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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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waren schlechte Schüler.«
    »Und wir sollen auf Führerbefehl Genies sein?« fragte Kuehenberg.
    »Im übertragenen Sinne, meine Herren.« Hansekamm betrachtete sie stumm und drehte sich wieder weg. Er ging zur Riesenkarte ›Moskau und Umgebung‹. – »Ich bitte um Verständnis«, sagte er, wie ein Konditor, dem der Käsekuchen zusammengefallen ist. »Aber vor der Rückkehr Herrn von Rennebergs habe ich nur die Aufgabe, Sie zu beschäftigen. Vielleicht fällt alles aus, und Sie können zu Ihren Truppenteilen zurückkehren. Ich darf Ihnen nur sagen, daß Sie ausgewählt worden sind für das größte und auch das riskanteste Unternehmen des Krieges. Ein Unternehmen, dessen Durchführung nach menschlichem Ermessen unmöglich ist. Zehn Offiziere – Sie, meine Herren! – sollen den Krieg entscheiden helfen!«
    »Ist das nicht ein wenig zu pathetisch?« fragte Major von Labitz.
    »Es klingt so, ich gebe es zu, wenn man die Fakten nicht kennt. Ihre völlige Isolation ist damit zu erklären, daß der geringste Hinweis auf Ihre Aufgabe alles in Frage stellen kann! Vor allem eins: den Endsieg! Wenn Oberst von Renneberg vom Führerhauptquartier zurückkommt, und wenn Sie in alles eingeweiht werden, wird Ihnen klar sein, daß Sie für Deutschland mehr wert sind als jede Heeresgruppe.«
    Die zehn schwiegen und betrachteten die Karte von Moskau und Umgebung. Sie war aus Luftaufnahmen zusammengestellt und ins Riesenhafte vergrößert worden. Jedes Haus war erkennbar, jede Scheune, jeder Bachlauf, jedes Brückchen, jeder Waldweg, jede Lichtung, jede größere Pfütze, Hansekamm rieb sich die Hände wie der liebe Gott, als ihm die Schöpfung der Rose gelungen war.
    »Das ist die Generalansicht, meine Herren! Sie werden später noch Detailfotos sehen. Noch genauere! Ein schönes Foto ist dabei: ein Kornfeld, und darin liegen zwei und kopulieren! Man sieht's deutlich! So tief haben sich unsere Aufklärer gewagt, um Ihnen dieses Material zu liefern!«
    Die Sympathien gegenüber Hansekamm wuchsen. Liegen im Kornfeld und kopulieren, dachte Freiherr von Baldenow. Wenn das Bild an die Reihe kommt, werden wir von Solbreit einiges hören. Vorausgesetzt, daß Herr von Renneberg auch diesen verhaltenen Humor besitzt, den Schalk hinter der Hand.
    Hansekamm hüstelte, setzte sich hinter seinen schmalen Lehrertisch und holte sein Zigarettenetui aus der Tasche. »Das wäre im Augenblick alles«, sagte er. »Sie sehen mich irgendwie hilflos, aber ich kann ohne grünes Licht von der ›Wolfsschanze‹ nichts tun! Erwarte von Ihnen Vorschläge, meine Herren: Wie sollen wir uns beschäftigen?«
    »Man könnte in Eberswalde ins Kino gehen«, schlug Radek vor.
    »Nicht möglich! Niemand darf Sie sehen.«
    »In Zivil.«
    »In Eberswalde fallen Sie bestimmt auf, meine Herren!« Hansekamm nuckelte an seiner ›Orient‹. »Nicht daß wir Hypochonder wären – aber die gegnerische Spionage und die dunklen Elemente, die mit dem Feind sympathisieren, zwingen uns zur größten Vorsicht. Finden Sie sich damit ab, meine Herren, daß es Sie nicht mehr gibt.«
    »Also auch keine Post nach Hause?« fragte der kleine Dallburg.
    »Um Gottes willen, nein! Ausgeschlossen!«
    »Ich bin vor drei Tagen Vater geworden«, sagte Labitz ruhig.
    »Wir wissen es! Oberst von Renneberg wird Sie dieserhalb noch ansprechen.«
    »Ein Telefonat mit meiner Frau – das kann doch keinen Spion anlocken.«
    »Abgelehnt.« Hansekamm konnte auch hart und bestimmt sein. Jetzt war er es. »Wer nicht vorhanden ist, kann nicht telefonieren. Sie sind nicht vorhanden! Sie sind aus der Front zurückgezogen worden und bis auf weiteres verschwunden. Genügt Ihnen das als erste Erklärung, meine Herren!?«
    Kuehenberg stand auf, ging langsam auf die Riesenkarte Moskaus zu und blieb vor ihr stehen, wie vor ein paar Minuten Oberstleutnant Hansekamm.
    »Ich wage nicht auszusprechen, was ich denke!« sagte er betont deutlich.
    Hansekamm nickte. »Verschlucken Sie es, Hauptmann Kuehenberg. Es ist bestimmt falsch, was Sie denken!«
    »Ich war vor acht Jahren in Moskau …«
    »Wir wissen es. Kurz vor den Olympischen Spielen hier in Berlin …« Hansekamm winkte wieder jovial, onkelhaft, von Wohlwollen durchpulst. Tröpfchenweise ließ er Wahrheiten heraus, die alle gierig aufsaugten wie durstende Wüstenwanderer. »Von Ihnen allen, meine Herren, wissen wir alles von der Geburt bis zum heutigen Tag. Sonst säßen Sie nicht hier.«
    »Und wer hat sich – was immer wir auch erfahren werden – das

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