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Sie waren zehn

Sie waren zehn

Titel: Sie waren zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Moskau … bumbumbum … Stalin tot … Sowjetfront bricht zusammen … der Schock lähmt die Amerikaner und Briten … die ganze Welt scheißt sich in die Hosen … Deutschland ist gerettet! – So einfach ist das!«
    Renneberg lächelte nachsichtig. Die Aufregung war verständlich. Ohne daß es ausgesprochen werden mußte, waren soeben zehn Offiziere zum Tode verurteilt worden, zu einem ›Heldentod‹ besonderer Provenienz. Das mußte verkraftet werden.
    »Sie haben recht, Kuehenberg. Im Grunde genommen ist es einfach. Nicht die Tötung Stalins, sondern das Einsickern nach Moskau. Das ist von uns bis ins kleinste durchgespielt worden.«
    »Im Sandkasten«, murmelte Semper.
    »Mit logischem Denken!« entgegnete von Renneberg. »Aus einer Vielzahl Offiziere sind Sie ausgewählt worden, weil Sie alles mitbringen, was wir brauchen: Sie sprechen alle Russisch so gut wie Deutsch. Einige von Ihnen sogar einen Dialekt. Leningrader, Nowgoroder, Weißrussisch. Sie kennen genau die Mentalität der Russen, Sie haben mit Russen privat Berührung gehabt, einige von Ihnen haben eine russische Mutter. Es macht keinem von Ihnen Schwierigkeiten, sich im Handumdrehen in einen echten Russen zu verwandeln. In Rußland abgesetzt, würden Sie sich sofort integrieren.« Renneberg ließ seinen Blick schweifen. »Hat einer der Herren eine andere Ansicht von den Umständen?«
    »Nein«, antwortete von Labitz für alle.
    »Da Sie das Wort ergreifen, Herr Labitz: Sie waren als Führer des Kommandos auserwählt. Die Geburt Ihres strammen Sohnes William Heiko verändert das Bild. Ich kann Ihnen diesen Auftrag nicht mehr erteilen. Familienväter sind ausgeschlossen. Die Entscheidung liegt allein bei Ihnen.«
    »Das bedarf keiner Frage, Herr Oberst«, sagte von Labitz steif.
    »Überschlafen Sie es bis morgen.« Renneberg atmete tief durch; jetzt kam der zweite Schock für sie. »Ihre Entscheidung, Herr Labitz, versetzt Sie in den gleichen Status wie die anderen Herren: Es gibt Sie nicht mehr.«
    »Wie bitte?« fragte Kuehenberg laut. »Was soll das heißen?«
    »Ab sofort werden Sie in keiner Personalrolle mehr geführt. Oberstleutnant Hansekamm hat es Ihnen gestern vage angedeutet, ich darf es Ihnen heute frei heraus sagen: Mit Ihrem Ja zu Wildgänse gelten Sie für Ihre Verwandten als vermißt. Ihre Personalakten werden am Tag, an dem Sie zu Ihrem Kommando starten, im OKW vernichtet. Über Wildgänse wird es keine schriftlichen Unterlagen geben. Sie sind nicht mehr vorhanden, meine Herren. Ich bitte das zu überdenken, Herr Labitz: Ihre junge Frau und glückliche Mutter wird vielleicht noch in diesem Monat die Nachricht bekommen, daß Sie nach einem Einsatz vermißt werden …«
    »Das hätte mir an der Front bei Tiraspol jeden Tag passieren können«, sagte von Labitz. Seine Stimme war etwas rauher geworden.
    »Im Einsatz! Hier haben Sie sich freiwillig gemeldet. Ihr Ja ist die Auflösung Ihrer Person.«
    »Tritt einer der Kameraden zurück?« Labitz sah sich um. Die anderen blickten ihn verlegen an. »Dallburg, Sie sind der Jüngste! Warum werfen Sie Ihr junges Leben weg? Solbreit, Sie Quadratschnauze, wollen Sie nie mehr Ihre Braut Herta wiedersehen? Kuehenberg – wer wird sich um die Pferdezucht kümmern?«
    »Hören Sie auf, Herr Major!« sagte Adler laut. »Seit wann kümmern sich Wildgänse um Pferdezucht?!«
    Labitz wandte sich Renneberg zu. »Ich weiß nicht, warum hier noch gefragt wird.« Er setzte sich wieder auf seinen Stuhl und schlug die Beine übereinander. »Ich nehme an, wir sollen Moskau auswendig lernen. Straßen, Plätze, Bauwerke, Schlupfwinkel, V-Mann-Verbindungen …«
    »Alles, bis auf V-Mann! Es gibt keine Verbindung nach draußen. Jeder von Ihnen wird auf sich allein gestellt sein, bis er Moskau erreicht hat. Erst dort nimmt er Funkkontakt zu den anderen auf – falls sie in Moskau sind. Aber das sind schon Details. Zuerst kommt das Grundsätzliche.« Oberst von Renneberg nickte zufrieden. »Es sind eine Reihe Tests zu durchlaufen, meine Herren. Wir wollen das Risiko so klein wie möglich halten.«
    »Ein kleines Risiko: Stalin töten!« rief Solbreit. »Wo ist der Pappkamerad, an dem wir üben können? Ein Bömbchen, Erschießen, Erschlagen, Erstechen, Erwürgen! Ein vollendeter Landser erstinkt sogar seinen Gegner!«
    Jetzt dreht er durch, dachte Kuehenberg. Aber wir alle sind mit den Nerven am Ende. Er hat nur keine Hemmungen, es zuzugeben. Ein bißchen viel für einen Vormittag: Zehn Wildgänse, zum Abschuß

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