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Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman

Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman

Titel: Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Licht drang in den Flur; die Tür zu Reine Sheridans Wohnung war geschlossen.
    Bevor sie ins Haus trat, hob sie die Augen: Es waren weder Wolken noch Sterne am Himmel.
    Es wurde Abend, und es wurde Morgen …

Zweiter Tag
    Mathilde war im Morgengrauen aufgewacht. Man hatte sie im Laufe der Nacht in ein Zimmer verlegt, in dem die Langeweile sie erwartete. Fünfzehn Monate lang war Hyperaktivität für sie das einzige Mittel gewesen, um die Wunden ihres Vorlebens zu heilen, in dem der fatale Cocktail aus Verzweiflung und Drogen sie fast umgebracht hätte. Das Neonlicht, das über ihrem Kopf leuchtete, erinnerte sie an die langen Stunden des Kampfes gegen die Entzugserscheinungen, die mit unsäglichen Schmerzen ihr Inneres zerrissen hatten. Eine Erinnerung an höllische Tage, an denen Zofia, die sie ihren Schutzengel nannte, ihr die Hände festhalten musste. Denn um zu überleben, hatte sie ihren Körper verstümmelt, ihn zerkratzt, sich Hautfetzen vom Leib gerissen, hatte immer neue Qualen ersonnen als Strafe für vergangene Lust.
    Manchmal glaubte sie, in einer der hintersten Kammern ihres Gehirns noch die Schmerzen von den Schlägen zu verspüren, die sie sich selbst zugefügt hatte, damals in den Nächten, als sie den schlimmsten Qualen ausgeliefert gewesen war. Sie betrachtete ihre Armbeuge; die Spuren der Einstiche waren – Zeichen der Erlösung – nach und nach fast unsichtbar geworden. Ein einziger kleiner bläulicher Punkt auf einer Vene war wie eine Warnung an der Stelle verblieben, wo das weiße Gift eingedrungen war. Zofia stieß die Tür zu ihrem Zimmer auf.
    »Gerade rechtzeitig«, sagte sie und legte einen Strauß Pfingstrosen auf den Nachttisch.
    »Wieso gerade rechtzeitig?«, fragte Mathilde.
    »Ich habe beim Hereinkommen deinen Gesichtsausdruck gesehen, dein Stimmungsbarometer schien auf veränderlich mit Gewitterneigung zu fallen. Ich gehe schnell ins Schwesternzimmer, um eine Vase zu holen.«
    »Bleib bei mir«, sagte Mathilde mit schwacher Stimme.
    »Die Pfingstrosen sind fast so ungeduldig wie du. Sie brauchen viel Wasser. Ich bin gleich zurück.«
    Allein im Zimmer betrachtete Mathilde die Blumen. Mit ihrem unverletzten Hand strich sie über die seidigen Blüten. Die Blütenblätter fühlten sich an wie das Fell eines jungen Kätzchens; Mathilde liebte Katzen. Zofia kam mit einem Eimer zurück und unterbrach ihre Träumereien.
    »Das ist das Einzige, was sie hatten; nicht so schlimm, Pfingstrosen sind nicht snobistisch.«
    »Es sind meine Lieblingsblumen.«
    »Ich weiß.«
    »Wo hast du sie um diese Jahreszeit gefunden?«
    »Geheimnis!«
    Zofia begutachtete das eingegipste Bein ihrer Freundin, dann die Schiene, die ihren Arm ruhigstellte. Mathilde fing ihren Blick auf.
    »Du hast ganz schön gezündelt mit deinem Feuerzeug. Was ist eigentlich genau passiert? Ich kann mich an fast nichts mehr erinnern. Wir haben uns unterhalten, du bist aufgestanden, ich bin sitzen geblieben, und danach war alles nur noch schwarz um mich herum.«
    »Es ist Gas in die Zwischendecke ausgeströmt! Wie lange musst du hierbleiben?«
    Die Ärzte waren bereit, Mathilde schon am nächsten Tag zu entlassen, aber sie besaß nicht die Mittel, sich einen ambulanten Pflegedienst zu leisten, und in ihrem Zustand war sie auf Hilfe angewiesen. Als Zofia gehen wollte, brach Mathilde in Tränen aus.
    »Lass mich nicht hier allein zurück; dieser Geruch nach Desinfektionsmitteln macht mich ganz verrückt. Ich habe genug gezahlt, das schwöre ich dir. Ich schaffe das einfach nicht mehr. Ich habe solche Angst, wieder in dieses Loch zu fallen, dass ich nur so tue, als nähme ich die Beruhigungsmittel, die sie mir geben. Ich weiß, ich bin eine Last für dich, aber, bitte, hol mich hier raus, sofort, Zofia!«
    Zofia trat ans Bett ihrer Freundin und streichelte ihr die Stirn, um sie zu beruhigen. Sie versprach ihr, alles zu tun, um eine Lösung zu finden – so schnell wie möglich. Sie würde am Abend noch einmal vorbeikommen.
    Nachdem sie die Klinik verlassen hatte, fuhr Zofia zu den Docks. Ihr Tag war ausgefüllt. Die Zeit verging viel zu schnell: Sie hatte eine Mission auszuführen und mehrere Schützlinge, die sie unter keinen Umständen vernachlässigen durfte, zu betreuen, also machte sie sich auf den Weg zu ihrem alten Freund. Julius hatte die bürgerliche Welt verlassen, ohne jemals herauszufinden, was ihn unter den Brückenbogen Nr. 7 geführt hatte, wo er seinen nicht eben festen Wohnsitz aufgeschlagen hatte … Nichts

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