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Titel: Sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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du neugierig, wie sich das anhören würde? Bist du wirklich neugierig? Das Sprichwort sagt, Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt genießt, aber als dieser Spruch aufkam, war Ronson-Fast-Lite-Anzünder noch nicht erfunden worden.
    Paul dachte: Burn the mother down, und schlief ein. Ein kleines Lächeln erhellte sein bleiches, eingefallenes Gesicht.

25
    Als Annie schließlich um Viertel vor drei an diesem Nachmittag zurückkehrte, ihr normalerweise wuscheliges Haar in der Form des Helmes, den sie aufgehabt hatte, an ihrem Kopf klebend, war sie in einer schweigsamen Stimmung, die auf Müdigkeit und Nachdenklichkeit, aber nicht auf Depressionen hinzudeuten schien. Als Paul fragte, ob alles gut gegangen war, nickte sie.
    »Ja, ich denke schon. Ich hatte etwas Mühe, das Motorrad anzulassen, sonst wäre ich schon eine Stunde früher hier gewesen. Die Zündkerzen waren verdreckt. Wie geht es Ihren Beinen, Paul? Möchten Sie noch eine Spritze, bevor ich Sie nach oben bringe?«
    Nach fast zwanzig Stunden in dieser feuchten Kälte fühlten seine Beine sich an, als hätte sie jemand mit rostigen Nägeln gespickt. Er wollte mit aller Verzweiflung eine Spritze, aber nicht hier unten. Das würde nichts nutzen.
    »Ich denke, ich komme schon klar.«
    Sie drehte ihm den Rücken zu und kauerte sich nieder. »Also gut, halten Sie sich fest. Aber bedenken Sie, was ich Ihnen über Würgegriffe und dergleichen gesagt habe. Ich bin sehr müde, und ich glaube nicht, dass ich besonders nett auf irgendwelche Scherze reagieren würde.«
    »Ich kann keine Scherze mehr machen.«
    »Gut.«
    Sie hob ihn mit einem Grunzen hoch, und Paul musste einen Schmerzensschrei unterdrücken. Sie ging auf die Treppe zu, und dabei wendete sie den Kopf. Ihm wurde klar, dass sie - möglicherweise - zu dem Tisch mit den Dosen und Flaschen blickte. Ihr Blick war kurz, fast beiläufig,
aber Paul schien er sehr lange zu dauern, und er war sich sicher, sie würde bemerken, dass die Dose mit dem Flüssiganzünder nicht mehr da war. Sie steckte statt-dessen in seiner Unterhose. Lange Monate nach seinen ersten Plünderungen hatte er endlich wieder den Mut aufgebracht, etwas zu stehlen … und wenn ihre Hände an seinen Beinen hinaufglitten, während sie die Treppe hinaufkletterte, dann würde sie mehr in die Hand bekommen als nur seinen mageren Arsch.
    Dann wandte sie ohne erkennbare Reaktion den Blick von dem Tisch ab, und seine Erleichterung war so groß, dass der holprige, schwankende Aufstieg die Treppe hinauf beinahe erträglich war. Wenn sie wollte, dann konnte sie ein ausgezeichnetes Pokerface aufsetzen, aber er dachte - hoffte -, dass er sie dieses Mal getäuscht hatte.
    Dass er sie dieses Mal wirklich getäuscht hatte.

26
    »Ich glaube, ich hätte jetzt doch gern die Spritze, Annie«, sagte er, als sie ihn ins Bett gelegt hatte.
    Sie betrachtete sein weißes, schweißgebadetes Gesicht einen Augenblick, dann nickte sie und ging aus dem Zimmer.
    Kaum war sie gegangen, zog er die Flasche aus der Unterhose und schob sie unter die Matratze. Seit dem Messer hatte er nichts mehr dort versteckt, und er hatte nicht die Absicht, den Flüssiganzünder dort zu lassen, aber für den Rest des Tages würde er dort bleiben müssen. Heute Nacht würde er ihn an einem anderen, sichereren Ort verstecken.

    Sie kam zurück und gab ihm eine Injektion. Dann legte sie einen Stenoblock und ein paar frisch gespitzte Bleistifte auf das Fenstersims und schob ihm den Rollstuhl neben das Bett.
    »Hier«, sagte sie. »Ich werde ein wenig schlafen. Wenn sich ein Auto nähert, werde ich es merken. Wenn wir in Ruhe gelassen werden, dann schlafe ich wahrscheinlich bis morgen früh durch. Wenn Sie aufstehen und mit der Hand weiterschreiben wollen, hier ist Ihr Stuhl. Ihr Manuskript liegt dort drüben auf dem Boden. Ich würde es Ihnen aber offen gesagt nicht raten, bevor Ihre Beine sich ein wenig erwärmt haben.«
    »Momentan könnte ich gar nicht, aber ich denke, ich werde heute Nacht eine Weile arbeiten. Ich habe begriffen, was Sie meinten, als Sie sagten, die Zeit wird knapp.«
    »Das freut mich, Paul. Wie lange werden Sie wohl noch brauchen?«
    »Unter normalen Umständen würde ich sagen, einen Monat. So, wie ich in letzter Zeit gearbeitet habe, zwei Wochen. Wenn ich wirklich alles gebe, dann vielleicht fünf Tage. Oder eine Woche. Es wird ein wenig stümperhaft sein, aber vollständig.«
    Sie seufzte und betrachtete mit dumpfer Aufmerksamkeit ihre Hände. »Ich weiß, dass wir

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