Sieben Tage: Thriller (German Edition)
stieg … Jenever war zwar nie sein Lieblingsdrink gewesen, aber das Verlangen danach, was er bewirken konnte, überfiel ihn, so dass er wie erstarrt vor der Anrichte stand. Eine innere Stimme flüsterte ihm zu: Komm, hol dir ein Glas, schenk dir nur einen Kleinen ein!
Er riss sich zusammen. Jissis! Er warf die Flasche in den Müll. Wo sie die wohl herhatte?
Er ging hinauf in ihr Zimmer. Das Bett war nicht gemacht. Er zog es glatt und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Er bekam sie kaum wach. Sie war sturzbetrunken, murmelte unverständliche Worte und hing schlaff wie eine Stoffpuppe an ihm, als er sie hochhievte. Sie roch nach Alkohol, Schweiß und Zigaretten. Zum zweiten Mal hintereinander schleppten sie sich zusammen die Treppe hinauf. Endlich legte er sie aufs Bett.
»Wo warst du?«, lallte sie mit geschlossenen Augen.
Er setzte sich neben sie.
»Wo …?«
»Bei der Arbeit«, antwortete er leise.
Langsam schlug sie die Augen auf. »Du … bitte … bleib«, brachte sie mit großer Mühe hervor.
»Ich bleibe bei dir«, versprach er.
Sie schloss die Augen wieder und nickte träge.
Tag 3
Montag
17
Am nächsten Morgen um Viertel vor sechs stellte er ihr eine Tasse Kaffee auf den Nachttisch, setzte sich neben sie und sagte ihren Namen, wieder und wieder, immer lauter, bis sie sich regte und schließlich die Augen aufschlug.
Alexa sah schlecht aus, die Haut gelblich und rot gefleckt, die Augen blutunterlaufen. Ein eingetrockneter Streifen Speichel zog sich hell an ihrem Kinn hinunter. Verwirrt fragte sie: »Was ist denn los?« und richtete sich halb auf.
»Hier ist Kaffee für dich.«
Sie schob sich hoch, lehnte sich in die Kissen und versuchte die Situation zu erfassen. »Du sollst mich nicht so sehen«, sagte sie und schlug die Hände vor das Gesicht.
Dass er sie gestern Abend schlafend und besoffen im Wohnzimmer gefunden hatte, schien sie nicht zu kümmern. Es lag ihm schon auf der Zunge, sie darauf aufmerksam zu machen, doch zugleich überkam ihn ein Déjà-vu: Annas Reaktion auf seinen Suff, Annas Vorwürfe bei der zigsten morgendlichen Aussprache und sein eigenes Leugnen und die Rechtfertigungen von damals suchten ihn heim. Er musste sich zwingen, die Gedanken daran abzuschütteln. Er merkte, wie müde er war – zwei Nächte lang hatte er kaum geschlafen und sich vor Sorge um Alexa und wegen des Falls ruhelos herumgewälzt. Zwischendurch war er in dem fremden Bett immer wieder wach geworden. Ein langer Tag stand ihm bevor.
»Vor zweihundertfünfundsiebzig Tagen hat mich mein Chef hinter dem Schreibtisch hervorgezerrt«, begann er, mit einer Stimme ohne Mitleid, denn das war ihm irgendwann letzte Nacht abhandengekommen, »weil ich betrunken bei der Arbeit war. Mat Joubert war damals mein Vorgesetzter. Er ist mit mir hinaus nach Bellville zum Danie-Uys-Park gefahren und hat mir Swart Piet gezeigt. Swart Piet war früher Gesundheitsinspektorin Milnerton. Frau, Kinder, Haus, er hatte alles. Aber er hat es versoffen und wurde ein Bergie mit Einkaufswagen im Danie-Uys-Park. Ich war an dem Tag sauer auf Mat, denn wie konnte er mich mit Swart Piet vergleichen? Aber die Sache war die: Ich war auf dem besten Weg, so zu werden wie der.«
»Ich will nicht, dass du mich so siehst«, wiederholte sie.
»Und ich will nicht, dass du alles wegwirfst, Alexa. Vor allem jetzt nicht.«
Sie erwiderte nichts und verbarg noch immer das Gesicht in den Händen.
»Wo ist die andere Flasche?«
Sie antwortete nicht.
»Alexa!«
Sie zog die Knie an, legte die Arme darauf und senkte den Kopf.
»Wo hast du sie versteckt?«
Sie löste eine Hand von den Knien und zeigte auf die Frisierkommode.
»In welcher Schublade?«
»Dritte von oben.«
Er stand auf und öffnete die Schublade. Unterwäsche. Er fuhr mit der Hand hinein und tastete darin herum, bis er die Flasche fand. Auch Jenever.
»Ist das die einzige?«
Sie nickte, ohne ihr Gesicht zu zeigen.
Er setzte sich wieder zu ihr, die Flasche in den Händen. »Du hast sie im Hotel gekauft«, sagte er ihr auf den Kopf zu, denn das Siegel war gebrochen.
Sie nickte.
»Im Mount Nelson?«
Nicken.
Dort hatte sie sich früher betrunken, sie hatte es ihm erzählt.
»Ich fahre jetzt zu mir nach Hause, duschen und frühstücken. Um sieben Uhr komme ich dich abholen.«
»Abholen?«, fragte sie verängstigt.
»Ich muss arbeiten, und du kommst mit, bis mir etwas Besseres einfällt.«
»Bennie, nein …«
Er wusste, dass es keinen Zweck hatte, mit ihr zu diskutieren, und stand
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