Sieben Jahre Sehnsucht
einem so herrlichen Schiff wie diesem und mit einer so großen Besat zung ist die Freude ungetrübt. Lord und Lady Masterson müssen sehr stolz auf Ihre Erfolge sein.«
Wie immer bei der Erwähnung seines Vaters und dessen Titel überfiel ihn Jähzorn. Aber er schüttelte das Gefühl ab, indem er die Schultern straffte und tief Luft holte. »Stolz ist nicht unbedingt das richtige Wort. Meinen Eltern ist indes sehr wohl bewusst, was ich leiste.«
Jessica sah ihn an. Ihre Nervosität, die durch den Redeschwall offenbar geworden war, zeigte sich auch daran, wie sie auf ihrer Unterlippe herumkaute. Auch wenn sie es beide mit keinem Wort erwähnten, so stand die Erinnerung an jene Nacht im Pennington-Wald fast greifbar zwischen ihnen und wurde dadurch, dass sie unausgesprochen blieb, nur noch allgegenwärtiger. Er hätte gern mit ihr darüber gesprochen. Bei Gott, wie sehr er das wünschte. Es gab so vieles, was er sie fragen wollte.
Stattdessen griff er nun ein Thema auf, das für sie beide unverfänglich war. »Der weite Ozean birgt unter seiner Oberfläche unendlich viele Möglichkeiten und Geheimnisse.«
»Ja«, sagte sie mit einem bezaubernden Lächeln.
»Wie geht es Ihrer Familie?«
»Sehr gut, danke. Mein Bruder studiert in Oxford. Hadley ist darüber natürlich sehr erfreut. Und meine Schwester führt zu Hause mittlerweile einen recht bekannten Salon. Sie wird Ihnen bei Ihrer Rückkehr nach England sehr hilfreich sein.«
»Sie ist mit dem Earl of Regmont verheiratet, nicht wahr?«
»Ja. Ich habe die beiden am Vorabend meiner Hochzeit miteinander bekannt gemacht, und das führte zu einer Liebesheirat, so schrecklich unmodern das auch ist.«
Er konnte der Versuchung nicht wiederstehen. »Ah, der Vorabend Ihrer Hochzeit. Ein denkwürdiger Abend.«
Eine zarte Röte stieg in ihre Wangen. »Und wie geht es Ihrer Familie?«
»Nun ja. Mein Bruder Albert – mittlerweile Lord Baybury – muss noch einen Erben zeugen, eine Tatsache, die Masterson in große Unruhe versetzt. Er fürchtet, ich könnte eines Tages die Herzogswürde erben, wodurch sein schlimmster Albtraum wahr werden würde.«
Sie bedachte ihn mit einem tadelnden Blick. »Es ist für alle schwierig, wenn die Nachkommen aus irgendwelchen Gründen ausbleiben. Für Lady Baybury ist das sicher sehr belastend.«
Das Mitgefühl in ihrer Stimme entsprang einem tieferen Verständnis, und Alistair fiel ein, dass auch Jessica in ihrer sechsjährigen Ehe kinderlos geblieben war.
Rasch wechselte er das Thema. »Ich weiß nicht, zu welcher Jahreszeit Tarley Sie nach Calypso mitgenommen hat, aber jetzt ist die Hitze dort einigermaßen erträglich. Nachmittags kann es zu kurzen Regenschauern kommen, doch danach scheint wieder die Sonne. Die meisten Menschen finden das Klima angenehm, und ich hoffe, Sie werden das genauso sehen.«
Sie krümmte die vollen Lippen auf eine Art, die gewiss nicht verführerisch sein sollte, aber genau so empfand er das. »Sie steuern mit bemerkenswerter Sicherheit um schwierige Themen herum.«
»Das ist eine Notwendigkeit für einen Reeder und Kaufmann.« Er suchte ihren Blick. »Überrascht Sie das? Beeindruckt Sie das?«
»Hätten Sie das gern?«
»Ja.«
Sie hob ihre perfekt gebogenen Brauen. »Warum?«
»Sie sind der Inbegriff von Klasse und Vornehmheit. Wer von Ihnen gelobt wird, muss dieser Auszeichnung würdig sein.«
Sie rümpfte die Nase. »Sie gewähren mir mehr Anerkennung, als ich verdiene.«
Er drehte sich zur Seite, sah sie an und lehnte sich dabei lässig gegen das Dollbord. »Dann gestatten Sie mir zu sagen, dass es mir eine Freude wäre, Ihre Wertschätzung zu erlangen.«
Jessica neigte ihren Sonnenschirm so, dass er ihr Gesicht verdeckte. »Bisher machen Sie Ihre Sache recht gut.«
»Vielen Dank. Aber ich habe vor, mich noch mehr anzustrengen.«
»Sie strengen sich bereits genug an.«
Ihr gezierter Ton entlockte ihm ein Grinsen.
Diesmal war sie diejenige, die das Thema wechselte. »Ist das Wasser rings um die Insel tatsächlich so klar, wie ich es in Erinnerung habe?«
»Glasklar. Vom Ufer aus kann man die Fische schwimmen sehen. Und entlang der Küste ist das Meer an manchen Stellen so seicht, dass man zum Riff hinauswaten kann.«
»So eine Stelle will ich unbedingt finden.«
»Ich werde Sie dorthin führen.«
Ihr Sonnenschirm hob sich wieder. »Das würde weit über Ihre Verpflichtung gegenüber Michael hinausgehen.«
»Gleichwohl wäre es mir ein großes Vergnügen.« Sein Ton war heiser und
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