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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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wohl ein Lachen sein. Als sie den Mund öffnete, fiel ihre Schneidezahnbrücke nach unten. Mike roch, dass sie einen Kaugummi kaute  – was aber den fauligen Gestank eines toten Zahns nicht überdecken konnte.
    »Wo ist er?«
    »Hast du ein bisschen Geld für mich?«
    »Genug, wenn Sie mir sagen, wo er ist.«
    »Lass doch mal sehen.«
    Mike gefiel das nicht, er wusste aber auch nicht, was er sonst machen sollte. Also zog er einen Zwanzigdollarschein aus dem Portemonnaie. Sie streckte ihre knochige Hand aus. Die Hand erinnerte Mike an ein altes »Geschichten aus der Gruft«-Comic, auf dem ein Skelett eine Hand aus dem Grab streckte.
    »Den kriegen Sie, sobald Sie mir gesagt haben, wo er hin ist«, sagte er.
    »Traust du mir nicht?«
    Mike hatte keine Zeit. Er zerriss den Schein und gab ihr eine Hälfte. Sie nahm ihn und seufzte.
    »Jetzt reden Sie, dann kriegen Sie die andere Hälfte«, sagte Mike. »Wo ist er?«
    »Ach, Schätzchen«, sagte sie. »Er steht doch direkt hinter dir.«
    Mike wollte sich gerade umdrehen, als ihm jemand eine Faust in die Leber rammte.
    Ein guter Leberhaken nimmt einem alle Kampfeslust und lähmt einen sogar einen Moment lang. Das wusste Mike. So gut war dieser hier nicht, aber auch nicht weit davon entfernt. Mike sackte zusammen und taumelte ein paar Schritte zur Seite. Sein Mund öffnete sich, es kam aber kein Laut heraus. Er fiel auf ein Knie. Ein zweiter Schlag traf ihn am Ohr. Etwas Hartes prallte auf seinen Kopf. Mike versuchte, sich klarzumachen, was passierte, den Angriff zu überstehen, aber dann bekam er einen Tritt unter die Rippen. Er fiel auf den Rücken.
    Er reagierte rein instinktiv.
    Weg hier, dachte er.
    Mike rollte zur Seite, als sich etwas Spitzes in seinen Arm bohrte. Wahrscheinlich eine Glasscherbe. Er wollte wegkrabbeln, bekam aber einen Schlag auf den Kopf. Er spürte förmlich, wie sein Gehirn im Kopf nach links geschleudert wurde. Eine Hand packte ihn am Knöchel.
    Mike trat nach hinten aus. Er traf etwas Weiches, Nachgiebiges. Eine Stimme schrie: »Scheiße!«
    Jemand stürzte sich auf ihn. Mike war schon früher häufiger in Schlägereien verwickelt, allerdings nur auf dem Eis. Trotzdem hatte er dabei ein paar Dinge gelernt. Zum Beispiel, dass man nicht mit den Fäusten zuschlug, wenn das nicht nötig war. Dabei brach man sich schnell mal die Hand. Aus einer gewissen Distanz konnte man das zwar machen, aber hier war ihm der Gegner sehr nah. Er winkelte den Arm an und schwang blind aus. Sein Unterarm fand Kontakt. Etwas knackte und knirschte, dann spritzte Blut.
    Offenbar hatte er eine Nase getroffen.
    Dann traf ihn ein weiterer Schlag, den er auszupendeln versuchte. Er trat wild um sich. Die Dunkelheit war von Grunzen und Stöhnen erfüllt. Mike warf den Kopf zurück und versuchte eine Kopfnuss.

    »Hilfe!«, schrie Mike. »Hilfe! Polizei!«
    Irgendwie kam er dann wieder auf die Beine. Gesichter konnte er nicht erkennen, sondern nur, dass es mehrere Personen waren. Mehr als zwei, vermutete er. Alle stürzten sich gleichzeitig auf ihn. Er knallte gegen den Müllcontainer. Ein Knäuel von Körpern wälzte sich über den Boden, er mittendrin. Mike wehrte sich mit aller Macht, aber jetzt hatte er alle auf sich. Mit den Fingernägeln zerkratzte er ein Gesicht. Sein Hemd riss.
    Und dann sah Mike ein Messer.
    Bei dem Anblick erstarrte er. Wie lange, konnte er nicht sagen. Seinen Gegnern reichte es. Er sah das Messer, erstarrte, dann spürte er einen dumpfen Schlag seitlich am Kopf. Sein Kopf fiel nach hinten und knallte aufs Pflaster. Jemand presste seine Arme zu Boden, ein anderer seine Beine. Etwas traf ihn auf der Brust. Dann kamen die Schläge von überall. Mike wollte sich zusammenkrümmen, den verletzlichen Bauch schützen, aber seine Gliedmaßen gehorchten ihm nicht.
    Er spürte, wie er ohnmächtig wurde. Er gab auf.
    Die Schläge hörten auf. Der Druck auf Mikes Brust ließ nach. Jemand war aufgestanden oder von ihm heruntergestoßen worden. Mike konnte die Beine wieder bewegen.
    Er öffnete die Augen, sah aber nur Schatten. Ein letzter Tritt mit der Schuhspitze traf ihn unter der Schläfe. Alles wurde dunkel, und dann spürte er gar nichts mehr.

16
    Um drei Uhr morgens versuchte Tia es noch einmal auf Mikes Handy.
    Keine Antwort.
    Das Four Seasons Hotel in Boston war hübsch, und Tia gefiel
ihr Zimmer. Tia übernachtete gerne in schicken Hotels  – wer tat das nicht? Ihr gefielen die frischen Laken, der Zimmerservice und dass sie ganz allein durchs

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