröhnen‹ können.«
    Die Huffs. Daniel Huff, war der Chef der örtlichen Polizei. Sein Sohn  – alle nannten ihn nur DJ  – war wohl der größte Chaot seines Jahrgangs.
    »Was ist?«, fragte sie.

    »Ich überleg nur.«
    Tia schluckte. »Wen haben wir da großgezogen, Mike?«
    Er sagte nichts.
    »Ich weiß, dass du den Computerbericht sehen willst, aber … ?« Sie schloss die Augen.
    »Was?«
    »Adam guckt sich im Internet Pornofilme an«, sagte sie. »Hast du das gewusst?«
    Er sagte nichts.
    »Mike?«
    »Und was willst du jetzt machen?«, fragte er.
    »Hältst du das nicht für falsch?«
    »Ich hab mir mit sechzehn den Playboy besorgt.«
    »Das ist was anderes.«
    »Wirklich? Das war alles, woran wir damals gekommen sind. Das Internet gab’s ja noch nicht. Wenn es das schon gegeben hätte, hätte ich es auch dafür genutzt  – ich hätte alles Mögliche gemacht, um mir eine nackte Frau anzugucken. Und der Zeitgeist fördert das noch. Du brauchst doch nur irgendwelche Medien anzugucken, schon siehst oder hörst du was über Sex. Und wirklich absurd wäre es erst, wenn ein Sechzehnjähriger kein Interesse an nackten Frauen hätte.«
    »Du findest das also gut und richtig?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich weiß bloß nicht,

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