Sie sind mein Glücksstern, Georgina (German Edition)
als die meisten Frauen, die er bislang kennengelernt hatte – außer Susanna Wolfe natürlich. Und er wollte Georgie gerade ein Kompliment machen, wie charmant und kultiviert sie war, als Craig und ein weiterer Diener den Tee und frisches Gebäck servierten, darunter Kekse, die Georgie als “Bosworth Jumbles” identifizierte.
“‘Bosworth Jumbles’? Warum kenne ich die nicht?”, fragte Jesmond erstaunt.
“Vermutlich werden sie schon in der Küche verzehrt”, meinte Georgie lachend.
“Dann sind diese hier sicherlich für Sie bestimmt!” Jesmond hatte von Craig gehört, dass Mrs Herron bei den Dienstboten von Jesmond House und auch Pomfret Hall sehr beliebt war.
Während des improvisierten Mahles und des fröhlichen Wortwechsels mit Fitz vergaß Georgie allmählich ihre Aufregung. Jesmond nahm die Angelegenheit so gelassen. Und doch … eine innere Stimme sagte ihr, dass seine Ruhe nur gespielt war. Sie sagte ihr aber auch, diese Erkenntnis für sich zu behalten.
Plötzlich wurde Jesmond ernst. “Bei der heutigen Post waren einige interessante Neuigkeiten über den Bankier Bowlby. Sie werden mir verzeihen, wenn ich Ihnen keine Einzelheiten anvertraue. Es ist absolut notwendig, dass nur Kite und ich davon wissen. Eins kann ich Ihnen aber versichern, die Sorgen Ihrer Schwägerin werden bald ausgestanden sein. Nur, behalten Sie das vorerst für sich.”
“Bestimmt”, erwiderte Georgie und sah ihn mit ihrem ansteckenden Lächeln an. “Es ist nicht weise, meiner Schwägerin etwas anzuvertrauen.”
“Selig die Unwissenden”, zitierte Jesmond grinsend.
“Unhöflich, aber wahr”, stimmte Georgie ihm zu und wechselte das Thema. “Sind Sie heute auch zum Abendessen bei den Firths eingeladen?”
“Mrs Firth hat mir persönlich die Einladung gebracht. Ihr Bruder ist zu Besuch, und sie möchte ihn uns oder uns ihm – so recht habe ich es nicht verstanden – vorstellen. Er scheint ein sehr gelehrter Mann zu sein, dieser Dr. Maynard Shaw.”
Georgies lebhaftes Mienenspiel veränderte sich abrupt, es drückte tiefe Ablehnung aus.
“Wussten Sie nicht, dass Dr. Maynard Shaw in Netherton ist?”
“Nein! Dann hätte ich die Einladung nämlich nicht angenommen … Migräne vorgeschützt.”
“Sie kennen ihn?”
“Nur zu gut.”
“Darf ich fragen, weshalb Sie ihm aus dem Weg gehen wollen – oder möchten Sie mir das nicht erzählen?”
Sie zögerte. Doch sie waren sich bereits so nahe gewesen wie Mann und Frau sich nur nahe kommen konnten. Er hatte sie zwar enttäuscht, aber sie liebte ihn. “Er hat einen schlechten Charakter”, vertraute sie Jesmond an. “Er teilte die liberalen Ideen meines Mannes – insbesondere dass Frauen sich in der Liebe genauso wie Männer verhalten können. Ich habe aber Grund zu der Annahme, dass er hinterhältig ist.” Ihre Augen glänzten verräterisch.
Jesmond nahm ihre Hand und drückte sie liebevoll. “Darf ich Sie heute Abend beschützen, Mrs Georgie? Wenn ja, dann gehen Sie in der Gewissheit zu den Firths, dass Ihr Ritter über Sie wacht – als Zeichen Ihrer Gunst schenken Sie mir das hübsche Taschentuch, das Sie da an ihrem Gürtel tragen.”
“Oh, Fitz”, seufzte sie. “Ich schäme mich meiner bösen Worte. Seien Sie vorsichtig, Dr. Shaw ist böse und hinterhältig.”
“Ich bin gewarnt!” Jesmond bewunderte ihr Urteilsvermögen. Sein erster Eindruck von Georgie war der einer impulsiven Person gewesen, die frank und frei ihre Meinung sagte, sich der Laune des Augenblicks hingab. Doch nach und nach entdeckte er immer mehr geheimnisvolle Züge an dieser Frau. Sie konnte verschwiegen oder offen sein – wie es die Situation erforderte. Ihre Ehe war wohl eine schwierige Beziehung gewesen. Nicht verwunderlich angesichts des Altersunterschiedes. Offensichtlich hatte Dr. Charles Herron seine junge Frau wie einen seiner Studenten erzogen … aber was hatte er ihr noch beigebracht?
Doch es war weder der Ort noch der richtige Zeitpunkt, dies herauszufinden. Er nahm das Taschentuch, um das er gebeten hatte, küsste es und band es sich ins Knopfloch seines dunkelblauen Gehrocks. “Ich hoffe, Sie vergeben mir. Nur um Ihrer Sicherheit willen stecke ich meine Nase in Ihre Angelegenheiten.”
Georgie war aufgestanden und sah ihn etwas verlegen an. “Ich vergebe Ihnen, aber das soll nicht bedeuten, dass wir uns wieder wie an jenem Nachmittag benehmen können. Es war nicht nur unmoralisch, sondern auch – wie sich herausgestellt hat – gefährlich.”
Der
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