Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman
dem?«
»Für ihn ist es zu spät!«, erwiderte der Mann mit dem schwarzen Jackett vom anderen Ende des Raumes her.
Zofia hielt Mathilde im Arm und versuchte, die Traurigkeit zu unterdrücken, die ihr die Kehle zusammenschnürte.
»Es ist alles nur meine Schuld; ich hätte dich nicht hierher führen dürfen.«
Sie blickte durch das zerborstene Fenster zum Himmel auf, ihre Unterlippe zitterte.
»Nimm sie nicht schon jetzt! Sie könnte es schaffen, sie war auf dem rechten Weg. Wir hatten abgemacht, mehrere Monate zu warten, bevor irgendetwas entschieden wird. Ehrenwort ist Ehrenwort!«
Verblüfft fragten die beiden Fahrer der Ambulanz, ob alles in Ordnung sei. Sie bejahte mit einem knappen Kopfnicken. Sie boten ihr die Sauerstoffmaske an, sie lehnte ab. Daraufhin baten sie Zofia, zur Seite zu treten. Sie wich mehrere Schritte zurück, die beiden Männer legten Mathilde auf eine Bahre und trugen sie zum Ausgang. Zofia trat an die Fensterfront, oder das, was davon geblieben war, und ließ ihre Freundin nicht aus den Augen, bis sie mitsamt der Trage im Krankenwagen verschwunden war. Das Blaulicht der Einheit 02 erlosch, sobald die Sirene in Gang gesetzt wurde und sich die Ambulanz in Richtung San Francisco Memorial Hospital entfernte.
»Machen Sie sich keine Vorwürfe. Es passiert jedem von uns, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Das ist Schicksal!«
Zofia zuckte zusammen. Sie hatte die tiefe Stimme des Mannes erkannt, der sie so ungeschickt zu trösten suchte. Lukas trat näher und kniff die Augen zusammen.
»Was tun Sie hier?«, fragte sie.
»Ich dachte, der Feuerwehrhauptmann hätte es Ihnen bereits gesagt«, meinte er und nahm seine Krawatte ab.
»… und alles scheint darauf hinzudeuten, dass es sich um eine banale Gasexplosion in der Küche handelt oder, schlimmstenfalls, um Brandstiftung. Der freundliche FB I -Agent wird also nach Hause gehen und den Rest den Profis überlassen können. Die Terroristenwelt hat wirklich keinen Grund, Pekingenten zu jagen!«
Die heisere, unwirsche Stimme des Polizeiinspektors hatte ihr Gespräch unterbrochen.
»Mit wem haben wir die Ehre?«, fragte Lukas in einem Tonfall, der ebenso spöttisch wie gereizt war.
»Mit Inspektor Pilguez von der Polizei von San Francisco«, antwortete Zofia.
»Ich bin erfreut, dass Sie mich diesmal wiedererkennen!«, sagte Pilguez an Zofia gewandt und ignorierte dabei völlig die Gegenwart von Lukas. »Und bei dieser Gelegenheit können Sie mir gleich mal Ihre kleine Nummer von heute Morgen erklären.«
»Ich wollte nicht, dass wir die Umstände unserer ersten Begegnung erklären mussten – um Mathilde zu schützen«, fügte Zofia hinzu. »Klatsch verbreitet sich schneller als der Nebel auf den Docks.«
»Ich habe Ihnen vertraut und sie früher als vorgesehen gehen zu lassen. Deshalb wäre ich Ihnen dankbar, dasselbe, was mich betrifft, zu tun. Takt ist bei der Polizei nicht zwangsläufig untersagt! In Anbetracht des Zustands der Kleinen wäre es vielleicht besser gewesen, sie ihre Strafe vollständig absitzen zu lassen.«
»Hübsche Definition von Takt, Inspektor!«, meinte Lukas und verabschiedete sich von beiden.
Er trat durch die klaffende Öffnung der gewaltigen Flügeltür, die der Pächter für teures Geld eigens aus China hatte kommen lassen.
Bevor Lukas in seinen Wagen stieg, rief er Zofia noch zu:
»Tut mir leid für Ihre Freundin.«
Sein schwarzer Chevrolet verschwand wenige Sekunden später an der Kreuzung Beach Street.
Zofia konnte dem Inspektor keinen Aufschluss geben. Nur eine schreckliche Vorahnung habe sie dazu geführt, die Gäste des Restaurants zum Verlassen des Lokals zu drängen. Pilguez wies sie darauf hin, ihre Erklärungen seien angesichts der Zahl an Leben, die sie gerettet habe, ein wenig dürftig. Zofia entgegnete, sie habe dem trotzdem nichts hinzuzufügen. Vielleicht habe sie unbewusst den Geruch von Gas wahrgenommen, das durch die Zwischendecke der Küche entwichen sei. Pilguez knurrte: Verworrene Akten, in denen das Unterbewusstsein eine Rolle spiele, hätten in den letzten Jahren die ärgerliche Neigung, sich an seine Fersen zu heften.
»Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie Ihre Untersuchungen abgeschlossen haben. Ich muss wissen, was passiert ist.«
Er ließ sie gehen, und sie kehrte zu ihrem Wagen zurück. Die Windschutzscheibe war an verschiedenen Stellen geschmolzen und die braune Karosserie mit einer gleichmäßigen Schicht grauen Staubs überzogen. Auf dem Weg zur Klinik kamen ihr
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