Sie waren zehn
immer wieder hell um Hilfe schrie, hatte der vor ihr stehende Soldat bereits seine Hose auf die Stiefel fallen lassen, hüpfte mit seinem aufrecht stehenden Pfahl hin und her und hatte ihr gerade mit beiden Händen das Vorderteil des Kleides zerrissen.
»Wie sie sich ziert!« brüllte der Kerl, der das Mädchen von hinten festhielt. »Einen Arsch hat sie, nicht zu ersetzen durch zehn Nonnen!« Er lachte meckernd , griff um ihren Leib herum und drückte sie an sich. »Ignat, pack sie an den Haaren, zieh sie nach vorn, ich bin in der richtigen Stellung! Wirst du wohl stillhalten, Luderchen! Ha, ist das eine Hexe! Sollte dankbar sein, in so schlechten Zeiten so viel Fleisch zu bekommen! Ignat, zieh sie nach vorn! Sei still, du Teufelchen! Soll ich dich würgen? Hast du's noch nie gemacht? Wer glaubt dir das?«
»Hilfe!« schrie das Mädchen und trat wieder nach dem Soldaten. Der brachte seinen nackten Unterkörper in Sicherheit, schlug ihr ins Gesicht und mußte in seiner Trunkenheit mehrmals zugreifen, ehe er ihr Haar erwischt hatte.
Es war der Augenblick, in dem Sepkin eingriff. Eine helle Juni-Nacht war es, im bleichen Licht erkannten seine an die Dunkelheit gewöhnten Augen jede Einzelheit. Wie ein riesiger Vogel kam er über die beiden Rotarmisten, seine Faust knallte dumpf gegen die Schädel, sein rechtes Knie stieß er mit aller Kraft in Ignats Unterleib. Aber den packte der Schmerz nicht mehr … von den Fausthieben betäubt, fiel er um und schlug auf den Betonboden. Nur sein Unterbewußtsein signalisierte den wahnsinnigen Stich in den Hoden und erzeugte ein dumpfes, aus der Tiefe der Brust hervorquellendes Grollen.
Der Soldat hinter dem Mädchen, am Kopf getroffen, aber noch nicht außer Gefecht, stieß sie zur Seite und duckte sich. Aber Sepkin war schneller. Seine Handkante traf wie ein Beilhieb die Schläfe des Betrunkenen. Lautlos, wie erstarrt, fiel der Rotarmist um. Es klatschte und klirrte, als er auf dem Betonboden landete.
Das Mädchen war zurückgewichen, drückte sich gegen die Wand und starrte Sepkin mit weit aufgerissenen Augen an. Ihr schmales, fast noch kindliches Gesicht schien sich in wilden Zuckungen aufzulösen.
»Nicht schreien!« sagte Sepkin und rührte sich nicht von der Stelle. Seine Stimme hatte den besänftigenden Klang, mit dem man einem fletschenden Hund anspricht. »Es ist alles vorbei. Es ist alles gut! Nicht mehr schreien. Haben Sie keine Angst mehr … ich bin bei Ihnen …«
»Wo … wo kommen Sie plötzlich her?« Ihre Stimme zitterte. Jetzt weinte sie auch, umfaßte mit beiden Händen ihren Kopf und drehte sich zur Wand.
»Ich habe draußen Ihren Hilferuf gehört. Zufällig kam ich vorbei. Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?«
»Ich – ich möchte weg – sofort weg von hier …« Sie warf sich herum, raffte das zerrissene Kleid über ihrer Brust zusammen und wagte es doch nicht, über die vor ihr liegenden beiden Soldaten hinwegzutreten. »Wenn – wenn sie wieder aufwachen …«
»Das kann man verhindern.« Sepkin bückte sich und vertiefte die Betäubung durch zwei neue Handkantenschläge. Als er sich wieder aufrichtete, sagte er: »Vorbei. Wir haben Ruhe.«
»Sie haben sie getötet?« fragte das Mädchen. Vor Entsetzen biß es sich in die Faust.
»Ich glaube nicht.«
»Sie glauben … Und wenn?«
»Wir sollten hier keine theoretischen Überlegungen anstellen.« Sepkin bot ihr seine rechte Hand. »Kommen Sie. Haben Sie Vertrauen. Ich bringe Sie nach Hause, Genossin.«
Sie nickte, stieg über die beiden Betäubten, ohne seine Hand zu berühren, aber sie gab ihr offenbar die Kraft, sich zu bewegen und zum Ausgang des Hauses zu schwanken. Sepkin folgte ihr und blieb draußen neben einer umgekippten Mörtelkarre stehen. Das Mädchen ging weiter bis zu einem Stapel Steine und drehte sich dort um. »Kommen Sie nicht mit?« fragte es mit etwas festerer Stimme.
»Natürlich …«
»Sie haben mir das Leben gerettet.«
»Wohl kaum. Die beiden wollten alles andere von Ihnen, nur nicht Ihr Leben.«
»Sie hätten mich totschlagen müssen, um es zu erreichen!«
»So viel wert ist Ihnen das?« Er griff in die Jackentasche, zog eine Schachtel mit Papyrossi heraus und hielt sie dem Mädchen hin. Es schüttelte den Kopf und blickte ängstlich auf das riesige, halbfertige Haus.
»Man hat nur ein Leben, Genossin.«
»Wir sollten von hier weggehen, bevor sie wieder aufwachen. Es sei denn , sie wären tot …«
»Das kann man nie so genau sagen.«
»Sie können
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