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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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daran gewöhnt man sich. Auch der Russe hatte die Nase voll – das hörte man überall. Auch Überläufer und Gefangene behaupteten es.
    Eine geschickte Täuschung der Sowjets? Von Belgorod am Schwarzen Meer bis Jassy am Prut standen der deutschen 8. und 9. Armee und der rumänischen 3. und 4. Armee die sowjetische 3. Ukrainische Front unter Marschall Malinowski und die Ukrainische Front unter General Tolbuchin gegenüber. Neun russische Armeen, fiebernd nach dem großen Durchbruch, der Zerschlagung der deutschen Südflanke.
    Das Leben war schön in Tiraspol . Das Land war gesegnet. Im Frieden reifte hier ein schwerer roter Wein, dem Malvesiner vergleichbar. Der Kognak von Odessa war berühmt. Ein einziger Obstgarten war das Land, von überquellender Fruchtbarkeit. Aber der Krieg hatte Schneisen geschlagen, die Felder versteppten, die Weingärten verunkrauteten. Es gab keine Männer mehr. Wer nicht bei der Roten Armee diente, den hatten deutsche Menschenfänger unter der Regie des Reichskommissars Sauckel in Güterwagen nach Deutschland verschleppt. Statt Wein zu bauen, mußten sie deutsche Granaten drehen oder deutsche Kohle aus den Flözen brechen. Die ganze Ukraine hätte Deutschland und die deutschen Armeen ernähren können! Die ›Untermenschen-Politik‹ kam als tödlicher Bumerang zu den Deutschen zurück.
    Es war fast Mitternacht, als General Labbroth mit väterlicher Schulterumarmung Major von Labitz, den glücklichen Vater, zur Seite zog, in die Ecke der Scheune.
    »Zigarre?« fragte er.
    »Ich danke, Herr General.« Labitz ließ sich von Labbroth die Zigarre anzünden und blies den Rauch nach hinten aus. Es wäre ungehörig gewesen, ihn dem General ins Gesicht zu pusten.
    »Es ist jetzt Mitternacht, Labitz. Ein neuer Tag. Der vergangene sollte ganz Ihnen gehören. Ihnen, Ihrer schönen, glücklichen Frau und Ihrem strammen Söhnchen. Ich habe damit einen Befehl durchbrochen, aber auf ein paar Stunden kommt es nicht mehr an. Ich bringe Ihnen etwas mit.«
    »Noch etwas, Herr General? Sie beschämen mich …«
    »Ob das ein Geschenk ist, weiß ich nicht.« Er griff in die Uniformtasche und zog einen Zettel heraus. »Ein dringendes Telegramm vom OKW. Sie werden nach Berlin befohlen.«
    »Ein zweiter Generalstabslehrgang?«
    »Wohl kaum. Eberswalde. Reitschule.«
    »Das ist doch ein Witz, Herr General.«
    »Ich habe nicht festgestellt, daß beim OKW sehr humorvolle Leute sitzen. Glaube kaum, daß sich das bei der beschissenen Lage geändert hat. Der Text ist klar: Sie sollen sofort nach Eberswalde kommen. Morgen früh um sieben fliegt Sie ein Flugzeug von Kischinew aus! Ich habe rückgefragt. Die Heeresgruppe weiß von nichts. Das OKW in Berlin sagte stur: Das ist Sache des Führungsstabes. Aus! – Mein lieber Labitz, trinken wir noch einen Champagner auf Ihren Sohn William Heiko. Und dann ab nach Kischinew und Berlin!«
    Es war der letzte Champagner des Bodo von Labitz. Seinen strammen Jungen William Heiko hat er nie gesehen.
    Dallburg, Alexander
20 Jahre
Fähnrich
    Jede Kompanie besitzt, als verstünde sich das von selbst, drei ihr vom Schicksal zugeteilte Typen: einen Kompanie-Trottel, auch Depp genannt, einen Hauptfeldwebel mit Riesenschnauze, ›Spieß‹ genannt, und einen zarten Knaben, um den sich jeder mit väterlicher Fürsorge kümmert, den ›Benjamin‹ der Kompanie.
    Den Ausspruch ›Er lebt wie Gott in Frankreich‹ hatte der Fähnrich Alexander Dallburg wörtlich genommen. Frisch von der Kriegsschule gekommen, war er dem 914. Regiment der 352. Infanterie-Division zur Frontbewährung zugeteilt worden und traf in der Normandie ein, als Frankreich zu jenem Kriegsschauplatz geworden war, den man blessiert nur mit einer Nahkampfverwundung verlassen konnte: einem Tripper. Fähnrich Dallburg, mit zwanzig Jahren dem Aussehen nach so jung, daß er sofort der ›Benjamin‹ wurde, ein Kindergesicht, das mit großen blauen Augen in die Gegend blickte und jeden zu fragen schien: »Pardon, irre ich mich, oder ist hier Krieg?«, bezog eine kleine requirierte Wohnung in Grandchamps-les-bains, einem idyllischen Städtchen am Meer, mit einem Strand, einem Hafen, der durch eine kleine Landeinbuchtung entstanden war, einem Café an der Strandpromenade – sofern man den Pfad am Meer entlang so bezeichnen konnte – und einer Bar, die sich ›Bistro St. Jacques‹ nannte.
    Der Dienst machte schläfrig. Normaldrill, Waffenreinigen, Übungsmärsche, Ausbau der Bunkerstellungen entlang der Küste, Verminen

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