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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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des OKW ersetzte alle Fahrkarten, Marschbefehle und Bescheinigungen.
    Ein herrlicher Tag, ein wundervoller Flug. Das weite, fruchtbare Land mit seinen Feldern und dunklen Wäldern lag unter ihm. Die Seenplatten schimmerten in der Sonne, Silberscheiben auf grünem Filz. Wie schön ist Deutschland, dachte er. Hoffentlich halten wir den Russen auf. Hoffentlich …
    Poltmann, Johann
21 Jahre
Leutnant
    Es gibt schönere Orte als Mogilew. Aber es gibt – nach Ansicht von Leutnant Poltmann – kein Feldlazarett mit schöneren Krankenschwestern.
    Bisher war er dreimal verwundet worden, immer nur so leicht, daß es nie für eine Verlegung in die Heimat gereicht hatte. Die Stabsärzte, bei denen er landete – erst im vorgeschobenen Verbandsplatz, dann im HVB, dem Hauptverbandsplatz, schließlich im Feldlazarett in der ersten Etappe – untersuchten seine Verwundung gründlich und schüttelten dann bedauernd den Kopf. »Wieder nichts, mein Lieber! Streifschuß! Ein Viertelpfund Arschfett weg, aber sonst alles in bester Ordnung. Fünf Zentimeter höher, so richtig durch die Backe, das hätte diesmal gereicht. So aber … In einer Woche können Sie sich die Narbe von der Matka im Dampfbad streicheln lassen.«
    Für Poltmann war Mogilew ein altes Pflaster. Er hatte im Dnjepr schon Fische mit geballten Ladungen gefangen und an der sandigen Uferböschung ein ›Karbolmäuschen‹ vernascht. Überhaupt war Leutnant Poltmann in den Lazaretten von Mogilew, bei den Schauspielerinnen der Fronttheatertruppe, bei den Nachrichtenhelferinnen, genannt ›Blitzmädchen‹, die in vielen verschiedenen Stäben und im Fernsprechknotenpunkt Mogilew arbeiteten, eine Art erotische Berühmtheit.
    Nicht, daß Leutnant Poltmann von besonders ausdauernder Potenz gewesen wäre – er war im Gegenteil etwas bequem und war so verrückt, wenn er zwischen einem runden Busen oder einem Gedichtband von Hölderlin zu wählen hatte, sich für den schwäbischen Dichter zu entscheiden. Seine Kameraden nannten das einen ›sexuellen Snobismus, der schon strafbar sei‹, aber Johann Poltmann konnte mit einem lyrischen Gedicht irgendwo in einer stillen Ecke hocken und so intensiv und weltverloren in die Weite blicken, als sähe er ferne, schönere Sterne als unseren von Krieg und Elend zerrissenen Planeten.
    Das Geheimnis von Poltmanns unheimlichen Frauenerfolgen lag in seinen Haaren. Sie waren gewiß nicht die Quelle aller Kraft wie bei dem sagenhaften Samson, der ganze Marmortempel eindrückte, solange er seine Locken auf dem Kopf trug. Jedoch: sie waren hellblond, fast weißblond und von so schöner, natürlicher, geradezu zärtlicher Lockung, daß es noch keine Frau gegeben hatte, die nicht ekstatisch mit beiden Händen in ihnen hätte wühlen mögen. Im Augenblick der höchsten Hingabe hielten sie sich nicht an seinen Schultern oder krallten die Finger in seinen Rücken, verklammerten nicht die Beine um seine Hüften oder schlangen die Arme um seinen Nacken – nein, sie hielten sich in ihrer Ekstase allein an diesen weißblonden Locken fest .
    »Der Johann hat es gut«, sagten seine Offizierskameraden und ließen ihn in fröhlicher Runde hochleben. »Er braucht nur die Mütze abzunehmen …«
    Das II. Feldlazarett Mogilew, in dem Leutnant Poltmann jetzt lag, war bekanntermaßen das Lazarett mit den aufgeschlossensten Krankenschwestern. Es gab da zwei Kategorien: Die ›alten Häschen‹, die schon monatelang in den großen Etappenlazaretten arbeiteten und die nichts mehr erschüttern konnte, obgleich die Landser sich immer neue Tricks und Variationen ausdachten, um unter die Röcke zu gelangen – und die Schwesternhelferinnen, blutjunge Mädchen in der Ausbildung, die ihre erste ›Feuertaufe‹ in Frontnähe erlebten. Feuertaufe im wahrsten Sinne des Wortes, denn was auf diese ahnungslosen, voll Idealismus steckenden Schwesterchen von den halbwegs noch mobilen Verwundeten abgeschossen wurde, nannte ein Oberstabsarzt, der die Ausbildung der Mädchen leitete, ›eine Sauerei, gegen die man ein eigenes Kriegsgesetz erlassen müßte‹.
    Leutnant Poltmanns weißblonde Locken erweichten auch die Moralbegriffe dieser jungen Schwestern. Nach fünf Tagen, an denen er wegen seines Hinternschusses auf dem Bauch liegen mußte, durfte er normale Haltung einnehmen, ging im Lazarett herum und traf seine Auswahl. Da war eine kleine, zierliche Schwarze mit wippendem Po und vielversprechenden Blicken, die für Poltmann nur einen Fehler hatte: Sie sprach ein urgewaltiges

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