Sieben Jahre später
Verfolgung. Die Buchhandlung erstreckte sich über eine Länge von mehr als zwanzig Metern. Um ihren Fluchtweg zu sichern, stießen die beiden Amerikaner hinter sich alles um: Regale, Verkaufsständer, Nippes, Lampen, Leitern, Karteikästen. Die Kommissarin sprang über ein Sofa, konnte jedoch dem Holzhocker nicht ausweichen, den Nikki in ihre Richtung warf. Im letzten Augenblick hielt sie schützend die Arme vor das Gesicht, um dem Wurfgeschoss zu entgehen. Der Hocker prallte gegen ihren Ellenbogen, sodass sie die Waffe mit einem Schmerzensschrei fallen ließ.
Dieses Miststück!, fluchte sie innerlich und hob ihre SIG Sauer wieder auf.
Am Ende des Ladens führte eine Tür auf einen kleinen Hof, der an einen brach liegenden Garten grenzte. Den Larabees dicht auf den Fersen, kletterte Constance über das Mäuerchen, das auf die Rue Jules Vallès führte. Hier präsentierten sich die Dinge schon besser: Die Flüchtigen waren genau in ihrer Schusslinie.
»Halt, stehen bleiben!«, rief sie.
Da die Amerikaner ihre Aufforderung ignorierten, gab sie einen Schuss in die Luft ab, der jedoch keine Wirkung zeigte. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel. Geblendet hob sie die Hand über die Augen und sah das Paar, das an der Straßenecke abbog. Constance nahm die Verfolgung wieder auf, fest entschlossen, die Larabees um jeden Preis festzunehmen.
Außer Atem lief sie mit gezogener Waffe in die Werkstatt Pelissier an der Ecke zur Rue Paul Bert. Die Halle, die zum Bürgersteig hin geöffnet war, beherbergte ein Dutzend Tuk-Tuks. Diese für Indien und Thailand typischen motorisierten Dreiräder sah man seit einigen Monaten immer häufiger in der Hauptstadt – Touristen und auch Einheimische hatten ihren Spaß daran. Nebeneinander aufgereiht warteten diese exotischen Gefährte darauf, überholt, aufgetankt oder repariert zu werden.
»Kommen Sie heraus!«, rief Constance und setzte, den Finger am Abzug, vorsichtig einen Fuß vor den anderen.
Je weiter sie vordrang, desto schwächer wurde das Licht, das Halleninnere verschwand zunehmend im Dunkeln. Sie stolperte über einen Werkzeugkasten und hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Plötzlich vernahm sie das Motorengeräusch eines Mopeds und fuhr herum. Sie richtete die Waffe auf die Maschine, das Tuk-Tuk raste jedoch direkt auf sie zu. Sie rollte sich auf dem Boden zur Seite und sprang sofort wieder auf. Die Frau hatte das Lenken übernommen und gab kräftig Gas! Dieses Mal sparte Constance sich jede Vorwarnung. Sie schoss auf die Windschutzscheibe, die in Scherben zerbarst, ohne jedoch das Dreirad zu stoppen. Sie versuchte, die Verfolgung aufzunehmen, zu Fuß war die Jagd allerdings von vornherein verloren.
Verdammter Mist!
Ihr Wagen war vor der Buchhandlung geparkt. Sie rannte dorthin, ließ sich auf den Ledersitz fallen und raste los. Ein kurzes Stück jagte sie in falscher Richtung durch eine Einbahnstraße.
Keine Spur von den Larabees.
Beruhige dich …
Eine Hand ums Lenkrad geklammert, die andere am Schalthebel, fuhr sie in die Unterführung unter dem Périphérique. Das Coupé schoss aus dem Tunnel und erreichte das 18. Arrondissement.
Auf der langen Geraden der Rue Binet gab Constance erneut Gas und entdeckte in der Ferne erleichtert das Tuk-Tuk. Als sie in den Boulevard Ornano einbog, glaubte sie, das Schlimmste überstanden zu haben: Sie fuhr einen Rennwagen, während das Gefährt der Larabees im Schneckentempo dahintuckerte. Eine eindeutige Sache!
Sie hielt das Lenkrad mit beiden Händen umklammert und konzentrierte sich auf die Straße. Der Verkehr war flüssig, der Boulevard so breit wie die großen haussmannschen Verkehrsadern. Constance beschleunigte, um auf Höhe des Tuk-Tuks zu kommen. Die Maschine ähnelte einem Motorroller mit einer Rückbank, die von einem Verdeck geschützt war. Nikki saß auf dem Fahrersitz, während Sebastian sich an das Dach klammerte.
Bloß einen kühlen Kopf bewahren …
Sie überholte das Dreirad, um ihm unvermittelt den Weg abzuschneiden, was Nikki jedoch geschickt zu umgehen wusste, indem sie auf die Busspur wechselte.
Constance stieß einen Fluch aus und fuhr wieder geradeaus. Schnell hatte sie das Dreirad eingeholt, doch die Larabees ignorierten an einer Kreuzung die rote Ampel. Um nicht abgehängt zu werden, folgte sie ihnen über die Kreuzung und provozierte dabei heftige Bremsmanöver und ein ohrenbetäubendes Hupkonzert.
Am Anfang der Rue Hermel hatte sie das Tuk-Tuk fast wieder eingeholt. Diese Einbahnstraße
Weitere Kostenlose Bücher