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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zwei, tauchen unter den Sumpf – oder unter die Wasseroberfläche – und liegen da wie in einem Himmelbett. Geatmet wird durch das Schilfrohr, das aussieht wie Millionen andere Schilfrohre. Theoretisch ist es möglich, daß um uns herum im Schilfwald Hunderte von Sowjets unter Wasser liegen und auftauchen, wenn es nötig ist. Daher die plötzlichen Überfälle aus dem Nichts. Wir können doch nicht jedes Schilfrohr anpacken und daran ziehen, um festzustellen, ob am Ende ein russischer Kopf hängt.«
    »Phänomenal!« sagte Hauptmann Voggenreiter. »Solbreit, Sie haben eine taktisch unbezahlbare Entdeckung gemacht. Leider sehen Sie nicht mehr, wie wir sie auswerten und die Sümpfe ausräuchern. Liegen Sie gut?«
    »Ich bin müde und besoffen, Herr Hauptmann.«
    »Beides nützt Ihnen nichts mehr. Sie müssen noch heute abend bei der Division sein.«
    »Nein!« Solbreit schloß die Augen. Sie brannten, als habe das Sumpfwasser sie verätzt. »Morgen …«
    »Das OKW ruft Sie!«
    »Sie sind ein Witzbold, Herr Hauptmann!«
    »Die Division hat vor drei Stunden angerufen. Leutnant Solbreit mit leichtem Gepäck nach Berlin befohlen. Dringend!«
    »Habe ich Berlin gehört?«
    »Sie haben!« Solbreit hob den Kopf. Seine Männer vom Stoßtrupp standen nackt und gebadet auf dem Platz herum und machten ihre Kochgeschirre bereit. Bohnensuppe mit Speck. »Heute nacht werdet ihr alle schweben!« rief der Küchenfeldwebel. Er stand oben auf der Feldküche neben dem dampfenden Kessel und rührte mit einer langstieligen Kelle in der Suppe herum. »Denkt daran, ihr Bläser: Gaskrieg ist verboten!«
    »Sonst hat man nichts gesagt? Nur Berlin?« fragte Solbreit.
    »Doch. Sie melden sich auf schnellstem Weg in Eberswalde.«
    »Eberswalde? Kennen Sie das?«
    »Nein. Aber der Divisionär! Hat sich Leutnant Solbreit zur Kavallerie gemeldet, fragte er. – Haben Sie?«
    »Nee!« Solbreit setzte sich auf und schnüffelte in Richtung Feldküche und Bohnensuppe. »Ist in Eberswalde eine Kavallerieschule?«
    »Ja!«
    »Wie schön! Der Irrtum ist klar! Seppl ! Meine Bohnensuppe! Aber ohne Wodka, du krummer Hund!«
    »Wird sogleich serviert, Herr Leutnant.«
    Es war kein Irrtum. Am Abend meldete sich Leutnant Elmar Solbreit beim Divisionsstab, wurde auf schnellstem Wege nach Bobruisk gebracht – mit dem Kübel des Kommandeurs und dessen Fahrer – und flog noch in der Nacht in den Westen.
    »Wissen Sie, was das bedeutet?« fragte Solbreit den Piloten, einen jungen Leutnant wie er. Unter ihnen lag Rußland, dunkel, ohne einen Lichtschein.
    »Keine Ahnung. Das OKW …«
    »Das ist doch Quatsch! Was will das Oberkommando der Wehrmacht von einem kleinen Leutnant?«
    »Im Krieg ist alles möglich!«
    »Sie sagen es.« Solbreit lehnte sich so weit zurück, wie es der Sitz zuließ. »Und jetzt penne ich, Kamerad! Wenn wir über Eberswalde sind, werfen Sie mich ab. Ich falle weich. Pferdeäpfel warten auf mich.«
    von Baldenow, Venno Freiherr
28 Jahre
Hauptmann
    Venno von Baldenow, Hauptmann und stellvertretender Bataillonskommandeur des ehemaligen Kavallerieregiments 2 – Öseler Husaren –, hatte die Heldentat vollbracht, bei einem sowjetischen Panzervorstoß nördlich von Kischinew mit den nur sieben Mann, die ihm noch geblieben waren, und einer mitgenommenen leichten Flak neun T 34 abzuschießen. Er war im Wehrmachtsbericht mit einem Satz erwähnt worden und hatte nun große Hoffnungen, auch das Ritterkreuz zu erhalten, was Vater Johannes von Baldenow als selbstverständlich ansah. Dabei war von Heldentum keine Rede gewesen, sondern nur von grenzenloser Verzweiflung: Vor sich die sowjetischen Panzerspitzen, weit auseinandergezogen, alles, was vor ihnen herumlief, mit den überschweren MGs niederkämmend, oder sogar mit ihren langen Kanonen auf einen einzelnen Mann schießend – hinter sich den Prut, den Fluß, über den es nur eine heillos überfüllte Notbrücke gab. An Rückzug war nicht gedacht worden; die Linie in der Süd-Ukraine von Belgorod im Süden bis Kowel an der Bahnlinie nach Kiew, das schon 1943 geräumt werden mußte, galt als die letzte Rückzugsstreckenbegrenzung. Brach der Russe weiter durch, wurde Rumänien aufgerollt, stieß er vor bis Un garn, zu den Karpaten und tief hinein nach Polen, die ganze Südflanke der Ostfront kam dann ins Strudeln und zwang den Mittelabschnitt ebenfalls zurück, um nicht einen riesigen Kessel entstehen zu lassen, in dem zwei Heeresgruppen hilflos vernichtet werden konnten.
    Es war also kein

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