Sieben Jahre
verspreche es.
Sophie fing an zu schreien. Was hat sie denn?, sagte ich. Iwona gab keine Antwort, vielleicht um mir zu zeigen, dass ich von nun an für das Baby verantwortlich war. Ich ging hinaus auf den Flur und suchte nach der Schwester. Die hob Sophie hoch und roch an ihrem Hintern. Ihr erstes?, fragte sie und sagte, als ich nickte, sie werde mir beim Wickeln helfen. Nachdem wir Sophies Windeln gewechselt hatten, legte die Schwester sie in eines der Bettchen. Ich ging zurück in Iwonas Zimmer, aber sie war nicht da. Im Stationsbüro sagte man mir, sie sei bei einer Untersuchung, sie habe gesagt, ich könne das Kind mitnehmen. Mit diesen Worten, sagte die Oberschwester mit empörtem Gesicht.
Eine Hebamme kam und erklärte mir tausend Dinge, von denen ich die meisten gleich wieder vergaß, und reichte mir einen Pappkoffer mit verschiedenen Mustern von Babypflegeprodukten und Milchpulver.
Auf der Autofahrt musste ich an Iwona denken. Ich fragte mich, was sie für Sophie empfand. Ich war fest davon überzeugt, dass wir die beste Lösung gefunden hatten, aber ich befürchtete, Iwona würde denken, ich hätte ihr das Kind weggenommen. Ich hätte gerne mit ihr darüber gesprochen, ich wollte wohl, dass sie mir die Absolution erteilte, aber das war zu viel verlangt.
Sophie hatte während der ganzen Fahrt keinen Mucks gemacht. Als ich parkte, sah ich, dass sie eingeschlafen war. Ich hob sie mit dem Babysitz aus dem Wagen und trug sie zum Haus. Sonja musste den Wagen gehört haben, sie öffnete mir die Tür und ging, nach einem kurzen Blick auf das Baby, vor mir die Treppe hoch ins Kinderzimmer. Dort blieb sie ratlos stehen. Ich stellte den Sitz auf den Boden und kauerte mich daneben. Schau, sagte ich, das ist unser Baby. Sonja kam näher und fragte, ob alles in Ordnung sei. Alles bestens, sagte ich. Sonja setzte sich im Schneidersitz neben mich und fing an zu weinen. Nach einer Weile fragte sie, was machen wir jetzt? Ich weiß nicht. Warten, dass sie aufwacht. Zum ersten Mal betrachtete Sonja das Baby richtig. Sie streichelte mit einem Finger über seinen Handrücken. Schwarzes Haar, das habe ich mir immer gewünscht, als ich ein Kind war. Wie die Indianer. Wie Nscho-tschi, sagte ich. Nein, sagte Sonja, ich wollte Winnetou sein, nicht das Mädchen. Sie schaute mich an und fragte, was Sophie wohl aus unserem Leben machen werde. Ich weiß es nicht. Komm, sagte sie, wir trinken erst mal einen Kaffee.
Während wir noch beim Kaffee saßen, fing Sophie zu schreien an, und ich rannte in den oberen Stock, als dürfe ich keine Sekunde verlieren. Bring sie her, rief Sonja mir nach, sie hat bestimmt Hunger. Als ich herunterkam, war sie schon dabei, eine Flasche vorzubereiten. Sie prüfte mit dem Handrücken die Temperatur und setzte sich aufs Sofa. Gib sie mir, sagte sie und öffnete ihre Bluse und entblößte eine ihrer Brüste. Sophie bewegte den Kopf suchend hin und her, bis sie Sonjas Brustwarze in den Mund bekam, und fing gierig an zu saugen. Ich schaute Sonja an, aber sie war ganz auf das Baby konzentriert. Als es nach einer Weile den Kopf von ihrer Brust wegdrehte, gab sie ihm die Flasche. Jetzt erst schaute sie mich an. Sie musste meinen fragenden Blick bemerkt haben. Sie sagte, sie sei bei der Stillberatung gewesen und habe erfahren, dass auch Adoptivmütter ihre Kinder stillen könnten. Meistens reiche die Milch nicht aus, aber es lohne sich trotzdem. Und das geht einfach so? Ich habe mich vorbereitet, sagte Sonja. Seit Monaten hatte sie täglich ihre Brüste massiert, ohne mir etwas zu sagen. Die Vorstellung hatte etwas Befremdliches, Anmaßendes. Der Gedanke war natürlich unsinnig, aber für einen Moment war es mir, als wolle Sonja mir mein Kind wegnehmen. Sie legte sich Sophie auch am nächsten Tag immer wieder an die Brust, bis ich fragte, ob es nicht langsam genug sei. Sonja sagte, das sei wichtig für die Laktation. Ich mochte es nicht, dass sie von ihrem Körper sprach wie von einer Maschine, aber das war mir bei Frauen schon öfter aufgefallen. An den Anblick von Sonja beim Stillen gewöhnte ich mich nie. Sie schien es zu genießen. Wenn ich eine Bemerkung machte, sagte sie, du bist nur eifersüchtig. Sie hörte erst auf damit, als Sophie ein Jahr alt war.
Vorläufig sollte Sophie bei uns im Zimmer schlafen. Wir hatten das Kinderbettchen direkt neben unser Bett gestellt, aus Angst, wir würden sie sonst nicht hören, wenn sie aufwachte. Als sie nachts schrie, nahm Sonja sie wie selbstverständlich auf den
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