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Titel: Sie sehen dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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tat sich nichts. Er wollte gerade ein drittes Mal klopfen, als die Tür geöffnet wurde. Anthony, der Türsteher, stand vor ihm. Er verschränkte die kräftigen Arme und sagte: »Sie sehen richtig beschissen aus.«
    »Vielen Dank für das Kompliment.«
    »Wie haben Sie mich gefunden?«
    »Ich hab mir im Internet Fotos der Footballmannschaft von Dartmouth aus den letzten Jahren angeguckt. Und weil Sie erst letztes Jahr Ihren Abschluss gemacht haben, steht auf der Seite mit den Absolventen noch Ihre aktuelle Adresse.«
    »Clever«, sagte Anthony mit einem leichten Lächeln. »Wir ehemaligen Dartmouth-Studenten, wir sind schon sehr clever.«
    »Ich bin in der Gasse überfallen worden.«
    »Ich weiß. Wer hat denn wohl die Polizei gerufen?«
    »Sie?«
    Er zuckte die Achseln. »Kommen Sie. Gehen wir ein bisschen spazieren.«
    Anthony schloss die Tür hinter sich. Er trug Sportkleidung, Shorts und eins von diesen eng anliegenden, ärmellosen Shirts,
die auf einmal angesagt waren  – und zwar nicht nur bei Burschen wie Anthony, die das tragen konnten, sondern auch bei alten Knackern wie ihm, bei denen das eigentlich gar nicht ging.
    »Das ist nur ein Sommerjob«, sagte Anthony. »Die Arbeit im Club, meine ich. Macht aber Spaß. Ab Herbst studiere ich Jura an der Columbia.«
    »Meine Frau ist Anwältin.«
    »Ich weiß. Und Sie sind Arzt.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Er grinste. »Sie sind nicht der Einzige, der alte Unikontakte nutzen kann.«
    »Sie haben mich im Internet gesucht?«
    »Nein. Ich hab Ken Karl angerufen, der ist jetzt Eishockeytrainer, hat früher aber auch mal die Defensive Line der FootballMannschaft trainiert. Ich hab Sie beschrieben und erzählt, dass Sie angeblich mal in der Studentennationalmannschaft gespielt haben. Er hat sofort ›Mike Baye‹ gesagt. Er meinte, Sie wären einer der besten Eishockeyspieler gewesen, die die Uni je gehabt hat. Sie halten immer noch irgendeinen Torjägerrekord.«
    »Heißt das, uns verbindet was, Anthony?«
    Der große Mann antwortete nicht.
    Sie gingen die kurze Treppe hinunter auf die Straße. Anthony wandte sich nach rechts. Ein Mann, der ihnen entgegenkam, rief: »Yo, Ant!«, und die beiden Männer begrüßten sich mit einem komplizierten Händeschüttelritual, bevor sie weitergingen.
    Mike sagte: »Erzählen Sie mir, was gestern Abend passiert ist.«
    »Drei oder vier junge Burschen haben Sie zu Brei getreten. Ich hab den Radau gehört. Als ich rüberkam, sind sie abgehauen. Einer von denen hatte ein Messer in der Hand. Ich dachte, Sie sind hinüber.«
    »Sie haben sie vertrieben?«
    Anthony zuckte die Achseln.
    »Danke.«

    Wieder ein Achselzucken.
    »Haben Sie sie gesehen?«
    »Die Gesichter nicht. Aber es waren Weiße. Waren stark tätowiert. Schwarze Klamotten. Ziemlich fertige, hagere Typen und meiner Meinung nach total breit. Außerdem waren sie scheißwütend. Einer hat sich die Nase gehalten und geflucht.« Wieder lächelte Anthony. »Ich glaub, Sie haben sie gebrochen.«
    »Und Sie haben dann die Cops gerufen?«
    »Ja. Unglaublich, dass Sie schon wieder auf den Beinen sind. Ich dachte, die hätten Sie mindestens eine Woche außer Gefecht gesetzt.«
    Sie gingen weiter.
    »Gestern Abend, der Bursche mit der Schulmannschaftsjacke«, sagte Mike. »Hatten Sie ihn schon mal gesehen?«
    Anthony antwortete nicht.
    »Meinen Sohn haben Sie auf dem Foto auch erkannt.«
    Anthony blieb stehen. Er zog eine Sonnenbrille aus dem Kragen und setzte sie auf. So sah man seine Augen nicht mehr. Mike wartete.
    »Unsere Big-Green -Verbindung hat ihre Grenzen, Mike.«
    »Sie haben gesagt, Sie finden es unglaublich, dass ich schon wieder auf den Beinen bin.«
    »Das stimmt.«
    »Wollen Sie wissen, warum?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Mein Sohn wird immer noch vermisst. Er heißt Adam. Er ist sechzehn, und ich glaube, er ist in großer Gefahr.«
    Anthony ging weiter. »Das tut mir leid.«
    »Ich brauche ein paar Informationen.«
    »Seh ich aus wie die Gelben Seiten? Ich lebe hier. Ich rede nicht über das, was ich hier sehe.«
    »Jetzt kommen Sie mir nicht mit diesem ›Kodex der Straße‹ oder solchem Scheiß.«

    »Dann kommen Sie mir nicht mit dem ›Dartmouth-Studenten müssen zusammenhalten‹-Scheiß.«
    Mike legte dem großen Mann eine Hand auf den Arm. »Ich brauche Ihre Hilfe.«
    Anthony zog den Arm weg und ging schneller. Mike holte ihn ein.
    »Sie werden mich nicht los, Anthony.«
    »Das hab ich auch nicht erwartet«, sagte er. »Waren Sie gern da?«
    »Wo?«
    »In

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