Sieben Jahre Sehnsucht
Unfähigkeit im Bett ihr Fehler sei. Es gibt viele Möglichkeiten zur Erklärung der Spannungen, die du erlebt hast. Und keine davon hat etwas mit dir zu tun.«
Ernst sah er sie an, verstand genau, warum sie die Gefühle seiner Mutter nachempfinden konnte. Auch Jessica hatte Verzweiflung und Herabsetzung erfahren.
»Es hat nichts mit dir zu tun«, wiederholte sie. »Dennoch fühlst du dich verantwortlich und hast dich dein Leben lang bemüht, Masterson aus dem Weg zu gehen und ihm so wenig wie möglich zur Last zu fallen. Aber jetzt wirst du das bekannteste Gesicht einer Familie sein, ausgerechnet du, der sich nie zugehörig gefühlt hat, und man wird von dir erwarten, dass du den Familiennamen an deine Nachkommen weitergibst. In dieser Hinsicht bin ich völlig nutzlos für dich.«
»Schweig.« Alistair drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Sprich nie wieder so über dich selbst.«
»Meine Unfruchtbarkeit hat mich auch vorher geschmerzt. Doch Tarley und ich hatten Michael, der irgendwann Kinder zeugen würde. Du hast niemanden, der dir diese Bürde abnimmt, andernfalls wärst du nun nicht hier.«
»Ich bin kein verdammter Märtyrer, Jess. Für diese Farce habe ich alles geopfert, was ich zu opfern bereit bin. Dich werde ich niemals aufgeben. Nicht dafür. Für nichts auf der Welt.«
»Und ich möchte dich nicht an Reue und Schuld verlieren. Lieber verliere ich dich jetzt, wo Liebe zwischen uns besteht, als Jahre später, wenn die Enttäuschung deiner Mutter und deine Schuldgefühle ihr gegenüber einen Keil zwischen uns treiben.«
»Was erwartest du, dass ich tue?« Seine blauen Augen verdunkelten sich. »Wenn ich dich nicht haben kann, werde ich keine Frau haben. Dann bekommt niemand das, was er wollte.«
»Bring erst einmal deine Angelegenheiten in Ordnung und danach dein Leben. Mach dich mit deinen neuen Aufgaben vertraut. Verdien dir Anerkennung. Wenn du mich danach immer noch haben willst und deine Mutter uns vorbehaltlos ihren Segen erteilt, weißt du ja, wo du mich findest.«
Er küsste sie zärtlich. Als er sich von ihr löste, betrachtete er sie mit verhangenen Augen. Sie konnte den Schmerz in seinen Augen sehen. »Gut, ich werde mich um diese Dinge kümmern; und kümmere du dich um deine Schwester. Doch sieh dich vor, denn du hast nicht viel Zeit. Es wird nicht lange dauern, bis ich komme, um dich zu holen, und dann solltest du bereit sein, Jess, und meinen Ring am Finger tragen. Du wirst mich dann nicht mehr eines anderen belehren können. Wenn es sein muss, werde ich dich in Ketten nach Schottland schleifen.«
Mit diesen Worten drehte er sich um und stürmte hinaus. Und nahm, wie immer, ihr Herz mit sich.
Jess befand sich noch im Salon, als Hester drei Stunden und drei Glas Bordeaux später hereinkam.
»Man sagte mir, Baybury habe heute früh seine Aufwartung gemacht«, murmelte Hester.
Beim Klang von Alistairs Titel zuckte Jessica zusammen. Sie nickte und schenkte sich ein neues Glas Wein ein.
Hester blieb vor dem Tisch stehen und musterte Jessica stirnrunzelnd. »Wein zum Frühstück?«
Jessica zuckte die Achseln. Sie hatte schon als junges Mädchen die Annehmlichkeiten von Alkohol schätzen gelernt: Wenn sie vor lauter Schmerzen nicht schlafen konnte, hatte ihr die Köchin immer Brandy in den Tee geschummelt. Schon bald hatte sie erkannt, dass Alkohol auch die emotionalen Schmerzen dämpfte. In den frühen Jahren ihrer Ehe hatte sie kein Bedürfnis zu trinken gehabt. Doch als die Schwindsucht ihre gierigen Klauen in Benedicts Lunge grub, hatte sie wieder begonnen, Trost im Alkohol zu suchen, und sich seither noch nicht völlig davon losgesagt.
Hester nahm auf dem Sofa neben Jessica Platz. »Ich habe dich noch nie so melancholisch gesehen, und es kann nichts Gutes bedeuten, wenn du morgens als Erstes Alkohol trinkst.«
»Sorg dich nicht um mich.«
»Hat er mit dir gebrochen, Jess?«, fragte Hester behutsam.
Natürlich stürzte sich Hester auf die naheliegendste und schlimmste Möglichkeit. Immerhin war sie von denselben Eltern wie Jess erzogen worden. Frauen aus adligem Geschlecht dienten nur einem einzigen Zweck – so viele Erben wie möglich zu gebären.
Jess griff nach der dünnen Hand ihrer Schwester und drückte sie. »Nein. Und das wird er auch nicht. Dazu liebt er mich zu sehr.«
»Warum siehst du dann genauso traurig aus wie damals, als Temperance starb? Will Alistair die Hochzeit verschieben?«
»Im Gegenteil. Er hoffte, ich würde mit ihm durchbrennen.«
»Du hast
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