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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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von Weib, mit Muskeln wie ein Hammerwerfer. Und Brüste hat sie! Wenn sie sich über ein Bett beugt, legen die Kranken immer die Arme über ihren Kopf, aus Angst, der Halter könnte reißen und sie würden von den Massen erschlagen. Bei Barynja Fjodorowna haben Sie keinen Namen. Wissen Sie, wie sie Sie nennen wird: Stinker! Los, reiß dein Hemd hoch, Stinker! wird sie brüllen, und dann wird sie in Ihren Magen mit der Faust donnern, daß Ihr Geschwürchen kapituliert und einfach platzt. Dann werden Sie zu Dr. Bubnow verlegt. Das ist unser Chirurg. Bubnow war einmal ein Genie, aber das ist vierzig Jahre her. Damals fand er eine neue Methode der Gallenexstirpation. Seitdem rupft er jedem, der auf seinen Tisch zu liegen kommt, die Galle 'raus, ganz gleich, ob er eine Speiseröhre operiert oder eine Phimose. Genosse Bubnow leidet unter einer cholelithiasinen Zwangsneurose. Wenn er einen Bauch unter seinen Händen sieht, muß die Galle weg! Haben Sie Ihre Galle noch, Luka Iwanowitsch?«
    »Aber ja!« rief Petrowskij betroffen.
    »Sie bedauernswerter Mensch! Übermorgen haben Sie sie nicht mehr. Dr. Bubnow wird Sie davon erlösen, nachdem Barynja Fjodorowna Ihnen das Magengeschwür durchgeboxt hat. Ihr Fall ist besonders kritisch. Ob eine Gallenentzündung oder ein Ulcus ventriculi – das liegt bei der Differential-Diagnose eng beieinander. Ich wette, Bubnow läßt Sie nicht mit erhaltener Galle vom Tisch hüpfen!« Dr. Speschnikow winkte ihn auf den freien Stuhl. »Setzen Sie sich, Petrowskij. Spielen wir noch eine Partie! Sie sind ein guter Spieler. Ich mache Ihnen einen Vorschlag …«
    »Die Angst vor morgen lähmt mich, Genosse Doktor.« Petrowskij setzte sich. Er zweifelte nicht einen Augenblick an der Existenz dieser Barynja Fjodorowna und des Dr. Bubnow. Die Sache begann, schiefzulaufen, das konnte er sich ausrechnen. Der Plan, auf dem Umweg über das Krankenhaus in Moskau Fuß zu fassen, erwies sich als äußerst riskant, wenn man dabei seine Galle opfern mußte. Das war durchaus nicht im Sinne von Oberst von Renneberg, auch wenn man durch diese Wegnahme der Galle voll integriert wurde und keiner mehr fragte, woher man kam. Man mußte also einen Weg finden, an Barynja und Dr. Bubnow vorbeizukommen. Vielleicht war das Krankenhaus Nr. 4 in der Pawlowskaja uliza ein Haus mit weniger exzentrischen Ärzten.
    »Ich drücke Ihnen einen Aufnahme- und Behandlungsstempel in die Papiere, und Sie bleiben bei mir und spielen mit mir Schach«, sagte Dr. Speschnikow. »Ein idealer Partner sind Sie. An sich dämlich, aber beim Schach naturbegabt. Sie machen mit mir die Nachtwachen, und keiner wird fragen. Ist Ihr Name erst einmal im Verwaltungsprozeß, läuft alles automatisch. Ihr Geschwürchen trocknen wir aus. Ist das ein Vorschlag?«
    »Vergessen Sie nicht, ich muß ein Bett haben, Genosse. Ich kann nicht auf dem Schachbrett schlafen.« Petrowskij atmete auf. Die akute Gefahr Barynja Fjodorowna war gebannt. Im schützenden Schatten von Dr. Speschnikow konnte man morgen oder übermorgen neue Möglichkeiten auskundschaften. »Und ernährt muß ich auch werden.«
    »Das ist kein Problem.« Dr. Speschnikow winkte ab, überblickte die aufgestellten Figuren und rieb sich in froher Erwartung der neuen Partie die Hände. »Wir haben genug. Ich bin als großer Fresser bekannt. Keine Sorgen, Luka Iwanowitsch, wir werden Ihr Geschwürchen pflegen!« Er rückte seine Brille näher an die Augen, knackte mit den Fingergelenken und setzte den ersten Zug. »Da staunen Sie, was?« rief er enthusiastisch. »Diese Eröffnung stammt von mir! Retten Sie sich, Luka Iwanowitsch!«
    Am Morgen gegen acht Uhr ging Dr. Speschnikow nach Hause.
    Er war verwirrt. Gleich nach Öffnung von Röntgenabteilung und Labor hatte er Petrowskij unter die Lupe genommen, ihn mit Kontrastbrei vollgepumpt, in Röhrchen pinkeln und in Töpfchen scheißen lassen, aber was man mit diesem Menschen auch anstellte, es blieb alles negativ. Keine Spur von einem Magengeschwür! Petrowskij war der gesündeste Mensch, den Dr. Speschnikow bisher unter den Händen gehabt hatte, aber der Eindruck, den er machte, ergab ein ganz anderes Bild. Petrowskij krümmte sich vor Schmerzen, verdrehte schauerlich die Augen, rülpste zum Erschrecken der Röntgenschwester auf dem Röntgentisch, wodurch drei Aufnahmen verwackelt wurden, und mußte sich nach den Untersuchungen kraftlos bei Dr. Speschnikow auf dem Nachtwachenbett ausruhen.
    »Es gibt nur eine Erklärung«, sagte Speschnikow und

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