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Sieben

Sieben

Titel: Sieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Frost
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die Vereinigten Staaten bereist.«
    »Bravo, Doyle. Sie versetzen mich in Erstaunen.«
    »Das war auch meine Absicht. Wollen Sie wissen, wie ich darauf gekommen bin?«
    »Mein Akzent, beziehungsweise das, was noch von ihm übrig ist, hat Sie auf Yorkshire gebracht. Aufgrund meines Auftretens und meiner anscheinenden Mittel haben Sie korrekt angenommen, daß ich einer Familie entstamme, deren Einkünfte mich in einigem Komfort leben lassen, ohne daß ich gezwungen wäre, mein Leben dem Kommerz zu widmen ...«
    »Genau. Ihre lebhafte Fantasie läßt den Schluß zu, daß Sie in der Kindheit krank waren vielleicht die Choleraepidemie in den Sechzigern -, und so haben Sie sich damit beschäftigt, viel zu lesen; ein Habitus, den Sie auch heute noch pflegen.«
    »Richtig. Und meine Familie ist regelmäßig in Europa gewesen, besonders in Deutschland. Aber ich kriege ums Verrecken nicht heraus, wie Sie darauf gekommen sind.«
    »Eine fundierte Annahme: Deutschland ist das bevorzugte Reiseland der Oberklassenfamilien Ihrer Elterngeneration, die ihren Kindern etwas systematische Wertschätzung der Literatur und Kultur einbleuen möchten. Ich vermute, die deutsche Abstammung unserer letzten Herrscherhäuser hatte einiges - wenn nicht gar alles - mit dieser Neigung des Landadels zu tun.«
    »Gut begründet«, sagte Sparks. »Doch einen Fehler haben Sie gemacht: Ich habe einen älteren Bruder.«
    »Offen gesagt, das überrascht mich. Sie weisen eindeutig die natürliche Zuversicht eines ältesten oder Einzelkindes auf.«
    »Mein Bruder ist beträchtlich älter. Er ist nie mit uns verreist und hat den größten Teil meiner Kindheit in einer Schule verbracht. Ich habe ihn kaum gekannt.«
    »Das erklärt alles.«
    »Ich war wirklich in Cambridge - Caius und Magdalene -, und ich habe auch Medizin und Naturwissenschaften studiert. Darauf sind Sie durch meine Vertrautheit mit der Stadt und die scheinbare Ungezwungenheit gekommen, mit der ich an die Informationen über den jungen Nicholson herangekommen bin.«
    »Wieder richtig.«
    »Ich war auch kurz auf der Christ Church in Oxford.«
    »Theologie?«
    »Ja. Und ... Es ist mir peinlich, es zu sagen: Auch an einem Amateurtheater.«
    »Darauf haben mich Ihre Fertigkeiten in Sachen Schminken und Maskieren gebracht. Und da Ihre indische Verkleidung so perfekt ausgefallen war, habe ich vermutet, daß Sie auch im Orient waren.«
    »Ich bin zwar leider nie beim Militär gewesen, aber ich habe den Fernen Osten bereist und tatsächlich viele Stunden mit dem Studium von Religionen zugebracht.«
    »Und in den Vereinigten Staaten?«
    »Ihnen ist wohl nicht entgangen, daß ich manchmal amerikanischen Jargon verwende.«
    Doyle nickte.
    »Ich bin acht Monate an der Ostküste herumgezogen«, sagte Sparks im Tonfall eines Büßers im Beichtstuhl. »Als Schauspieler bei einer Tournee der Sasanoff Shakespeare Company.«
    »Ich wußte es doch!«
    »Ich habe den Mercutio für meine beste Stunde auf der Bühne gehalten, obwohl man in Boston meinen Hotspur am meisten bejubelt hat«, sagte Sparks im Tonfall spöttischer Eitelkeit. »Jetzt kann ich Ihrer Denkweise in jeder einzelnen Deduktion folgen, nur nicht in einer: Woher, zum Henker, wissen Sie, daß ich Violine spiele?«
    »Ich habe einst einen Violinisten des Londoner Orchesters behandelt, der sich bei einem Fahrradunfall das Gelenk verzerrt hatte. Er hatte ein deutlich erkennbares Muster kleiner Schwielen an den Fingerspitzen der linken Hand - vom Druck auf die Saiten. Sie weisen das gleiche Muster auf. Ich nehme an, sie spielen das Instrument, wenn auch nicht ganz so fachmännisch, mit der gleichen Hingabe wie mein Patient.«
    »Erstaunlich. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Beobachtungsgabe.«
    »Vielen Dank. Ich bin selbst ziemlich stolz darauf.«
    »Die meisten Menschen treiben in einem fortwährenden Dunst befangener Ichbetrachtung durchs Leben, der völlig verhindert, daß sie die Welt so sehen, wie sie ist. Ihre diagnostische Ausbildung hat Sie mit der unbezahlbaren Eigenschaft ausgestattet, Einzelheiten zu beachten, und Sie haben mit ebensolchem Fleiß eindeutig an einer fortschrittlichen Lebensphilosophie gearbeitet.«
    »Ich schätze, ich bin immer davon ausgegangen, daß es um so besser ist, je weniger man über solche Dinge spricht«, sagte Doyle bescheiden.
    »Mögen Taten den weltlichen Menschen erklären, während die Musik seiner Seele für ein Publikum spielt, das nur aus einem besteht.«
    »Shakespeare?«
    »Nein, Sparks«, sagte Sparks

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