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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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alles ausgedacht?« fragte Berno von Ranowski.
    »Das darf ich Ihnen sagen.« Hansekamm war sichtlich froh, eine knallige Information geben zu können, die aufgrund der Isolierung dieser zehn nicht mehr schaden konnte. »Der Führungsstab des OKW in engster Zusammenarbeit mit der Abteilung Abwehr.«
    »Canaris!« sagte Kuehenberg laut.
    »Ja!«
    »Oh, Scheiße!« Jetzt nahm das Solbreit niemand mehr übel. Er sprach allen aus sämtlichen Falten der Seele. »Da werden wir einen dicken Hund verschlucken müssen!«

3
    Warten ist des Soldaten meistgeübte Tugend. Ungeduld kann Karrieren zerstören. Drängende Fragen haben den Effekt übler Belästigungen. Wer zu einem übergeordneten Dienstgrad sagt: »Es muß etwas geschehen!«, kann damit rechnen, in eine Ecke gestellt zu werden.
    Oberst von Renneberg wußte das alles. Im Generalstab war Zuhören und Nicken die Vorbedingung vorgesetzten Wohlwollens. Daß er jetzt seit zwei Tagen im Führerhauptquartier, der ›Wolfsschanze‹, in einer Baracke herumsaß und darauf wartete, seinen Vortrag halten zu dürfen, wäre unter normalen Umständen nicht erwähnenswert gewesen. Was zu sagen war, was den Führer interessierte, trugen Keitel und Generaloberst Jodl vor. Oder Hitler empfing die Befehlshaber der einzelnen Heeresgruppen, hörte sich deren berechtigte Sorgen an, beugte sich über riesige Kartentische, betrachtete den Verlauf der Fronten und legte seine Hand auf die Meßtischblätter. Sein: »Ich befehle, daß kein Meter Boden mehr hergegeben wird!« war zu einer stereotypen Rede geworden. Später, mit Keitel, Jodl, Adjutanten, SS-Obergruppenführer Schaub, oder seinem engsten Vertrauten Bormann allein, beklagte er sich bitter über die Generäle und deren in verschleierte Worte eingehüllte Feigheit. »Alles muß ich allein machen!« sagte er einmal zu Bormann. »Alles! Aber die Geschichte wird es nicht begreifen …«
    Oberst von Renneberg, von Keitel selbst in die ›Wolfsschanze‹ geholt, machte sich auf noch längeres Warten gefaßt, als der Oberbefehlshaber West, Generalfeldmarschall von Rundstedt, am 5. Juni 1944 im Führerhauptquartier erschien. Er wurde sofort vorgelassen, die Türen der Führerbaracke, die ›Herzkammer Deutschlands‹, wie Goebbels sie in seiner pathetischen Art nannte, schlossen sich für Stunden. General Schmundt, Hitlers Wehrmachtsadjutant, schien als einziger von Renneberg nicht vergessen zu haben. Er kam in die Gästebaracke und sah ihn am Fenster sitzen. Lässig winkte er ab, als der Oberst aufspringen wollte, und stellte sich neben ihn ans Fenster.
    »Es ist wie in der Wochenschau«, sagte von Renneberg etwas sarkastisch. »Soviel Prominenz auf einmal sieht man nie. Nicht unsereiner.« Er blickte zu Schmundt hinauf und wartete. Der Besuch von Hitlers Adjutant galt bestimmt nicht der Möglichkeit, hier aus dem Fenster zu gucken. Aber Schmundt schwieg. Seufzend lehnte sich von Renneberg zurück.
    »Noch kein Termin für mich?« fragte er.
    »Rundstedt ist gekommen.«
    »Ich habe es gesehen.«
    »Sie wissen, warum?«
    »Wissen ist zuviel gesagt. Ich ahne es. Die Lage im Westen …«
    »Kritisch. Gestern liefen von Canaris Meldungen ein. Der Führer hat getobt. Was ist eigentlich los mit euch in Berlin? Ihr seht die Gesamtlage anders als der Führer.«
    »Das mag daher kommen, daß wir nicht der größte Feldherr aller Zeiten sind.«
    »Renneberg!« sagte Schmundt nachsichtig warnend. »Wenn ich bei Ihnen nicht Wachs in den Ohren hätte …«
    »Rundstedt hält Vortrag. Busch, Model und Schörner werden dem Führer nichts anderes sagen – und ich sitze hier herum mit einem Plan in der Mappe, der unter Umständen alle Sorgen wegblasen könnte. Keitel kennt ihn, Jodl und natürlich Canaris. Sonst noch keiner!«
    »Sie!«
    »Gut.« Renneberg wiegte den Kopf. »Sagen wir: Ein winzig kleiner Kreis. Ich brauche eine halbe Stunde, um dem Führer vorzutragen.«
    »Sie Traumtänzer!« Schmundt lächelte mitleidig. »Eine halbe Stunde! Wissen Sie, wer eine halbe Stunde vortragen darf? Vielleicht Göring. Oder Himmler. Renneberg, was denken Sie sich eigentlich? Wenn Sie vorgelassen werden – ich glaube, daß Keitel, Ihr Mentor, das schafft –, machen Sie Männchen, schnarren im Telegrammstil Ihr Anliegen vor, und dann wird der Führer sprechen. Wenn Sie aus dem › Lageraum ‹ wieder herauskommen, ist eine Sauna für Sie wie ein Kühlschrank.« Schmundt blickte wieder aus dem Fenster. Zwischen den hohen Kiefern ging Himmler spazieren, umgeben

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