Sie waren zehn
Matrosen und Flieger der alliierten Landungs-Streitkräfte! Ihr begebt euch nun auf den großen Kreuzzug, für den wir uns seit vielen Monaten vorbereitet haben. Die Augen der Welt blicken auf euch; die Hoffnungen und Gebete der freiheitsliebenden Menschen der ganzen Welt begleiten euch. Zusammen mit unseren tapferen Verbündeten und Waffenbrüdern an allen Fronten werdet ihr die deutsche Kriegsmaschine zerschlagen, die Nazi-Tyrannei über die unterdrückten Völker Europas hinwegfegen und Sicherheit für uns alle in einer freien Welt schaffen.
Eure Aufgabe wird nicht leicht sein. Euer Feind ist gut ausgebildet, gut ausgerüstet und kriegserfahren. Er wird fanatisch kämpfen. Aber wir stehen im Jahre 1944! Vieles ist geschehen seit den Siegen der Nazis von 1940 bis 1941. Die Vereinigten Nationen haben den Deutschen große Niederlagen beigebracht, aber auch in offener Schlacht von Mann zu Mann. Unsere Luftoffensive hat ihre Stärke in der Luft und ihre Kraft zu Lande erheblich angeschlagen. Unsere Heimatfront hat uns ein überwältigendes Übergewicht an Waffen und Kriegsmaterial verschafft, außerdem stellt sie uns große Reserven an ausgebildeten Kämpfern zur Verfügung. Die Flut hat sich gewendet! Die Soldaten der freien Welt marschieren zusammen in den Sieg.
Ich vertraue fest auf euren Mut, auf eure Pflichttreue und auf eure Kampffertigkeit. Nur ein völliger Sieg ist für uns annehmbar. Glück euch allen und laßt uns den Segen des Allmächtigen Gottes für dieses große und edle Unternehmen erflehen.
Dwight D. Eisenhower
Hitler, dem man den Tagesbefehl Eisenhowers vorlas – ein bedauernswerter Adjutant war dazu ausersehen – versteinerte. In der Nachrichtenbaracke war der Teufel los. Die Meldungen aus Frankreich überstürzten sich. Der Überblick über die Lage in der Normandie war noch unklar. Fest stand nur: Es war den Amerikanern und Engländern gelungen, mit einem großen Überraschungsschlag Tausende von Soldaten und Hunderte von Geschützen, Minenwerfern und leichten Panzern an Land zu bringen. Die Luftlandetruppen, die überall im Hinterland festen Fuß gefaßt hatten und nun von allen Seiten zur Küste vordrangen, um die deutschen Regimenter einzuschnüren, waren in ihrer Stärke überhaupt nicht zu schätzen. Aussagen erster Gefangener nannten Zahlen, die Hitler, aber auch Keitel und Jodl für irrsinnig hielten.
»Vernichten!« schrie Hitler an diesem Morgen. Die Karten von Rußland auf dem großen Kartentisch waren gegen die der Normandie ausgewechselt worden. »Sagen Sie Rommel, ich erwarte von ihm einen totalen Sieg über die Invasionstruppen!«
Was dachte Hitler in diesen Stunden wirklich? Ahnte er, trotz seiner noch immer auf Sieg setzenden Befehle, daß die Großoffensive der Alliierten in Frankreich seine ganze westliche Front aufriß?
Wie auch Eisenhowers einmaliges Abenteuer auslaufen würde, eines hatte er bereits gewonnen: Hitlers und der deutschen Wehrmacht Nimbus, an Frankreichs Küste unangreifbar zu sein, war zerstört. Das wußte Hitler, und er schluckte es in stummer Wut.
An fünf Stellen, breit gefächert, waren die Alliierten an Land gegangen: das VII. US-Korps unter General Collins, das V. US-Korps unter General Gerow, das britische XXX. Korps unter General Bucknall und das britische I. Korps unter General Crocker.
Das war die erste Welle.
Drüben in England ging die zweite Welle in die Landungsboote – in Fowey und Weymouth, Dartmouth und Shoreham. Aus der Tiefe des Raumes, von Swansea und Cardiff, von Bristol und Felixstowe, rückten die Nachstoßtruppen heran. Sieben Divisionen, fünf Korps – die Südküste Englands zerbarst von Menschen.
Am Abend des 5. Juni 1944 sagte Rommel zu seinem Generalstabschef: »Jetzt haben wir die Rechnung für alles, was Hitler ignoriert hat! Und die Rechnung bezahlen müssen wir! Sie und ich und wir alle werden von ihm zum Schuldigen gemacht werden.«
Oberst von Renneberg erschien zum Frühstück, als habe sich an diesem 6. Juni 1944 die Welt nicht verändert. Er erlaubte den Herren mit einem Wink, sitzen zu bleiben, nahm am Kopfende des langen Tisches Platz und sah interessiert zu, wie die Ordonnanz die Tasse voll Kaffee füllte. Es war kein Muckefuck, sondern bester Bohnenkaffee. Dazu gab es Sahne aus dem nahe gelegenen Gutshof. Frische, knackige Brötchen aus der Bäckerei der Offiziersreitschule. Gute Butter. Goldgelben Schleuderhonig aus der Mark. Aufgeschnittene Salami, echten ungarischen Bauernschinken, im Wacholderrauch
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