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Sie und Er

Sie und Er

Titel: Sie und Er Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea de Carlo
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dumpfen Widerstand seiner Körpermasse. Die Leute an den anderen Tischen haben sich jetzt fast alle umgedreht und verfolgen aufmerksam das Schauspiel.
    Mit unerwarteter Kraft und Gewandtheit wirft sich die Moletto dazwischen: »He, aufhören!«, schreit sie. »Basta! Ihr führt euch ja auf wie kleine Kinder!« Sie presst die Fingerspitzen hinten in Desertis rechten Ellbogen, so dass er loslässt, drängt ihn zur Seite, stemmt ihren Fuß gegen Albertos Fessel, bringt ihn aus dem Gleichgewicht und schiebt ihn zur anderen Seite. Sie nutzt die Überraschung der beiden Männer aus, um Alberto, der sich schon wieder nach Deserti umdreht, am Arm zu nehmen und Richtung Bar zu ziehen. Deserti bleibt unschlüssig am Tisch stehen, noch voller Rauflust, aber mit dem zunehmenden Eindruck, sich lächerlich gemacht zu haben. Er macht eine wütende Geste zu den Gästen hin, die ihn weiter anstarren; sie wenden sich ab und beobachten Clare Moletto und Alberto, die vor der Bar diskutieren.
    Sie gestikulieren und gehen hin und her, die Moletto leichtfüßig und harmonisch, Alberto schwerfällig und schwankend, mit vorgeneigtem Oberkörper. Er zupft an seinem Pferdeschwanz, schüttelt den Kopf, fasst sich zwischen die Beine, dreht sich in verschiedene Richtungen, redet, redet, redet. Sie hört zu, hebt und senkt beide Hände in dem Versuch, ihn zu beschwichtigen, weicht aus, um die Distanz wiederherzustellen, wenn er sie am Arm packen oder ihr zu nahe treten will. Doch ihre Miene ist übertrieben mitleidig, ernst und einfühlsam.
    Deserti muss sich ehrlich anstrengen, um nicht aufzustehen und Alberto wieder am Schlafittchen zu packen und der Szene so ein Ende zu machen. Er bemüht sich, nicht hinzuschauen, sich andersherum zu setzen, sich auf das Schauspiel der Sonne zu konzentrieren, die den Himmel und das Meer mit rotem Widerschein entflammt. Absurd, denkt er, wie kommt es, dass er Beschützergefühle oder sogar Besitzansprüche gegenüber einer Frau entwickelt hat, die er kaum kennt? Er sollte seinen Hang, das Leben zum Roman zu machen, besser im Zaum halten.
    Die Sonne scheint jetzt genau über der Horizontlinie stillzustehen, als hätten die Hitze und das Licht den Tag so weit gedehnt, dass er nie mehr aufhört. Doch dann berührt die Sonne das Meer und taucht mit wachsender Geschwindigkeit unter, verschwindet; was bleibt, sind bloß ein paar blassviolette und orangefarbene Streifen am Himmel. Er streckt die Füße aus, versucht, tief ein- und auszuatmen, denkt daran, wie viele andere Gründe zur Sorge und Unzufriedenheit er hat.
    Die Moletto kommt an den Tisch zurück: »Tut mir leid.« Sie wirkt beunruhigt, sieht ihm nicht in die Augen.
    »Was war denn da los?«, fragt er mit schlecht geheuchelter Gleichgültigkeit.
    »Lassen wir’s lieber.« Sie setzt sich, trinkt aber nicht mehr, betrachtet ihr Glas, in dem das Eis längst geschmolzen ist, wodurch die Flüssigkeit aussieht wie stark verdünntes Blut.
    Schweigend blicken sie in die Ferne, während das Licht am Himmel weiter abnimmt und das Meer immer dunkler und metallischer schimmert.
    Alberto streitet neben der Bar mit dem blonden Mädchen, das ihm die Hände auf die Brust drückt und ihn zwei- oder dreimal wegschubst.
    »Gehen wir?«, fragt Deserti und springt auf.
    Sie steigen den gepflasterten Weg hinauf, er vorneweg, sie hinterher. Entsprechend ihrer unterschiedlichen Körperbeschaffenheit erreichen sie die gleiche Geschwindigkeit auf verschiedene Weise, beide sind jedoch geübte Läufer: In wenigen Minuten sind sie schon an der Straße. Unschlüssig bleiben sie neben dem Roller stehen, am Rand des Lichtkreises einer aufflammenden Straßenlaterne. Der Himmel und das Meer unter ihnen sind mittlerweile dunkel, der Asphalt und die Fassaden der Häuser knistern noch nach der Hitze des schier endlosen Sonnentages, der nun vorbei ist. Deserti fragt sich, ob mit der Sonne auch das verschwunden ist, was zwischen ihnen war, was immer es sein mochte, gänzlich unausgesprochen und vermutlich hinfällig. Eine leichte kühle, feuchte Brise steigt durch die Gärten vom Meer herauf, weht durch sein Baumwollhemd, dass es ihn bis in die Knochen fröstelt.
    Sie holt die beiden Helme aus dem Staufach; ihr Ausdruck ist im Halbdunkel nicht zu erkennen.
    Um irgendwie zu reagieren, sagt er: »Gehen wir was essen?«
    »Was denn?«, fragt sie, als hätte sie nicht die geringste Vorstellung, was zwei Menschen wie sie essen könnten und warum.
    »Was auch immer«, antwortet er, mit der plötzlichen

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