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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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allen war, gab Oleg einen Stoß, nahm die Dose wieder an sich und hielt sie näher an seine Augen.
    »Aha!« sagte er bloß. »Aha!«
    »Ich kann das erklären …«, sagte Bunurian durch die Zähne. »Genossen, Brüderchen alle, laßt mit euch reden! Eine lange Geschichte ist's. Bei Leningrad begann's. Die Verteidigung habe ich mitgemacht, und da widerfährt mir doch eine seltsame Geschichte. Glaubt es mir …«
    Pawel Tichonowitsch drückte auf einen winzigen Knopf. Die Tabaksdose begann ganz leise zu summen. Er hielt sie ans Ohr, bestaunt von den anderen Holzfällern, dann ballte er die Faust darum.
    »Du warziger Hund!« sagte er tonlos. »Du kahle Ratte! Steh auf!«
    Er griff Bunurian, riß ihn mit einem Ruck hoch – o ja, ein kräftiger Mann war er, der einen Baumstamm noch bewegte, wenn andere hilflos in den Himmel blickten – und stellte ihn auf die Füße. Ein irrer Schmerz durchjagte Bunurian, der gebrochene Knöchel knickte wieder um, als er den Fuß belasten mußte, und das war mehr, als selbst ein tapferer Mensch ertragen kann. Bunurian brüllte auf, die Augen quollen ihm rotgerändert aus den Höhlen, aus dem aufgerissenen Mund rann Speichel, und als er sich an einem Ast festhielt und den zertrümmerten Fuß hochhob, rannen ihm auch noch Tränen aus den Augen und liefen über sein zuckendes Gesicht.
    »Seid … seid Menschen … Hört mich an …«
    Pawel Tichonowitsch war der erste, der mit seinem dicken knorrigen Knüppel auf ihn einschlug. Sofort folgte Oleg Viktorowitsch, der gemein und listig gegen das Bein hieb, daß Bunurian angezogen über den Boden hielt.
    Der Mißhandelte schrie wieder auf, wollte sich zu Boden fallen lassen, aber drei Holzfäller ergriffen ihn, hielten ihn fest, und stehend empfing er die Schläge … auf den Kopf, in den Nacken, gegen die Schläfen, auf die Schultern, ins Gesicht. Blut schoß aus Nase und Mund, die Kopfhaut platzte auf, ein Sturzbach von Blut überschwemmte den ganzen Kopf und rann am Körper hinunter. Stumm, verbissen, als gelte es, einen besonders widerspenstigen Baum zu fällen, droschen die Männer auf Bunurian ein. Als die drei ihn endlich losließen, rollte er auf den Waldboden, verkrümmt, wie ein Wurm, ein formloser Haufen Kleidung und Blut. »Schlagt ihm die Därme heraus!« knurrte Oleg Viktorowitsch wie ein Kettenhund. »Ein Spion ist er! Ein elender Spion!«
    Bunurian spürte keine Schmerzen mehr. Es gibt eine Grenze … Aber er konnte noch denken. Mutter, dachte er, Mama! Ich sterbe jetzt. Wie schön, daß du nie erfahren wirst, wie ich gestorben bin. Für dich bin ich vermißt. Und du wirst, solange du lebst, hoffen, daß ich wiederkomme. Das ist das Gemeine beim Vermißtsein. Die uns lieben, geben nie den Glauben an ein Wunder auf. Mama … Mama …!
    Bunurian verlor endlich das Bewußtsein. Ein guter Hieb auf seine Hirnschale war daran schuld. Er zertrümmerte seine Schädeldecke, zerquetschte sein Gehirn. Sein Sterben wurde nicht wahrgenommen … die Holzfäller trommelten weiter auf seinen Körper, bis Oleg, der Bucklige, seine Axt schwang und mit einem Hieb den schon formlosen Kopf spaltete.
    »Jetzt hat er es!« schrie der Kleine hell und hysterisch. Seine Äuglein glänzten wie im Sumpffieber. »Jetzt kann er nicht mehr spionieren! Jetzt kann er nicht mehr funken …«
    »Wo ist der Apparat?« brüllte Pawel Tichonowitsch.
    Bei der intensiven Arbeit des Tötens hatten sie die Tabaksdose vergessen. Mit glühenden Wangen suchten sie den Blechkasten und fanden ihn neben dem Toten im Gras. Auch die Dose hatte ihr Spionenschicksal ereilt; sie lag zertrümmert, von einigen ausgerutschten Knüppelhieben getroffen, in einer Blutlache, als habe auch sie ein durchpulstes Leben gehabt.
    Oleg hob sie auf und hielt sie Pawel Tichonowitsch hin.
    »Idiot!« sagte der Riese und streifte seine Handflächen an seiner Hose ab. Überall war Blut. »Wirf sie weg, oder nein, besser noch, vergrab sie sofort! Einen wichtigen Beweis haben wir zerstört! Wird das eine Aufregung geben! Verhören wird man uns, ausquetschen wie einen Scheuerlappen, wird uns einsperren, wenn wir sagen, daß wir auch den Sender zerschlagen haben. Kein Wort darüber, Brüderchen!«
    »Überhaupt kein Wort!« sagte Oleg kleinlaut. »Hier ist nichts geschehen. Gar nichts von Bedeutung.«
    »Das geht nicht. Melden müssen wir es! Der Fallschirm, der fremde Mann … Wer weiß, was dahintersteckt? Aber von dem Sender keinen Ton, hört ihr?«
    Er betrachtete mit zusammengekniffenen Augen

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