Sieben Jahre Sehnsucht
Reue in seinen Augen zu erkennen. In dieser Hinsicht unterschied er sich von ihrem Vater. Hadley hatte seine Handlungen niemals bereut.
»Hast du mein Geschenk erhalten?«, murmelte er, während er den Griff um ihre rechte Schulter lockerte, auf der sich ein dunkler Bluterguss abzeichnete.
»Ja.« Sie deutete zu ihrem Schminktischchen, auf dem das Schmuckstück lag. »Danke. Die Brosche ist wunderschön.«
»Sie verblasst neben deiner Schönheit.« Er strich mit den Lippen über ihre Ohrmuschel. »Ich verdiene dich nicht.«
Hester war eher der Meinung, sie beide verdienten einander. Wie oft hatte Jessica sich schützend vor Hester gestellt und die brutalen Schläge ihres Vaters auf sich genommen; und nun war es an Hester, dies auf sich zu nehmen, während Jessica zumindest vorübergehend Frieden in ihrer glücklichen Ehe gefunden hatte. Es war eine traurige Ironie des Schicksals, dass Hester einst geglaubt hatte, Regmont und sie verbinde eine innige Seelenverwandtschaft, da ihrer beider Kindheit von väterlicher Gewalt geprägt gewesen war. Sie hatte geglaubt, sie könnten die Narben und Überlebensstrategien der Kindheit hinter sich lassen, und nicht damit gerechnet, dass solche frühen Erfahrungen den Charakter nachhaltig deformieren konnten. Die Brutalität hinterließ Spuren auf der Seele, die nach außen hin nicht sichtbar waren. Nicht umsonst hieß es: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.
»Wie war dein Tag?«, fragte sie.
»Lang. Ich habe die ganze Zeit nur an dich gedacht.« Er drehte sie zu sich herum, sodass sie nun den Schminktischspiegel im Rücken hatte, und drückte sie mit sanfter Gewalt nach unten auf den schmalen Schemel.
Dann kniete er vor ihr nieder, umfasste ihre Waden und legte den Kopf in ihren Schoß. »Vergib mir, meine Liebste.«
»Edward.« Sie seufzte.
»Du bist mein Ein und Alles. Niemand versteht mich so wie du. Ohne dich wäre ich völlig verloren.«
Sie strich durch sein feuchtes Haar. »Du bist nicht du selbst, wenn du Alkohol trinkst.«
»Stimmt.« Er rieb die Wange gegen ihren mit Prellungen übersäten Oberschenkel. »Ich verliere dann die Kontrolle über mich. Du weißt, ich würde dir niemals vorsätzlich wehtun.«
Sie bewahrten in keinem ihrer Häuser Alkohol auf, doch er fand ihn an genügend anderen Orten. Im Grunde war er ein geselliger Trinker, unterhaltsam und lustig. Bis er nach Hause zu Hester kam, wo die Dämonen entfesselt wurden, die in ihm wohnten.
Sie spürte, wie seine Tränen durch ihr Unterhemd und das bis zu den Knien reichende Biedermeierhöschen sickerten.
Er hob den Kopf und sah sie mit geröteten Augen an. »Kannst du mir verzeihen?«
Diese Frage wurde mit jedem Mal schwerer zu beantworten. Die meiste Zeit über war er der vollkommene Ehemann. Freundlich und aufmerksam. Er verwöhnte sie mit Geschenken und Zeichen der Zuneigung, mit Liebesbriefen und Ausflügen. Er hörte zu, wenn sie etwas sagte, und erinnerte sich an alles, was ihr besonders gut gefiel. Hester hatte schon bald gelernt, sehr genau darauf zu achten, welche Wünsche sie artikulierte, weil er alles tun würde, um sie ihr zu erfüllen. Aber dann gab es Zeiten, in den er ein wahres Ungeheuer war.
Ein Teil von ihr liebte ihn immer noch aufgrund der schönen Erinnerungen an die goldenen Anfangszeiten ihrer Ehe. Doch gleichzeitig hasste sie ihn.
»Meine geliebte Hester«, murmelte er, mit den Händen nach oben zu dem Bändchen ihres Höschens streichend, »erlaube mir, dich zu verwöhnen. Lass mich dich anbeten, so wie du es verdienst.«
»Mylord, bitte.« Sie hielt seine Hände fest. »Man erwartet uns auf dem Grayson-Ball. Mein Haar ist bereits frisiert.«
»Ich werde es nicht durcheinanderbringen«, versprach er in dem leisen verführerischen Ton, mit dem er sie einst so mühelos zu verderbten lustvollen Spielen verführt hatte, sei es in Kutschen, Alkoven oder an irgendeinem anderen ungestörten Plätzchen. »Lass mich.«
Mit anrüchig verhangenem Blick sah Regmont sie an. Er war vor Verlangen erhitzt und absolut entschlossen. Was seine amourösen Wünsche anging, war ein Nein keine Antwort, die er akzeptierte. Ein paarmal hatte Hester es versucht, da sie es nicht ertragen konnte, seine Hände wieder auf ihrem Körper zu spüren, und sei es auch in zärtlicher Absicht. Er hatte sich daraufhin betrunken und dermaßen in Rage gesteigert, dass sie es bereute, ihn abgewiesen zu haben. Danach hatte er sie trotzdem genommen und sich mit ihrem lustvollen Stöhnen von jeglicher
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